Serie "So wohnt Düsseldorf" 19 Mieter gründeten eine Wohngruppe

Düsseldorf · In der Klimaschutzsiedlung "Am Wald" ist nicht nur das Energiekonzept interessant. Dort wird Nachbarschaft gelebt in einem Raum für alle.

 Viel Licht, viel Platz: Mieterin Cornelia Klöckner gefällt die Idee des Architekten Richard Hennin, die Treppenhäuser der Gebäude zur Straßen- und zur Gartenseite voll zu verglasen.

Viel Licht, viel Platz: Mieterin Cornelia Klöckner gefällt die Idee des Architekten Richard Hennin, die Treppenhäuser der Gebäude zur Straßen- und zur Gartenseite voll zu verglasen.

Foto: Anne Orthen

Rosie hat Nudelsalat mitgebracht und Uwe Frikadellen. Karin hat für den alkoholfreien Sekt gesorgt, und die Musik haben alle gemeinsam ausgewählt. War doch klar, dass sie mal wieder zusammen Silvester gefeiert haben. Denn dieses Haus am Waldrand in Benrath ist nicht wie andere, in denen man sich nur kurz im Treppenhaus grüßt und ansonsten nichts miteinander zu tun hat. "Wir kümmern uns hier umeinander", sagt Cornelia Klöckner. Soeben hat sie die Tagesuhr an ihrer Wohnungstür einen Tag weitergestellt, damit ihr Nachbar auch sehen kann, dass sie schon aufgestanden ist. Dass es ihr gut geht.

Aber ihr Zuhause hat auch architektonische Besonderheiten zu bieten, die schon auf den ersten Blick auffallen. Das Gebäude mit seiner weißen Fassade, gegliedert durch dunkle Klinker-Flächen, ist in drei Komplexe aufgeteilt. Im Zentrum jeweils ein breites, Licht durchflutetes Treppenhaus, das sowohl zur Straße, als auch zur Gartenseite voll verglast ist. Gilt so etwas nicht als Platzverschwendung? "Normalerweise schon, aber wir fanden, dass diese Treppenhäuser der geschlossenen Bauweise Transparenz geben", sagt Architekt Richard Henning.

 Kleine Wohnung, großes Bad. Denn das muss in öffentlich geförderten Wohnungen eine Mindestgröße haben.

Kleine Wohnung, großes Bad. Denn das muss in öffentlich geförderten Wohnungen eine Mindestgröße haben.

Foto: Anne Orthen

2015 wurde der Komplex der Städtischen Wohnungsgesellschaft bezogen, zurzeit wächst nebenan der zweite Bauabschnitt. Wenn der Ende dieses Jahres fertig wird, schließen die Gebäude das Gartengrundstück von drei Seiten ab. "Dann haben wir hier einen komplett ruhigen Innenhof", meint Cornelia Klöckner. Von den insgesamt 62 Wohnungen ist mehr als die Hälfte öffentlich gefördert, heißt: Mieter mit Berechtigungsschein zahlen für eine Wohnung von knapp 50 Quadratmeter 488 Euro Warmmiete. Wobei das mit den Heizkosten kaum ins Gewicht fällt, denn ihr Zuhause gehört zu den 100 Klimaschutzsiedlungen des Landes.

 Großzügiges Wohngefühl durch geschickte Raumaufteilung: der Wohn-/Essraum mit offener Küche

Großzügiges Wohngefühl durch geschickte Raumaufteilung: der Wohn-/Essraum mit offener Küche

Foto: Anne Orthen

Was das bedeutet, demonstriert Cornelia Klöckner in ihrer kleinen, perfekt aufgeteilten Dachgeschosswohnung: "Die Luft zirkuliert ständig, man muss die Fenster zum Lüften nicht mehr öffnen, kann aber." Dann wandert ihr Blick hoch: Über den Türen zum Wohn- und Schlafraum dringt angewärmte Luft ein, in Bad und Küche wird sie wieder abgesaugt, in den Keller zurückgeführt, dort erwärmt sie über so genannte Wärmetauscher die Frischluft von draußen. Ein Kreislauf, der alle Kriterien eines Passivhauses erfüllt, bei dem nur noch etwa 20 Prozent der üblichen Energie gebraucht wird. Und wenn es wirklich mal frostig draußen ist, spendet eine Gas-Brennwerttherme zusätzliche Wärme. "Nahezu perfekt", findet Cornelia Klöckner das System. Mit einer Einschränkung: "Die Luft in den Räumen ist ziemlich trocken."

 Alle Balkone sind zum ruhigen Innenhof ausgerichtet, Grünanlage und Bänke können von den Mietern gemeinsam genutzt werden.

Alle Balkone sind zum ruhigen Innenhof ausgerichtet, Grünanlage und Bänke können von den Mietern gemeinsam genutzt werden.

Foto: Anne Orthen

Aber noch überzeugender als das fortschrittliche Energiekonzept fand sie Grundriss und Ausstattung ihrer Wohnung: Küche und Wohnraum ohne Trennwände, "dadurch wirkt der Raum viel größer, als er eigentlich ist." Dazu Schlafzimmer, Diele mit Einbauschränken, ein großzügiges Bad, das alle DIN-Normen erfüllt, um als barrierefrei zu gelten. "Sollte ich mal im Alter einen Rollator brauchen, kann ich mich mit dem hier bewegen." Der Fußbodenbelag sieht nicht nur aus wie Parkett, sondern fühlt sich auch so an, ist aber aus PVC und "super pflegeleicht". Von allen Wohn- und Schlafzimmern sowie den Balkonen blickt man in den grünen Innenhof, der teils gemeinsam genutzt wird.

 Auffällig an der Fassade: die breiten, verglasten Treppenhäuser

Auffällig an der Fassade: die breiten, verglasten Treppenhäuser

Foto: Anne Orthen

Doch darauf beschränkt sich die Gemeinschaft hier nicht: 19 Mieter zwischen 36 und 74 Jahren haben sich im Netzwerk der Diakonie Benrath gefunden und beim Einzug im November 2015 die "Wohngruppe am Wald" gegründet. "Jeder hat eine eigene Wohnung, aber dass wir uns gegenseitig helfen, ist selbstverständlich", so Cornelia Klöckner. Wer krank ist, für den wird eingekauft. Wer ein neues Regal aufbauen will, kann gewiss sein, einen tatkräftigen Nachbarn zu finden. Und wenn jetzt eine der Wohnungen neu vermietet wird, dann muss die Mehrheit mit dem Zuwachs einverstanden sein.

Um noch mehr Zeit miteinander zu verbringen, haben alle zusammen einen Gruppenraum angemietet, eine Erdgeschosswohnung als Treffpunkt und zum Feste feiern, aber auch, um mal einen Gast unterzubringen. "Bei uns ist niemand einsam", sagt Cornelia Klöckner. Das gilt fürs ganze Jahr, nicht nur für Silvester.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort