Dormagen Weniger Kinder werden in Obhut genommen

Dormagen · Das Jugendamt der Stadt Dormagen führt die im Vergleich zu anderen Städten geringe Zahl auf Präventionsarbeit und Vernetzung zurück.

 In Notfällen - wie bei Findelkind Marie, das 2011 in Rheinfeld in diesen Sachen ausgesetzt wurde (o.) wird ein gesetzlicher Vertreter bestellt. Bärbel Breuer und Vormund Claudia Winzen (r.) besprechen die Erfahrungen mit den Betreuten.

In Notfällen - wie bei Findelkind Marie, das 2011 in Rheinfeld in diesen Sachen ausgesetzt wurde (o.) wird ein gesetzlicher Vertreter bestellt. Bärbel Breuer und Vormund Claudia Winzen (r.) besprechen die Erfahrungen mit den Betreuten.

Foto: ON

Vor fast drei Jahren, Anfang November 2011, wurde ein kleines Mädchen in Rheinfeld vor die Tür eines Hauses am Malvenweg gelegt. Trotz vieler Aufrufe der Stadt Dormagen meldeten sich die Eltern nicht, so dass das vom Jugendamt "Marie" genannte Findelkind zu Pflegeeltern außerhalb des Rhein-Kreises Neuss kam, die es inzwischen adoptiert haben. Dem Mädchen stand als gesetzliche Vertreterin eine Mitarbeiterin des Dormagener Jugendamtes zur Seite. "Dabei übernehmen wir sozusagen die Sicht der noch unmündigen Kinder, indem wir ein staatliches Wächteramt ausüben und stehen auch den Familien begleitend bei", erläutert Jugendamtsleiterin Martina Hermann-Biert.

 In Notfällen - wie bei Findelkind Marie, das 2011 in Rheinfeld in diesen Sachen ausgesetzt wurde (o.) wird ein gesetzlicher Vertreter bestellt. Bärbel Breuer und Vormund Claudia Winzen (r.) besprechen die Erfahrungen mit den Betreuten.

In Notfällen - wie bei Findelkind Marie, das 2011 in Rheinfeld in diesen Sachen ausgesetzt wurde (o.) wird ein gesetzlicher Vertreter bestellt. Bärbel Breuer und Vormund Claudia Winzen (r.) besprechen die Erfahrungen mit den Betreuten.

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Nicht nur in solch außergewöhnlichen Fällen sind die gesetzlichen Vertreter gefragt, sondern auch wenn Eltern wegen Vernachlässigungsgefahr, Todesfällen, Suchtproblemen, körperlichen oder psychischen Erkrankungen ihre Kinder nicht mehr erziehen können. In Dormagen gibt es 35 Vormundschaften, davon fünf nur zur Vertretung in Vaterschaftsfeststellungsverfahren. Bei rund 20 Familien musste - oft nur in Teilbereichen wie der Gesundheitsfürsorge - das Sorgerecht entzogen werden. "Es gibt nur acht komplette Vormundschaften", sagt Hermann-Biert, die darauf hinweist, dass diese geringen Zahlen mit intensiver Präventionsarbeit und guter Vernetzung im Sozialen Bereich zurückzuführen sind: "Wir schauen mit vielen Augen auf ein Kind, tauschen uns aus und stärken die Eltern so, dass eine Herausnahme aus der Familie oft nicht nötig ist. Andere Städte haben doppelt so viele Betreuungen."

Dabei sei der noch vor einigen Jahren benutzte Begriff "Vormund" inzwischen nicht nur im Sprachgebrauch überholt, wie Bärbel Breuer, die Leiterin der städtischen "Gesetzlichen Vertretung", aus ihrer Erfahrung seit 1996 erklärt: "Früher wurden die Mündel vom Schreibtisch aus nur verwaltet, inzwischen pflegen wir engen Kontakt zu den Kindern und ihren beiden Familien." Claudia Winzen, eine der gesetzlichen Vertreterinnen, erläutert: "Wir sind an Elternstatt eingesetzt und wollen nicht bevormunden, sondern Kinder begleiten und ihre Anliegen vertreten." Dazu bedürfe es eines guten Verhältnisses zu allen Beteiligten. Wenn Eltern nicht alle Bereiche zum Kindeswohl abdecken und auch Hilfen nicht ausreichen, kommt es zur Inobhutnahme.

Für eine gesetzliche Vertretung muss das Gericht eingeschaltet werden - und sie ist nicht lebenslang, wie Claudia Winzen betont: "Je nach Fall helfen wir dabei, dass die Familien das Problem überwinden und danach ihr Kind wiederbekommen." Die Vertreter besprechen mit den Eltern, wie sie mit welchen Schritten dieses Ziel erreichen: Zum Beispiel wird bei nicht ausreichender Gesundheitsfürsorge eine Behandlung schlechter Zähne ausgeführt, so dass anschließend nach einer Überprüfung der verbesserten Situation das Kind wieder zu seinen Eltern zurück kann.

"Viele Herkunftsfamilien fassen Vertrauen zu den gesetzlichen Vertretern und besprechen Probleme mit uns", erklärt Claudia Winzen. Auch diese gute Zusammenarbeit ist ein Baustein für geringe Vormundschaftszahlen.

(NGZ)
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