Dormagen Schlanker Lierenfeld hat als Politiktalent Gewicht

Dormagen · Der "neue" Bürgermeister von Dormagen kann mittelfristig Karriere im politischen Düsseldorf oder Berlin machen. Seine Fähigkeiten werden betont.

Gesucht wird Erik Lierenfeld. Seit einigen Wochen finden viele Versammlungen, Feste, Diskussionen ohne den Bürgermeister statt. Was in anderen Kommunen nicht weiter registriert wird, wenn der Chef der Verwaltungsspitze mal fehlt, ist in Dormagen ungewöhnlich, weil der 31-Jährige Termine wie am Fließband erledigt und eine unglaubliche Präsenz bei Vereinen und Verbänden zeigt. Derzeit packt Lierenfeld oft in dem Haus mit an, das er bald mit seiner Lebensgefährtin Daniela beziehen wird.

Wer allerdings folgert, dass sich der bei seiner Wahl 2014 jüngste Bürgermeister in Nordrhein-Westfalen auf einen längeren Aufenthalt in seinem Amt als Verwaltungschef der 63.000 Einwohner großen Stadt einrichtet, sieht sich womöglich getäuscht.

 Erik Lierenfeld früher, bevor er abgenommen hat.

Erik Lierenfeld früher, bevor er abgenommen hat.

Foto: Stadt

Denn Lierenfeld zählt zu den Nachwuchstalenten der SPD, er ist gut vernetzt, ehrgeizig und gilt als Kandidat für eine Karriere in Düsseldorf oder Berlin. Das deutet auch Landesvorsitzender Michael Groschek an: "Erik Lierenfeld ist einer unserer aufstrebenden Kommunalpolitiker. Als Bürgermeister ist er ein Gewinn für Dormagen und die SPD insgesamt."

Der Jung-Bürgermeister hält sich bedeckt, was seine mittelfristigen politische Pläne betrifft. Im nächsten Jahr will er sich erklären, ob er als SPD-Kandidat bei der Kommunalwahl 2020 antreten will. Lierenfeld sagt: "Es ist klar, dass es äußerst unwahrscheinlich ist, dass ich 30 Jahre Bürgermeister von Dormagen sein werde." Seine Ambitionen auf eine Karriere außerhalb der Mittelstadt zwischen den beiden Metropolen Düsseldorf und Köln klingen in Aussagen wie diesen durch: "Man kann nie etwas ausschließen" oder "Es ist überraschend, wie viele Menschen es gibt, die mich in Berlin kennen. Ob das zu etwas führt, bleibt abzuwarten."

Als er im Mai 2014 Amtsinhaber und Ex-Landtagsabgeordneten Peter-Olaf Hoffmann (CDU) mit 52,1 Prozent aus dem Rathaus verdrängte, was das eine kleine Sensation. Der damals 27-Jährige trat an, um Dormagen umzukrempeln. Er sprach von einem Arbeiten "Hand in Hand" in der Verwaltung und einem "wertschätzenden Miteinander" im Stadtrat.

Der ehemalige Teamleiter im Jobcenter Neuss gab als Ziel an, mit wechselnden politischen Mehrheiten arbeiten zu wollen. Dieses Modell klang gut, erwies sich in der Tagesarbeit jedoch als untauglich. Ein knappes Jahr später war das Experiment beendet und Lierenfeld wurde selbst zum Drahtzieher der Großen Koalition von CDU und SPD. Im Stadtrat geht es seitdem deutlich gemütlicher zu.

Der nächsten Kommunalwahl darf Lierenfeld entspannt entgegensehen. Ernsthafte Sorgen über eine Wiederwahl bräuchte er sich nicht zu machen, weil die CDU kaum einen ebenbürtigen Gegner aufbieten wird und weil sich der 31-Jährige selten Fehler leistet. Beim aktuell heißesten Thema - die Klage einer Bürgerinitiative zur Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens - hat er in einer Eilentscheidung Recht bekommen.

Beim sensiblen Thema Verkehrsbelastung im Stadtteil Nievenheim erweist er sich als eloquenter Moderator und Initiator von Lösungen. Dies und seine große Volksnähe dürfte auch außerhalb von Dormagen registriert werden.

Gleichwohl empfiehlt Heinz Hilgers, ehemaliger Landtagsabgeordneter und ein enger Berater Lierenfelds, auf die Bremse zu treten: "Erik ist gut beraten, ein zweites Mal bei der Kommunalwahl anzutreten", sagt der Präsident des Deutschen Kinderschutzbundes. "Er sollte sich noch einmal dem Votum der Wähler stellen und sich seine Arbeit bestätigen lassen." Hilgers hält viel von seinem Ziehsohn: "Erik ist ein außergewöhnliches politisches Talent. In seinem Alter habe ich mehr Fehler gemacht."

CDU-Fraktionsvorsitzender Kai Weber wirft Lierenfeld zwar bei einigen Themen Fehler vor, doch er schätzt ihn: "Er ist ehrlich und fleißig. Ich sehe seine Zukunft weder in Dormagen noch in Düsseldorf, sondern in der Bundespolitik. Ich kann auch ein Ressort sagen: Kinder, Jugend oder Integration."

Ein Beispiel für sein Netzwerk und die Fähigkeit, vor Publikum zu sprechen: 2013 moderierte er fünf Veranstaltungen der Bundes-SPD in der heißen Phase des Wahlkampfs mit Kanzlerkandidat Peer Steinbrück und Parteichef Sigmar Gabriel. Lierenfeld kann warten, bis der richtige Zeitpunkt für den Sprung über die Stadtgrenze kommt. Disziplin kann er: Von 120 Kilo hat er mit viel Sport 40 Kilo abgespeckt und erfreut sich nicht nur aufgrund "seiner" Daniela über eine neue Lebensqualität.

(schum)
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