Düsseldorf 200 bunte Hampelmänner für Oberbilk

Düsseldorf · Ökkes Yildirim hängt am Freitag bewegliche Holzmänner in die Bäume an Flügel- und Linienstraße. Schüler der Hulda-Pankok-Gesamtschule haben diese bemalt. Die Aktion ist aber eher nicht komisch gemeint.

 Ökkes Yildirim freut sich, wie viel Spaß die Schüler beim Bemalen der Hampelmänner haben – hier Leonie (v.l.), Selina und Lioba.

Ökkes Yildirim freut sich, wie viel Spaß die Schüler beim Bemalen der Hampelmänner haben – hier Leonie (v.l.), Selina und Lioba.

Foto: Andreas Endermann

Das Projekt erscheint auf den ersten Blick witzig: 208 bunte Hampelmänner wird Ökkes Yildirim am kommenden Freitag in den 16 Linden an der Flügel- und der Linienstraße aufhängen. An der Ecke der beiden Straßen betreibt Yildirim ein kleines Büdchen, das eigentlich mehr ein Szene-Café ist.

Dort hat er bereits vor fünf Jahren mit 208 Gitarren auf sich aufmerksam gemacht, die er ebenfalls in die Bäume gehängt hatte. Im vergangenen Herbst bemalte Yildirim mit hunderten von Kindern aus dem Viertel innerhalb des "Urban Street Art Festivals" das Kopfsteinpflaster der beiden Straßen. Und jetzt eben die Hampelmänner von knapp einem Meter Länge, die ebenfalls Kinder aus dem Viertel, von der Hulda-Pankok-Gesamtschule, bunt gestaltet haben. Den Kindern wurden keinerlei Vorgaben gemacht, sie konnten ihrer Fantasie innerhalb des Kunstunterrichtes freien Lauf lassen.

Und so sind sehr farbenfrohe Gestalten entstanden. Aber Yildirim ist inzwischen bekannt dafür, dass seine Aktionen mehr im Sinn haben als nur fröhliche Happenings.

Das fängt bei der Zahl 208: So viele Hampelmänner kommen nämlich zusammen, wenn jeweils 13 der hölzernen Männchen in den insgesamt 16 Linden aufgehängt werden. Damit will Yildirim der Zahl 13 ihren Schrecken nehmen, wie er sagt: "Jesus und seine Jünger waren zusammen 13 Personen."

Gleichzeitig findet die neue Hängung wie auch schon bei den Gitarren bewusst am Newroz-Fest statt, dem kurdischen Frühlingsfest. Mit dieser vielfältigen Symbolik will Yildirim Völker und Kulturen vereinen. Seine Hampelmänner haben aber noch einen ernsteren Hintergrund: Sie sollen ein Symbol sein, wie fremdbestimmt viele Zeitgenossen nach seiner Meinung sind.

Diese Fremdbestimmung geht nach Yildirims' Ansicht sogar bis in das Privateste hinein: "Den Erfolg eines Menschen kann man nach deutschem Weltbild ohne weiteres an seinem Auto ablesen. Ob der Betreffende dagegen emotional ausgeglichen oder ein glücklicher Familienmensch ist, ist für das gesellschaftliche Bild von Erfolg zumindest in Deutschland zweitrangig", so seine harsche Kritik an der Gesellschaft heute. Diese Kritik will der Künstler auch ganz drastisch zum Ausdruck bringen: Die bunten Hampelmänner bekommen noch jeweils zwei Diskokugeln im Lendenbereich verpasst, die als Zeichen für männliches Macht- und Potenzgebaren verstanden werden sollen.

"Die Kugeln werden den Besucher beim Betrachten je nach Sonneneinfall blenden", sagt er vieldeutig. "Aber eigentlich sind sie hohl." Am Freitag will er alles wieder mit dem Hubsteiger installieren, am Samstag hat er zahlreiche Kommunalpolitiker zur Vernissage eingeladen. Die Stadt war seinen Aktionen gegenüber anfangs eher skeptisch, wobei das Wohl der Bäume als Argument angeführt wurde. Jetzt gibt es dagegen Tendenzen, dass sich Lokalpolitiker mit seinen spektakulären Ideen schmücken möchten: Es ist schließlich Wahlkampfzeit. Am 25. Mai stehen Kommunal- und Europawahlen an.

Yildirim ist gespannt, wie seine neuerliche Aktion aufgenommen wird. Genügend Selbstironie hat er: "Ein erwachsener Mann treibt einen gewaltigen Aufwand, um so etwas durch und durch Bescheuertes zu tun. Ich bin also selbst ein Hampelmann par excellence."

(RP)
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