Hans Scholten "Längere Begleitung für junge Flüchtlinge"

Dormagen · Der Direktor des Raphaelshauses, Hans Scholten, blickt auf zahlreiche Veranstaltungen in diesem Jahr. Auf die Aktion mit dem Flüchtlings-Boot von Kardinal Woelki freut er sich sehr. Sorgen bereitet ihm, wenn Jugendliche frustriert zurückbleiben.

Herr Scholten, Ende des Jahres werden Sie als Direktor des Jugendhilfezentrums in den Ruhestand treten. Was erwarten Sie von 2017?

Hans Scholten Dieses Jahr steht unter der herausfordernden Aufgabe, eine komplexe Einrichtung gut zu übergeben, ohne das Alltagsgeschäft aus den Augen zu verlieren. Es gibt noch viel zu tun!

Gibt es schon besondere Pläne für Ihre Verabschiedung?

Scholten Sicher wird Ende 2017 ein Fest gefeiert, aber so weit sind wir ja noch nicht (lacht). Bis dahin gibt es noch viele spannende Aufgaben, Projekte und Begegnungen im Raphaelshaus.

Welche sind das vor allem?

Scholten Zunächst freue ich mich sehr auf die Visitation unseres Weihbischofs Dominikus Schwaderlapp, der sich Ende Januar viel Zeit nehmen wird, um mit mir eine Gruppe zu besuchen. In den Sommerferien steht das Flüchtlingsboot von Rainer Maria Kardinal Woelki im Raphaelshaus, so dass wir viele Projekte und Treffen mit dem Boot planen.

Sind auch kulturelle Veranstaltungen geplant?

Scholten Ab 3. März wird eine mehrwöchige Dauerausstellung mit 15 Otmar-Alt-Exponaten zu sehen sein, die sich auf die Luther-Bibel beziehen. Eine Ausstellung, die wir gemeinsam mit dem Freundeskreis Raphaelshaus auf die Beine stellen. Das wird meine Hommage an das Lutherjahr und die Ökumene, nachdem wir uns im vorigen Jahr mit dem "Engel der Kulturen" um den interreligiösen Zusammenhalt gekümmert haben.

Gibt es weitere interne oder externe Veranstaltungen, auf die Sie sich besonders freuen?

Scholten Der Abenteurer André Schumacher berichtet am 31. März über seine Antarktis-Erfahrungen, das soll allen Kindern und Jugendlichen Vorfreude auf die Sommeraktivitäten bringen. Dann freuen wir uns sehr, mit 50 Kindern und Jugendlichen beim Jubiläums-Festzug des BSV Dormagen Ende Juni mitgehen zu dürfen. Die Schützen sind treue Freunde unseres Hauses. Zudem sind wir auf dem Deutschen Kinder- und Jugendhilfetag in Düsseldorf vertreten, der Vorstand des Bundesverbandes katholischer Einrichtungen und Dienste der Erziehungshilfen, dessen Vorsitzender ich bis November bin, tagt im September im Raphaelshaus, und im Juni dreht sich bei einer Fachtagung für Jugendamtsmitarbeiter zur tiergestützten Pädagogik alles um die Arbeit mit unseren vierbeinigen Kollegen.

Für Ihre alten Tiere wollen Sie einen Gnadenhof auf dem Gelände errichten. Wie weit sind die Pläne?

Scholten Das Projekt, das mir sehr am Herzen liegt, hat erfreulicherweise großen Widerhall gefunden. Ich hoffe, dass wir es bald verwirklichen können. Die Achtung vor der Schöpfung Gottes zeigt sich auch im Umgang mit den Tieren.

Wie beurteilen Sie die Arbeit mit den jungen Flüchtlingen, die auch im Raphaelshaus betreut werden?

Scholten Wir lassen uns auf die Jugendlichen ein und versuchen, sie auf ihrem Lebensweg zu unterstützen. Grundsätzlich halte ich es für katastrophal, wenn die Jugendhilfe-Betreuung mit dem Tag des 18. Lebensjahres endet. Das wird glücklicherweise in den meisten Kommunen in NRW individuell betrachtet, ob die Jugendlichen selbstständig leben können. In anderen Bundesländern jedoch wird dies einfach mit dem Stichtag umgesetzt.

Was kann die Jugendhilfe leisten?

Scholten Wir müssen zuallererst dafür sorgen, dass die Flüchtlinge schnell unsere Sprache lernen. Dann können wir mit ihnen kommunizieren, Traumata behandeln und Symptome erkennen. Das geht nicht von heute auf morgen. Integration wird länger dauern und kostspieliger sein, als wir denken. Aber es gibt dazu keine Alternative.

Was macht Ihnen Angst?

Scholten Die größte Sorge habe ich generell vor frustrierten Jugendlichen, deren Träume zerstört wurden und die aus Perspektivlosigkeit und Abwertung der eigenen Persönlichkeit den Radikalismus für sich entdecken. Wir dürfen mit den jungen Flüchtlingen jetzt nicht die Versäumnisse im Zuge unserer Wiedervereinigung wiederholen, indem wir - wie damals im Osten - eine Generation ohne Perspektive und Halt schaffen, die heute zum Teil frustriert ihre Enttäuschung äußert.

(NGZ)
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