Interview: Eberhard Kanski, Bund Der Steuerzahler Nrw "Transparenz ist das Gebot der Stunde"

Dormagen · Der stellvertretende Vorsitzende des Steuerzahlerbundes kritisiert die städtischen Gesellschaften, weil dort die Transparenz auf der Strecke bleibt. Eine hohe Kostensteigerung beim Badneubau lasse das Haushaltssicherungskonzept nicht zu.

 Eberhard Kanski vom Bund der Steuerzahler.

Eberhard Kanski vom Bund der Steuerzahler.

Foto: Olaf Rayermann

Herr Kanski, Kommunen lagern wichtige Tätigkeitsfelder gerne in Tochter-Gesellschaften aus. Wie transparent sind kommunale Vorgänge dann eigentlich noch für den Bürger?

 Mit dem Abriss des Hallenbads an der Robert-Koch-Straße soll nach dem Ende des Schulhalbjahres begonnen werden.

Mit dem Abriss des Hallenbads an der Robert-Koch-Straße soll nach dem Ende des Schulhalbjahres begonnen werden.

Foto: Linda Hammer

Eberhard Kanski Bei dieser Struktur bleibt die Transparenz auf der Strecke. Es gibt zwar kommunale Beteiligungsberichte aus diesen Gesellschaften - aber wer liest die denn? Oftmals beinhalten sie auch veraltetes Zahlenmaterial. Es fällt selbst politischen Mandatsträgern schwer, sich auf diesem Weg zu informieren.

Offenbar gibt es keinen anderen Weg für Kommunen, um defizitäre Bereiche los zu werden?

Kanski Ich bin ein großer Befürworter von bürgerschaftlichem Engagement. Zum Beispiel wenn Bürger Bäder übernehmen. Das ist in NRW bereits 50 Mal geschehen. Solche "Bürgerbäder" gibt es in Kevelaer, Schwerte, Duisburg oder Recklinghausen. In diesen Städten kümmern sich engagierte Bürger, weil sie merken, dass ihre Stadt aus der Finanznot heraus nicht mehr alles leisten kann. Das Bürgerbad in Recklinghausen erwirtschaftet sogar schwarze Zahlen.

Wie das denn?

Kanski Die Stadt leistet natürlich einen Zuschuss und die Bürger arbeiten ehrenamtlich. so wie sie sich auch in anderen sozialen oder kirchlichen Bereichen ehrenamtlich engagieren.

Die Gründung von städtischen Gesellschaften bedeutet doch einen Verlust an Transparenz. Nehmen Politiker dies zu leicht in Kauf, wenn dann nur noch in geheimen Zirkeln getagt wird?

Kanski Städte flüchten geradezu in die private Rechtsform. Zum einen wegen des günstigen Vorsteuerabzugs, aber auch, um die Öffentlichkeit auszuschalten. Als Folge tut sich dort ein Demokratiedefizit auf. Denn normalerweise fallen Beschlüsse in öffentlichen Gremien. Durch die Verlagerung in Gesellschaften wird die Bürgerschaft vor vollendete Tatsachen gestellt, sie hat keine Mitwirkungsmöglichkeiten mehr. Weil dann noch Mandatsträger durch ihre Tätigkeit in Aufsichtsräten nicht mehr plaudern dürfen, haben wir gleich ein doppeltes Demokratie-Defizit: Bürger ohne Möglichkeit zur Einmischung, Politiker, die ihre eigenen Fraktionen nicht informieren dürfen, die ja wiederum Verwaltung und Gesellschaften kritisch begleiten sollen.

Das klingt recht hoffnungslos...

Kanski Daher ist Transparenz für uns das Gebot der Stunde.

Gäbe es eine Alternative?

Kanski Natürlich, indem alle Themen ganz klassisch über den Haushalt der Stadt abgewickelt werden. Dann wird in den Ausschüssen und im Rat informiert und diskutiert. Die Flucht in städtische Gesellschaften verstößt gegen den alten Haushalts-Grundsatz von der Vollständigkeit der Budgets, in dem alle Positionen enthalten sind.

Ein aktuelles Beispiel gibt es in Dormagen mit dem Neubau des Hallenbades. Wie groß ist das Recht der Öffentlichkeit, zeitnah über wichtige Veränderungen bei einem solchen Projekt informiert zu werden?

Kanski Die Bürger haben ein Recht auf Informationen. Diese Möglichkeit hat die Stadt aus der Hand gegeben. Es liegt an Verwaltung und Politik, ob sie das mitträgt. Die Beispiele des Flughafens Berlin, Bahnhofs in Stuttgart oder der Philharmonie in Hamburg zeigen: Akzeptanz bei den Bürgern wird nur über umfassende Transparenz erreicht.

Wagen Sie eine Einschätzung zum Dormagener Hallenbad-Thema? Angenommen, die Baukosten steigen von ursprünglich 8 Mio Euro auf 11 bis 13 Mio, wäre das aus Ihrer Sicht für eine Kommune im Haushaltssicherungskonzept noch vertretbar, oder spielt das eine untergeordnete Rolle, weil das Projekt von einer städtischen Tochter abgewickelt wird?

Kanski Das Haushaltssicherungskonzept ließe eine solche Kostensteigerung nicht zu. Verluste in den Gesellschaften übernimmt der städtische Haushalt - das passt nicht zum HSK.

DAS GESPRÄCH FÜHRTE KLAUS D. SCHUMILAS

(NGZ)
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