Jungbauern in Dormagen Landwirt mit Forschergeist

Dormagen · Der 21 Jahre alte Sohn von Jürgen Klein will vor der Übernahme des Goldberger Hofs in Nievenheim noch wissenschaftliche Landwirtschafts-Studien betreiben. Außerdem plant er jeweils ein kontrastreiches Praktikum in Polen und in Kanada.

 Der 21 Jahre alte Simon Klein testet auf dem väterlichen Goldberger Hof in Nievenheim verschiedene Düngemethoden für Rhabarber.

Der 21 Jahre alte Simon Klein testet auf dem väterlichen Goldberger Hof in Nievenheim verschiedene Düngemethoden für Rhabarber.

Foto: Lothar Berns

35 Zentimeter sind die magische Grenze. Haben sich die Blattstiele der Rhabarberpflanzen auf dem Feld von Landwirt Jürgen Klein auf dieses Gardemaß gestreckt, kann die Ernte beginnen. "In dieser Woche fangen wir an", sagt Sohn Simon und deutet auf die mit Folie abgedeckten Felder längs der Neusser Straße, wo die Pflanzen bereits üppig sprießen. Anders sieht es auf der gegenüberliegenden Seite des Feldweges aus.

Dort hat der 21-jährige ein Versuchsfeld ohne wachstumsbeschleunigende Plastikdecke angelegt. Elf Parzellen à 100 Quadratmeter, auf denen zaghaft Triebe aus dem Acker lugen. Dort beobachtet, prüft und misst der angehende Bachelor of Science in Agrarwissenschaften, wie die Rhabarberpflanze auf verschiedene Düngemethoden - Schweine- und Rindergülle, Pferdemist, mineralische Dünger mit unterschiedlich hohem Stickstoffgehalt - reagiert. Simon Klein dokumentiert seine Beobachtungen und Messungen, bewertet und beschreibt sie für seine Bachelor-Arbeit an der Uni Bonn.

Der 21-Jährige hat sich auf Pflanzenbauwissenschaften spezialisiert und wird in absehbarer Zeit die Landwirtschaft auf dem väterlichen Goldberger Hof übernehmen. Ein Praktiker mit Jagd- und Kettensägenschein, der den Tagespreis für eine Tonne Weizen am Weltmarkt kennt und routiniert über "Abdrift" spricht. Und zudem ein Wissenschaftler mit Forschergeist, der auf seinem Versuchsfeld die Nitratauswaschung des Düngers ins Erdreich nachmisst, sich selbst eine Meinung bilden will, statt sich auf Aussagen der Landwirtschaftskammer zu verlassen.

Vater Jürgen Klein baut seit 1987 Rhabarber in großem Stil an, dazu neben dem herkömmlichen Ackerbau mehr als zwei Dutzend Sorten Zierkürbisse. Sonderkulturen wie diese sind arbeitsintensiv, aber dafür lukrativer als Gerste, Weizen, Raps und Co. "Es gibt jede Menge Bücher über Pflanzenbau, aber zu Rhabarber findet sich darin so gut wie nichts", hat Simon Klein im Studium festgestellt. Ihn treibt der Wunsch, diese Lücke zu schließen. Mit seinem Versuchsfeld, mit der später anstehenden Masterarbeit, vielleicht sogar mit einer Dissertation. Das Zeug dazu hat der Stipendiat der Studienstiftung des Deutschen Volkes zweifelsohne. In den Genuss dieser Förderung kommt nur, wer zu den Besten seines Faches gehört.

Seine Zukunftsperspektiven als Landwirt sieht der Jungbauer unverklärt. "Wachsen oder weichen" sei die Devise, die einzelnen Höfe würden immer größer, auf der anderen Seite gehe jede Minute in Deutschland landwirtschaftliche Nutzfläche durch Aufforstung und Bebauung verloren.

Sechs landwirtschaftliche Betriebe hat Jürgen Klein in den vorigen 30 Jahren übernommen, weil sich kein Nachfolger fand. Pferdepension, Ackerbau, Garten- und Landschaftspflege - in der freien Wirtschaft würde man wohl von Geschäftsbereichen sprechen, die alle ihren Teil zum Konzern Goldberger Hof beisteuern. Simon Kleins Fokus im väterlichen Betrieb ist die Landwirtschaft. Bevor er voll einsteigt, will er noch schauen, wie andere es machen. Ein Praktikum in Polen, "um mal etwas Kleinstrukturiertes zu sehen". Und eins in Kanada, quasi als Kontrastprogramm: "Dort sind die Felder so riesig, dass Pflanzenschutzmittel mit dem Flugzeug ausgebracht werden."

(NGZ)
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