Kriminelle und Gefährder in Düsseldorf 1200 Menschen müssen ausreisen

Düsseldorf · Polizeipräsident Norbert Wesseler ist für die rasche Abschiebung verurteilter Straftäter und potenzieller Gefährder, sofern das ausländerrechtlich möglich ist. Häufig verzögert sich die Ausreise wegen fehlender Papiere.

 Wegen mutmaßlicher Kontakte zur Salafistenszene wurde im März der Haftbefehl gegen einen Dieb vollstreckt - hier ermittelt die Polizei im Wohnumfeld des Mannes in Bilk. Der Deutsche mit nordafrikanischem Migrationshintergrund soll versucht haben, nach Syrien zu reisen.

Wegen mutmaßlicher Kontakte zur Salafistenszene wurde im März der Haftbefehl gegen einen Dieb vollstreckt - hier ermittelt die Polizei im Wohnumfeld des Mannes in Bilk. Der Deutsche mit nordafrikanischem Migrationshintergrund soll versucht haben, nach Syrien zu reisen.

Foto: Hans-Jürgen Bauer

145 Menschen hat das Düsseldorfer Ausländeramt im vergangenen Jahr abschieben lassen. Die Zahl derer, die noch ausreisen müssten, liege aktuell bei 1000 bis 1200. Kriminelle und potenzielle Gefährder versuche man zwar vorzuziehen, aber auch in diesen Fällen könne es wegen fehlender Pässe oder Passersatz-Papiere lange dauern, heißt es aus dem Ausländeramt.

Polizeipräsident Norbert Wesseler sieht auf Dauer die Lösung auch der polizeilichen Überlastung in der konsequenten Abschiebung sowohl sogenannter Gefährder, die als potenzielle Terroristen beobachtet werden, als auch der illegal hier lebenden Kriminellen. 2240 solcher Straftäter sind allein im Analyseprojekt "Casablanca" registriert worden, weil sie sich innerhalb eines Jahres im Oberbilker Maghreb-Viertel aufhielten. Allzuviel habe sich daran inzwischen nicht geändert, sagt Dietmar Kneib, Inspektionsleiter Organisierte Kriminalität bei der Düsseldorfer Polizei: "Manche sind raus, andere kommen neu dazu."

Die Langzeitanalyse belege jedenfalls eine extrem hohe, europaweite Mobilität. "Die Täter kommen von überall her, tauchen im Maghreb-Viertel unter und verteilen sich neu." Mit Razzien und Kontrollen gehe die Polizei nicht gegen das Viertel und die dort seit langem lebenden Menschen vor, sondern wolle "die Bürger und das Viertel vor den Straftätern schützen, die dort abtauchen", betont Kneib.

Unter diesen Tätern seien viele, die mit zwei unterschiedlichen Identitäten in verschiedenen Städten als Flüchtlinge registriert seien. Solche mit zehn und mehr - wie der Nordafrikaner, der in der Silvesternacht in der Altstadt mit 14 Identitäten angetroffen worden war - seien eher selten. "Wir melden diese Fälle ans Ausländeramt. Zu einer sofortigen Beendigung des Asylverfahrens führt so was aber nicht."

Deshalb setzt die Polizei auf eine neue Taktik mit Justiz und Ausländerbehörden. Die neue Ermittlungsgruppe "EK Pocket" hat vor allem Taschendiebe und brutale Antänzer im Blick. Für diese erwachsenen Serientäter baut die Staatsanwaltschaft gerade eine eigene Intensivtäter-Abteilung auf. So sollen möglichst schnell Verurteilungen erwirkt werden, die als Grundlage für die Abschiebung dienen. "Wir bewerten unsere Intensivtäter gemeinsam mit der Stadt. Wenn jeder Flieger nach Marokko nur vier Plätze für Abgeschobene hat, dann wollen wir dafür sorgen, dass die Richtigen darauf sitzen", sagt Kneib. Wie etwa Taoufik M., selbsternannter König der Taschendiebe und einer der Silvestergrapscher aus Düsseldorf. Er wurde nach seiner Verurteilung im November nach Marokko abgeschoben. Ähnlich soll es auch den Beteiligten an der Brandstiftung im Flüchtlingsheim an der Messe ergehen, die demnächst vor Gericht stehen.

Unter den mehr als 2200 im Maghreb-Viertel registrierten Straftätern seien viele Intensivtäter, aber keine Personen, die als Gefährder im Sinn der Terror-Abwehr stehen, sagt Kneib. Die aktuelle Liste umfasse 25 Namen. Das klingt zwar wenig. Doch jedem dieser Männer - darunter sind keineswegs nur Nordafrikaner, sondern auch deutsche und andere Nationalitäten - konnten innerhalb von zwölf Monaten 40 bis 50 Straftaten vom Trickdiebstahl bis zum Raub nachgewiesen werden. Das sind mehr als 1000 Opfer, vom finanziellen Schaden gar nicht erst zu reden.

Zum Kriminalitätsproblem kommt das der Terror-Gefahr. 20 bis 30 Männer, die als Gefährder gelten, beobachtet die Düsseldorfer Polizei in der Landeshauptstadt und den angrenzenden Nachbarkreisen. Trotz Unterstützung der Observationskräfte aus dem Landeskriminalamt bedeute das eine enorme personelle Belastung, sagt der Polizeipräsident, der auf Dauer auch beim Thema Gefährder deren konsequent durchgesetzte Ausweisung als Lösungsmöglichkeit sieht.

Derzeit fällt jemand, der einer ausgesprochenen Ausreiseaufforderung nicht nachkommt, beim Ausländeramt erst dann auf, wenn er bei der Polizei oder anderen Behörden aktenkundig wird. Dann kann es zur auch begleiteten Ausreise oder zur Abschiebung kommen. Derzeit haben rund 3000 der etwa 8000 in Düsseldorf lebenden Flüchtlinge einen verfestigten Aufenthaltsstatus. 1066 Menschen, 60 Prozent davon Flüchtlinge, leben laut Ausländeramt mit einer Duldung hier. Das bedeutet, die Ausreisepflicht ist eigentlich gegeben, aber zeitweilig ausgesetzt. Wer sich im Asylverfahren befindet, darf mit einer Gestattung bleiben.

(RP)
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