Düsseldorf Eine Familiengeschichte vom Großmarkt

Düsseldorf · Heute vor 80 Jahren wurde der Großmarkt an der Ulmenstraße 275 eröffnet. Die Händler-Familie Marleaux ist in fünfter Generation dabei.

Historische Fotos - 80 Jahre Großmarkt in Düsseldorf
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80 Jahre Großmarkt in Düsseldorf

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Wenn Detlef Marleaux über die vielen, teilweise vergilbten Schwarz-Weiß-Fotos an den Wänden in seinem Büro erzählt, verwandelt sich die Geschichte seiner Familie auch in ein Stück Stadtgeschichte. Und zwar in eine, über die man selbst im städtischen Archiv eher wenig findet. Denn die Entwicklung des Großmarkts, der heute vor 80 Jahren an der Ulmenstraße 275 eröffnet worden ist, war immer verwoben mit Familien wie den Marleauxs, die in vierter oder gar fünf Generation im Obst- und Gemüsehandel arbeiten. Und so verraten die Fotos an den mit Holz verkleideten Wänden in Detlef Marleauxs Büro besser als jede Festschrift, wie spannend und zufriedenstellend, aber auch kräftezehrend und aufreibend die Arbeit auf dem Umschlagplatz sein kann.

Da ist etwa dieses ausgebleichte Schwarz-Weiß-Foto von Detlef Marleauxs Großeltern Johann und Elisabeth, aufgenommen vermutlich Ende der 1940er Jahre auf dem Großmarkt an der Ulmenstraße. Der Großvater verlädt gerade eine Kiste mit wahrscheinlich Kohl. Rings um ihn herum stehen viele andere Kisten mit Gemüse, denn nach den Entbehrungen der Kriegsjahre gibt es wieder Waren in großen Mengen. "Das war damals ein Knochenjob", sagt Detlef Marleaux. Die Holzkisten wiegen, wenn sie nass geworden sind, bis zu zehn Kilogramm, je nach Beladung auch schon mal 75. Paletten und Gabelstapler gibt es damals noch nicht: "Als in den Siebzigern der erste Gabelstapler zum Einsatz kam, war das eine Riesen-Erleichterung für alle."

Auf vielen Fotos sieht man die Familienangehörigen des 53-Jährigen zufrieden lächeln. Und fast immer tragen sie dabei Obst und Gemüse in den Händen, zum Beispiel Körbe voll Äpfel oder Kisten voll Kohl. "Der Job ist sehr anstrengend, aber man ist sein eigener Chef und stolz auf seine Arbeit. Das macht einen sehr zufrieden", sagt Detlef Marleaux, der den Betrieb in vierter Generation führt. Viel gemein hat sein Alltag in der Halle 11 des Großmarkts mit dem seiner Großeltern oder seines Vaters nicht mehr. "Früher herrschte hier Chaos", erinnert sich der Familienvater und lacht. Mehr als 100 Händler buhlten um die Gunst der vielen Kunden, die von Händler zu Händler gingen und immer die eine Frage stellten: "Was kostet das?" Inzwischen wird das meiste telefonisch abgewickelt: Am Morgen darauf - am frühen Morgen muss man sagen, denn schon um 2 Uhr geht es in der Regel an der Ulmenstraße los - kann der Kunde die Bestellung dann abholen.

Während das Angebot früher vor allem aus dem bestand, was die Felder in Düsseldorf und der Region hergegeben hatten - etwa Radieschen, Kartoffeln, Kopfsalat und Wirsing - gibt es inzwischen fast nichts, was der Großhändler Marleaux nicht weltweit beschaffen kann. "Früher gab es nur drei Sorten Äpfel und Erdbeeren nicht im Winter. Doch heutzutage will der Kunde eben zu jeder Zeit alles", sagt er und schüttelt leicht den Kopf. Früher habe man sich auf jede Saison und die damit verbundene Ernte gefreut. Heute sei es selbstverständlich, alles auf Abruf zu bekommen.

In den 1980ern war an so etwas noch nicht zu denken. Wenn die Ware knapp wurde, etwa weil die Ernte wegen schlechten Wetters mager ausgefallen war, kletterten Einzelhändler sogar über die Mauer an der Ulmenstraße, um sich Obst und Gemüse zu sichern. "Manche organisierten sich sogar einen Großhandelsgewerbeschein, um früher auf das Areal fahren zu dürfen und ihre Einkäufe zu machen", sagt Marleaux. Sogar Parkplätze waren hart umkämpft. "Wer zu spät kam, bekam keinen. Wir hatten sogar eine Marktpolizei."

Irgendwann will Detlef Marleaux auch ein Foto von sich an die Wand in seinem Büro hängen. Die Zukunft des Familienbetriebs ist mit Sohn Tobias (27) schon gesichert.

(semi)
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