Dormagen Sexualkunde: Behutsam und altersgerecht

Dormagen · Vor 45 Jahren wurde in Deutschland der erste Sexualkundeatlas präsentiert - damals ein umstrittenes Werk. Heute ist ei Sexualerziehung Normalität an den Schulen und wird in ganz unterschiedlichen Fächern behandelt.

Vor 45 Jahren wurde der erste Sexualkundeatlas vorgestellt, mit ihm trat ein neues Unterrichtsfach auf den Lehrplan: die Sexualkunde. Von Anfang an sorgte das Fach für Diskussion, dennoch hat es sich in Schulen durchgesetzt und wird nach wie vor im Unterricht gelehrt. Dormagener Lehrer geben der NGZ Einblick, wie sie ihren Schülern die Sache rund um die Bienchen und die Blümchen vermitteln.

Schon in der Grundschule ist die Sexualerziehung im Lehrplan vorgesehen. "Wir integrieren das Fach in der vierten Klasse in den Sachkundeunterricht", erklärt Cornelia Eckart, Fachleiterin für Sachkunde an der St.-Nikolaus-Grundschule in Stürzelberg. Auch die Eltern werden an Informationsabenden über die Art und Inhalte des Fachs unterrichtet. "Die Kinder lernen, wie die Geschlechtsteile von Mann und Frau heißen, was die jeweiligen Merkmale sind, später wird auch erklärt, was Geschlechtsverkehr ist." Das passiere behutsam und altersgerecht, zum Beispiel anhand schematischer Zeichnungen. Natürlich, so erzählt die Lehrerin, werden auch Fragen darüber hinaus behandelt. "Wir reden zum Beispiel über den Unterschied von Freundschaft und Liebe, oder ich erkläre den Kindern, was eine Hebamme ist." Manchmal geschieht das auch geschlechtergetrennt. "Bei den Mädchen ist die erste Periode manchmal schon Thema, es fällt ihnen viel leichter, darüber zu reden, wenn die Jungs mal nicht dabei sind." Besonders beliebt sei bei den Viertklässlern auch die "Schimpfwörterstunde", die sich die 33-Jährige ausgedacht hat. "In dieser Stunde können die Kinder alle Schimpfwörter aufschreiben, die ihnen dazu einfallen." Anschließend werden die Zettel zerschnitten, in den Mülleimer geworfen und ab sofort nicht mehr benutzt. "Das funktioniert wunderbar", erzählt Eckart.

In den weiterführenden Schulen steht die Sexualerziehung in der sechsten und der neunten Klasse auf dem Programm. Meist findet sie im Rahmen des Biologieunterrichts, manchmal auch in Religion oder Deutsch statt. "In den sechsten Klassen steht die Gesundheitsaufklärung im Vordergrund," sagt Tina Radtke, Biologielehrerin am Bettina-von-Arnim-Gymnasium. Auch diese Stunden werden teilweise getrennt geschlechtlich abgehalten. Dazu lädt die Schule regelmäßig Urologen und Frauenärzte ein, die die Schüler in Sachen Hygiene und Gesundheit unterrichten. "In der neunten Klasse nimmt das Thema Verhütung einen großen Platz ein, es geht immer darum, die Fragen und Themen angemessen und altersgerecht zu behandeln", erklärt Radtke. Unabhängig von der Altersklasse sei es wichtig, sich an vorher festgelegte Regeln zu halten, das sieht auch Petra Hiller, Biologie-Lehrerin am Leibniz-Gymnasium so. "Niemand muss sich äußern, wenn er oder sie das nicht will. Es gibt auch keine Tabu-Themen, natürlich werden auch die verschiedenen Ausrichtungen von Sexualität thematisiert", erklärt Hiller. Auch das Leibniz-Gymnasium arbeitet zusätzlich mit externen Fachleuten. "Einigen Schülern fällt es leichter, ihre Fragen eben nicht den eigenen Lehrern, sondern Experten von außerhalb zu stellen." Das Lehrmaterial reicht von Filmen über Plakate bis hin zu Anschauungsmaterial, an dem erklärt wird, wie eine Spirale aussieht oder ein Kondom funktioniert. Der Originalatlas von 1969 hingegen wird heute nicht mehr verwendet.

(NGZ)
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