Dormagen Schüler erinnern an Holocaust-Opfer

Dormagen · Fünf Schüler der Realschule am Sportpark bereiten für den 9. November eine Gedenkrede vor. Sie zeigen sich erschüttert über den Terror der Nationalsozialisten gegen jüdische Mitbürger auch in Dormagen.

 Yannic Bodewig, Noah Wagner, Sarah Bünder, Florian Hofheinz, Anastasia Istenic (v. l.) von der Realschule am Sportpark haben sich in einem Projekt auf ihre Rede bei der Gedenkfeier zur Reichspogromnacht beschäftigt.

Yannic Bodewig, Noah Wagner, Sarah Bünder, Florian Hofheinz, Anastasia Istenic (v. l.) von der Realschule am Sportpark haben sich in einem Projekt auf ihre Rede bei der Gedenkfeier zur Reichspogromnacht beschäftigt.

Foto: a. Baum

In der Nacht von 9. auf den 10. November 1938 brannten in Deutschland 1500 Synagogen — angezündet von einem organisierten Mob deutscher Faschisten und auch vieler Mitläufer. Ein Ereignis, dass auch bei Dormagener Jugendlichen noch immer für Erschrecken und Ratlosigkeit sorgt.

"Es ist für mich erschreckend, dass mit der Reichspogromnacht der Holocaust seinen Anfang nahm", sagt der 16-jährige Schüler Yannic Bodewig. "Zu wissen, dass auch in Dormagen Juden verfolgt wurden ist ganz schlimm."

Gemeinsam mit vier Mitschülern wird er eine Rede zum Gedenken an die ermordeten Dormagener Juden auf der Gedenkfeier auf dem jüdischen Friedhof halten. "Wir werden die Namen aller 30 ermordeten Juden verlesen und ihnen gedenken", erklärt Anastassia Istenic, die wie ihre Mitschüler die neunte Klasse der Realschule am Sportpark besucht. "Die Realschule nimmt an dem Programm ,Schule ohne Rassismus' teil an dem mehr als 1000 Schulen in Deutschland beteiligt sind", erklärt die Lehrerin Vera Strobel.

Im Zuge dieses Programms hat Florian Hofheinz an einem Seminar in Hattingen teilgenommen: "Das war sehr interessant und ich habe dort viel gelernt. Das war ein guter Einstieg in das Thema." Besonders erschreckend war es für den 16-Jährigen zu erfahren, wie die jüdische Kriegshelden aus dem Esten Weltkrieg nur 25 Jahre später verfolgt und ermordet wurden.

Das Interesse für die Thematik eint die Jugendlichen, die freiwillig an einem Schulprojekt zum Thema Dormagen im Dritten Reich teilnehmen. "Wir wollen das Andenken an die Dormagener Juden hochhalten", sagt die Lehrerin Vera Strobel, die einen Stadtrundgang über jüdische Geschichte Dormagens anbietet. "Das erste Mal bin ich mit dem Thema auf der Stadtführung in Berührung gekommen und war sofort sehr beeindruckt", sagt die 16-jährige Sarah Bünder.

Die Beschäftigung mit den deutschen Greueltaten hat die Jugendlichen nachdenklich gemacht. "Mich hat es erschreckt zu sehen, dass es diesen Hass auch hier in Dormagen gab", sagt Noah Wagner. Zum Glück gebe es jetzt aber eine Demokratie in Deutschland.

Deutlich wird das besonders in dem Satz des damaligen Bürgermeisters Wilhelm Möllers vom10. Dezember 1941, dass Dormagen jetzt judenfrei sei. Und das unter tatkräftiger Unterstützung der Bevölkerung. "Ich werde in der Rede einen Fall erwähnen bei dem ein Dormagener Ingenieur, der an der Florastraße wohnte, den Juden Jakob Neuburger anzeigte, weil der eine nicht-jüdische Freundin hatte."

Dann stockt der 15-Jährige kurz, denkt nach und fährt fort: "Es ist erschreckend und unverständlich, dass jemand angezeigt wird, nur weil seine Freundin eine andere Religion hat. Das war sein Todesurteil." Jakob Neuburger wurde 1940 im Konzentrationslager Sachsenhausen ermordet.

Auch für die Lehrerin Vera Strobel ist die Beschäftigung mit der Judenverfolgung in Dormagen manchmal schwer zu ertragen: "Auch nach 20 Jahren muss ich immer wieder einfach heulen, weil die Geschichte so traurig ist."

(NGZ)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort