Düsseldorf "Achenbachs Kunst ist heute Millionen wert"

Düsseldorf · Werner Wimmer und Edgar Jannott, Ex-Chefs Apo-Bank und Victoria-Versicherung, fuhren gut mit den Konzepten des Kunstberaters.

Kunstberater und Ex-Fortuna-Präsident: Das ist Helge Achenbach
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Kunstberater und Ex-Fortuna-Präsident: Das ist Helge Achenbach

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Foto: Endermann, Andreas

Ein Medienstar war er schon immer, liebte den großen Auftritt und die krachende Schlagzeile - aber was er jetzt losgetreten hat, übersteigt seine kühnsten Erwartungen, jedoch im Negativen. Aber Helge Achenbach (62), Kunstberater, bekommt von all dem, was derzeit über ihn gesendet, geschrieben, gesprochen, spekuliert und geschimpft wird, kaum etwas mit: Die knapp acht Quadratmeter große Zelle in der JVA-Essen hat zwar ein TV-Gerät, aber Internetanschluss oder Zeitungen gibt es nicht. Achenbach sitzt ein, weil ihm mehrfacher Betrug beim Handel mit Kunstwerken und Oldtimern zur Last gelegt wird.

"Nach allen Regeln der Kunst" titelte das Handelsblatt in einem Special über den "Kunstmarkt dubios", von der "Düsseldorfer Schule" spricht die Süddeutsche Zeitung (SZ) und nutzt die Gelegenheit, dieses Stück wie eins aus dem Tollhaus und als typisch Düsseldorf darzustellen. Und die bedeutungsschwere FAZ stellt erstaunt fest, dass zwar viele reden, aber kaum einer seinen Namen nennen will, zitiert daher - spürbar irritiert - anonym. Ihr Fazit: "Der Kunstberater, den plötzlich keiner mehr kennen will".

Wie so vieles in diesem Fall stimmt auch das so nicht ganz - es gibt eine Menge Leute, die ihn sehr gut kennen (und das auch noch wollen), sich aber jetzt die Augen reiben angesichts dieser Story rund um einen angeblichen Millionenbetrug mit der Aldi-Erbin Babette Albrecht als Opfer. Weil: Eine Reihe von Kunden fühlt sich nicht betrogen, im Gegenteil. Ihnen allen gemeinsam: Das, was sie damals von oder über Achenbach kauften, ist heute ein Vielfaches wert.

Zwei Beispiele: Edgar Jannott, in den 1980er Jahren Chef der Victoria-Versicherung (heute Ergo), und Werner Wimmer, ein Gewächs der Ärzte- und Apotheker-Bank, von 1999 bis 2005 deren Vorstand in Düsseldorf. Für Jannott war es eine Phase seines Berufslebens, die ihn bis heute beschäftigt - jene frühen 1980er Jahre, als die Victoria beschloss, Dutzende von Düssedorfer Adressen zusammenzufassen und zwischen Fischerstraße und Cecilienallee eine neue Zentrale zu bauen. Jannott als damalige Nr 1 hat den Bau von Anfang an hautnah begleitet, mit geplant, geprägt. Und auch die Idee, Kunst einzusetzen, um die Kultur und Philosphie des Unternehmens zu kommunizieren. Man kam auf Helge Achenbach, und nach anfänglichen Meinungsverschiedenheiten einigte man sich auf ein Konzept, auf das Jannott heute noch stolz ist: Achenbach suchte mit Hilfe einer firmeninternen Jury Werke aus, von denen sich dann jeder Mitarbeiter einen Druck für sein Zimmer auswählen durfte. 1700 Menschen bekamen in 800 Räumen ihr persönliches Bild, 200 D-Mark durfte es kosten, inklusive Rahmen.

Und für die Eingangshalle des neuen Gebäudes sollte es etwas ganz Besonderes sein. Gerhard Richter kam ins Gespräch, schon damals mit Achenbach in engem Kontakt, und er übernahm die Auftragsarbeit, zwei Bilder zu malen. 24 Quadratmeter groß jedes der beiden Werke, ein eigenes Atelier wurde in der benachbarten alten Messehalle angemietet, weil Richter daheim nicht ausreichend Platz hatte. Am Ende kosteten die Bilder zusammen 290 000 D-Mark, viel Geld damals. Aber heute werden sie von Fachleuten zusammen auf deutlich über 20 Millionen, womöglich sogar 30 Millionen Euro geschätzt. Das freut die Ergo, aber man hat keinesfalls die Absicht, sie zu verkaufen. Jannott:"Das ist der Unterschied zu anderen Käufern - wir waren nie an einer möglichen Rendite interessiert. Helge Achenbach hat uns damals gut und seriös beraten, ich kann kein schlechtes Wort über ihn sagen!"

Ein Satz, den Werner Wimmer genau so unterschreiben würde. Er war Vorstands-Chef, als die Ärzte- und Apothekerbank in Düsseldorf am Seestern einen neuen, sehr transparenten Büro-Komplex bauen ließ. Für das Kunstkonzept stellte man 7,4 Millionen Euro zur Verfügung, und Achenbach entwarf, gemeinsam mit dem Bankvorstand, das Ensemble. Unter anderem steht seitdem eine riesige Skulptur von Ex-Akademie-Rektor Tony Cragg vor der Tür, drinnen werden mehrere andere Künstler, unter anderem Jörg Immendorff präsentiert - durchweg Stücke, deren Wertsteigerung heute beachtlich ist. Zudem kaufte die Bank in den Jahren danach mehrmals kleinere Werke auf Anfragen von Achenbach, in mehreren Fällen, weil die Eigner gerade klamm waren und Geld brauchten. Wimmer: "Das lief immer sehr fair ab, wir haben keinen dieser Käufe bereut!"

Gerhard Richter, derzeit weltweit am höchsten gehandelter Künstler, hält sich vornehm zurück. Er habe ihm diesen Leichtsinn nicht zugetraut, sagt Richter über Achenbach. Und: "Ein Filou war er schon immer." Der Fall sei exemplarisch für den "überhitzten Kunstmarkt".

(RP)
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