DHC Rheinland "Wir sind im Ausnahmezustand"

DHC Rheinland · Kai Wandschneider, Trainer des DHC Rheinland, spricht im Interview mit der NGZ über die Lage drei Tage nach dem Insolvenzantrag.

Er versucht, auch in diesen Tagen so etwas wie Normalität aufrecht zu erhalten: Gestern schaute sich Kai Wandschneider den morgigen Gegner MT Melsungen auf Video an, heute bittet er seine verbliebenen Schützlinge zum Abschlusstraining. Die NGZ sprach mit dem Dormagener Trainer über die Lage.

Herr Wandschneider, kann man unter den derzeitigen Umständen überhaupt Handball spielen und trainieren?

Kai Wandschneider Es fällt verdammt schwer, aber wir versuchen es. Das Gespräch mit dem Insolvenzverwalter war da sehr hilfreich, wir haben einen sehr guten Überblick über die Situation erhalten, wissen jetzt auch, was in den nächsten Monaten auch in finanziellen Hinsicht auf uns zu kommt. Das wird für viele nicht einfach, denn unsere Gehälter waren ja ohnehin nicht besonders hoch. Deshalb habe ich auch Verständnis für die Spieler, die uns jetzt verlassen.

Bleibt die Mannschaft denn noch halbwegs konkurrenzfähig?

Wandschneider Im Moment gehe ich davon aus, dass mir am Sonntag neben den aus Krankheits- und Verletzungsgründen fehlenden Max Holst und Michael Wittig Vitali Feshchanka, Kristian Nippes und Sigurbergur Sveinsson nicht zur Verfügung stehen. Das kann sich aber bis zum Anpfiff und vor allem bis zum Ende der Wechselfrist am Dienstag noch ändern. Gegen Melsungen werden wir auf jeden Fall spielen, egal, wer auf der Platte steht – dann sehen wir weiter.

Zehrt solche Unsicherheit nicht an der Psyche?

Wandschneider Und wie. Das bleibt alles nicht in den Klamotten stecken, schließlich sind wir im Ausnahmezustand. Aber das sind wir eigentlich schon lange – was hier in den letzten anderthalb Jahren passiert ist, ist schon eine ziemliche psychische Belastung.

Könnten Sie sich angesichts dieser Umstände vorstellen, als Trainer in Dormagen weiter zu machen, wenn es denn einen Neuanfang in der Zweiten Liga geben sollte?

Wandschneider Es ist viel zu früh, dazu eine Aussage zu treffen. Ausschließen möchte ich es nicht. Aber das hängt auch davon ab, ob ich interessante andere Angebote bekomme. Und es hängt auch davon ab, welche Perspektiven es in einem solchen Fall gibt. Ich denke, dass die Spieler, die jetzt nicht weggehen, dies spätestens am Saisonende tun werden. Und wer soll dann in der Zweiten Liga auflaufen? Aber wie gesagt, noch ist es zu früh, darüber zu spekulieren.

Ihre Mannschaft hat für ihren Auftritt am Mittwoch hohes Lob erhalten. So schrieb etwa der "Tagesspiegel" von einer "unglaublichen Moral in einer fast aussichtslosen Situation". Glauben Sie, dass Ihre Schützlinge so etwas morgen noch einmal abrufen können?

Wandschneider Das ist schwer zu sagen. Es fehlen ja einige, darunter Becki Sveinsson, der gegen Berlin einer unserer Besten war. Und ein Heimspiel ist auch eine andere Situation. Aber ich hoffe, dass uns das noch einmal gelingt.

Volker Koch führte das Gespräch.

(NGZ)
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