Düsseldorf 40 Jahre Roncalli: Der Zauber hält an

Düsseldorf · Im Jubiläumsprogramm des Circus Roncalli gelingt der Spagat zwischen Nostalgie und moderner Unterhaltung bestens.

 Poetisch ist die Darbietung des Pantomimen Ai'Moko, der zudem außergewöhnliche akrobatische Leistungen zeigt.

Poetisch ist die Darbietung des Pantomimen Ai'Moko, der zudem außergewöhnliche akrobatische Leistungen zeigt.

Foto: roncalli

Schon die Eröffnungsnummer gleicht einem Paukenschlag. Die Mitglieder der Truppe "Bingo" reihen nicht verschiedene Darbietungen aneinander, sondern kombinieren diese zu einem Gesamtkunstwerk, bei dem das Publikum nicht weiß, wo es zuerst hinsehen soll. Die Strapaten-Künstler wirbeln an Bändern in verschiedensten Figuren in die Höhe, während am Boden Bälle und Seile durch die Luft jagen, sich zwei Rollschuhkünstler waghalsig im Kreis drehen und die punkige Truppe dazu tanzt. Dabei vermitteln die Artisten eine Spielfreude, die große Lust auf den Rest des Programms macht.

Zwar hat der Begründer und Leiter von Circus Roncalli, Bernhard Paul, das Jubiläumsprogramm "40 Jahre Reise zum Regenbogen" mit den Worten "Zurück zu den Wurzeln" charakterisiert, aber das gut zweieinhalb Stunden dauernde Programm bietet viel mehr als nur eine nostalgische Rückschau. Viele verschiedene Elemente der Zirkuskunst werden kombiniert, poetische Nummern und Darbietungen der alten Zirkusschule stehen gleichberechtigt neben Hochleistungsakrobatik und modernem Entertainment. Ein Beispiel dafür sind die Clowns, die traditionell bei Roncalli einen großen Part einnehmen. Sie alle beherrschen virtuos das Spiel mit dem Publikum, wissen, wie sie es mit einbeziehen können. Das gelingt dem klassischen musikalischen Weißclown Gensi genauso wie dem Comedian Robert Wicke. Letzterer präsentiert als Beatboxer Lieder, bei denen er Computerbeats imitiert und sich beim Jonglieren musikalisch selbst begleitet.

Den musikalischen Part übernimmt bei den vielen anderen Darbietungen sonst das Roncalli Royal Orchestra um Georg Pommer und Sängerin Marlitt Pallavicini. Sie sorgen immer wieder für einen zusätzlichen Gänsehauteffekt, unterstreichen den Nervenkitzel oder die poetische Seite einer Darbietung wie beim Duo Pykhov. Die beiden Artisten unternehmen auf ganz besondere Art und Weise die Reise zum Regenbogen, denn Yana Pykhov balanciert über ein Drahtseil, das zwischen die Enden einer riesigen Mondsichel gespannt ist. Doch damit nicht genug: Die Künstlerin tanzt auch noch auf den Zehenspitzen über das Seil. Eine typische Roncalli-Nummer bietet Ai'Moko, der sich erst mal den Sternenstaub aus seinen Haaren schüttelt, bevor er mit einem großen Reifen durch die Manege wirbelt und dabei eine Mischung aus Clownerie, Tanz und Akrobatik präsentiert.

Um Nachwuchs muss sich der Circus Roncalli keine Sorgen machen. Da gibt es zum einen die Töchter von Zirkusdirektor Paul. Vivian Paul zeigt mit viel Anmut und Koketterie eine gewagte Darbietung am schwebenden Reifen, und Lili Paul verbiegt als Schlangenfrau ihren Körper in unmöglich scheinende Figuren. Zum anderen entdeckt Roncalli auch immer wieder in der ganzen Welt junge und kreative Talente. Ohne Zweifel gehört dazu der erst 18 Jahre alte Jongleur Ty Tojo. Er lässt sieben Bälle gleichzeitig mit äußerster Präzision in vielen Variationen durch die Luft sausen, ohne jemals einen zu verfehlen. Dass aber Jugend keine Voraussetzung für grandiose Artistik ist, beweisen das Trio Csàszàr mit seiner Schleuderbrettnummer und das Quartett Lift, bei dem die zwei Männer ihre Partnerinnen wie überdimensionale Pendel durch die Luft schleudern und zwischendurch noch einen charmanten Flirt mit ihnen eingehen.

Und wenn am Ende des Programms Clown Paolo Carillon riesige Seifenblasen zaubert und die Manege mit vielen Hunderten der schillernden Gebilde füllt, dann ist das Publikum heute genauso berührt wie vor 40 Jahren, als Clown Pic erstmals solch eine Darbietung zeigte. Roncalli versteht es immer noch, Erwachsene in staunende Kinder zu verwandeln.

(brab)
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