Tsv Bayer Dormagen Mit Kampf und Abwehrstärke zum Erfolg

Dormagen · TSV Bayer Dormagen wirft überraschend favorisierten Liga-Konkurrenten Nordhorn aus dem Pokal.

 Trumpfte in der Schlussphase auf: TSV-Tornüter Max Jäger.

Trumpfte in der Schlussphase auf: TSV-Tornüter Max Jäger.

Foto: TSV bayer

Dreieinhalb Monate nach der Meisterfeier durfte der TSV Bayer Dormagen gleich im ersten Pflichtspiel nach dem Zweitliga-Aufstieg schon wieder standing ovations seiner Fans genießen: Als der ansonsten weitgehend abgemeldete Alexander Kübler 154 Sekunden vor Schluss die Gastgeber mit 20:18 gegen die HSG Nordhorn-Lingen in Front warf, hielt es keinen der 603 Zuschauer mehr auf seinem Sitz.

Und nachdem Sebastian Damm mit dem 21. Treffer das endgültige Pokalaus für den favorisierten Liga-Konkurrenten zementiert hatte, herrschte Festtagsstimmung im TSV-Bayer-Sportcenter. Nur Jörg Bohrmann trat wie gewohnt ganz kräftig auf die Euphoriebremse: "Klar bin ich stolz, wie die Jungs diesen Sieg herausgekämpft haben", meinte der Trainer nach dem 21:18 (Halbzeit 9:9), mit dem der Drittliga-Meister die zweite DHB-Pokalrunde erreichte, "aber wir dürfen dieses Spiel nicht überbewerten. Auf uns wartet noch viel Arbeit."

Damit dürfte er so falsch nicht liegen. Nicht jeder Zweitligist lässt sich im Angriff so den Schneid abkaufen wie die HSG Nordhorn, der gegen Bohrmanns taktischen Schachzug, Neuzugang Andreas Simon vorgezogen gegen Linkshänder Nicky Verjans decken zu lassen, herzlich wenig einfiel: "Genau das war unser Problem auch schon in vielen Vorbereitungsspielen", meinte der Ex-Dormagener Nils Meyer, mit fünf Treffern bester Werfer der wenig torgefährlichen Gäste.

"Ich habe den Jungs in der Pause gesagt, dieses Spiel können wir nur über die Abwehr gewinnen", sagte Bohrmann, dessen Schützlinge in den ersten 20 Minuten ganze drei erfolgreiche Torwürfe, darunter einen vom Siebenmeterpunkt, zustande brachten. Und genau das könnte zum Problem des Neulings werden in der kräftezehrenden Saison, die vom 24. August bis 28. Dezember 22 Spiele in der Meisterschaft und mindestens noch eines im Pokal bereithält: Der TSV muss mit seinen eher schmächtigen Angreifern gegen die kompakten und wenig zimperlich zupackenden Abwehrreihen enormen Aufwand betreiben, um zum Torerfolg zu kommen. In dem von Drittligist TV Groß-Umstadt gekommenen ehemaligen Junioren-Nationalspieler Maximilian-Leon Bettin besitzen die Dormagener nur einen Spieler, der zu Schüssen aus der Halbdistanz in der Lage ist. Dass der 19-Jährige noch Defizite im Deckungsverhalten aufweist und Bohrmann deshalb zu einem Positionswechsel Angriff/Abwehr zwingt, macht die Sache nicht einfacher - von ihrer zu Drittliga-Zeiten gefürchtetsten Waffe, den Gegenstößen, war am Mittwoch nur wenig zu sehen.

Dass ihnen aus dem Rückraum die Durchschlagskraft fehlt, wissen auch die Verantwortlichen: "Wir schauen uns um, aber wir werden kein wirtschaftliches Risiko eingehen", sagt Geschäftsführer Björn Barthel, "was nützt mir ein wurfgewaltiger Spieler, wenn ich ihn im Dezember nicht mehr bezahlen kann?" Also müssen die Dormagener jene Tugenden in die Waagschale werfen, die ihnen gegen Nordhorn den Weg zum Erfolg ebneten: bedingungsloser Kampf, aufopferungsvolle Deckungsarbeit "und ein Publikum, das uns am Ende mächtig geholfen hat", wie Sebastian Damm zugab.

Nach diesem Rezept sollen die durchweg favorisierten Gegner geknackt werden. "Solche Spiele wie heute brauchen wir auch in der Meisterschaft, dann haben wir eine Chance, drin zu bleiben", sagt Alexander Kübler, der aus Vorbereitung und Pokalfight die Erkenntnis gewonnen hat: "Es wird schwierig, aber auf jeden Fall sind wir kein Kanonenfutter." Am Ende entscheiden "in einer extrem ausgeglichenen Liga" oft Kleinigkeiten: "Der Unterschied war, dass Dormagen in der Schlussphase weniger einfache Fehler gemacht hat als wir", sagte Nordhorns Trainer Heiner Bültmann und dachte dabei sicherlich auch daran, dass seine Angreifer in den letzten sieben Minuten alleine fünf Mal am eingewechselten TSV-Torhüter Max Jäger scheiterten. Wozu das in Liga zwei reicht, gleicht auch nach der Pokalpartie dem berühmten Kaffeesatzlesen: "Darauf bin ich selbst gespannt", sagte Nils Meyer auf die Frage, wo er seinen Ex-Klub einsortiert unter den 19 Konkurrenten.

(NGZ)
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