Adventsaktion für Kinder im Rheinland Pferdeglück zu verschenken

Düsseldorf · Reiten ist ein teures Hobby - viele Kinder bekommen deshalb nie ein echtes Pferd zu Gesicht. Passionierte Reiterinnen aus dem Rheinland wollen das mit einer Aktion im Netz ändern. Sie bieten Kindern einen kostenlosen Nachmittag mit ihrem Tier an.

 Laura Bohn macht zum ersten Mal bei der Aktion mit - ihre Stute "Kentucky" auch.

Laura Bohn macht zum ersten Mal bei der Aktion mit - ihre Stute "Kentucky" auch.

Foto: Laura Bohn

Laura Bohn erinnert sich noch genau, wie sehr sie sich gefreut hat, als es endlich soweit war. Die 23-Jährige hatte in der Ausbildung eisern gespart. Vor vier Jahren konnte sie sich dann "Kentucky" leisten - einen "Weidenunfall aus Dänemark", wie sie selbst die Rasse ihrer Stute beschreibt.

"Ich habe das finanziell hingekriegt", sagt die Fotografin aus Langenfeld. "Und als Kind hatte ich auch Reitstunden. Ich weiß aber, dass viele Familien das ihren Kindern nicht bieten können." Das will Laura Bohn ändern.

Bei Facebook beteiligt sie sich an einer Aktion, die keinen richtigen Namen hat - häufig ist sie versehen mit dem etwas sperrigen Hashtag #SchenkeKindernZeitmitPferden. Pferdebesitzerinnen bieten dabei Kindern an, Zeit mit ihrem Pferd zu verbringen. In den vergangenen Tagen haben viele den Aufruf in dem sozialen Netzwerk gepostet, sich zu bewerben. Und einige haben sich auch schon mit Kindern und ihren Eltern verabredet.

Gerade benachteiligte Kinder sollen eine Freude haben

So wie Saskia Pesch: Ihre Arabermix-Stute "Pearl" freut sich schon auf den Besuch von Nick (12). Gemeinsam werden Saskia und Nick, der körperlich beeinträchtigt ist, im Dezember das Pferd putzen, mit ihm spazieren gehen und hoffentlich auch eine kurze Runde reiten. Unterstützt wird die 26-jährige Schmuckverkäuferin aus Neuss dabei von ihrer eigenen Reitlehrerin. "Ich finde es einfach toll, einem Kind so eine Weihnachtsfreude machen zu können."

 Saskia Peschs Stute Pearl steht bereit für einen Besuch von Nick (12).

Saskia Peschs Stute Pearl steht bereit für einen Besuch von Nick (12).

Foto: Saskia Pesch

Ein besonderes Vergnügen will Alina Grothaus (20) aus Düsseldorf einem fünfjährigen Jungen bereiten, der vor kurzem seinen Vater verloren hat: Shetland-Wallach "Oskar" (ebenfalls 5 Jahre alt) wird von der Weide geholt, schön gemacht und dann vor eine kleine Kutsche gespannt. "Wir können hier im Stadtteil Himmelgeist schön am Rheinbogen entlang fahren." Einen Termin gibt es noch nicht, aber die Versicherungskauffrau in Ausbildung will der Oma des Jungen Fotos von sich und "Oskar" schicken. "Dann kann sie einen Gutschein basteln und verschenken."

 So sieht das aus, wenn Alina Grothaus im Sommer mit Wallach Oskar Kutsche fährt.

So sieht das aus, wenn Alina Grothaus im Sommer mit Wallach Oskar Kutsche fährt.

Foto: Alina Grothaus

Bereits 2016 haben viele #ZeitmitPferden verschenkt

Angela Peters macht bereits zum zweiten Mal mit. Im vergangenen Jahr waren drei Kinder auf ihrem Bauernhof, dem Lindenhof in Kaiserswerth. "Drei sehr unterschiedliche Geschichten", erinnert sich Angela, die sie aber alle sehr berührt hätten. Besonders in Erinnerung geblieben ist ihr ein neunjähriges Mädchen, dessen Pflegefamilie ihr geschrieben hatte. Es war wegen Missbrauchsvorfällen aus der leiblichen Familie herausgenommen worden und war am Anfang sehr zurückhaltend. "Aber nach zehn Minuten ist sie aufgetaut."

 Eins von Angela Peters Pferden heißt "Nikolaus" und ist daher optimal geeignet, Kindern eine Weihnachtsfreude zu machen.

Eins von Angela Peters Pferden heißt "Nikolaus" und ist daher optimal geeignet, Kindern eine Weihnachtsfreude zu machen.

Foto: Angela Peters

Kein Wunder, denn neben mehreren Ponys gibt es auf dem Hof von Angela Peters Enten, Ziegen, Kühe, Hunde und Katzen - genug Tiere, um gleich mehrere Nachmittage zu füllen. "Ich glaube, Tiere sind sehr heilsam für Kinder", sagt die 33-Jährige. "Die fragen nicht, wie siehst du aus, wo kommst du her. Selbst Pferde, die Erwachsene nicht unbedingt an sich ranlassen, sind bei Kindern meist ganz zutraulich."

Auch Birgit Brücken (40) hat jede Menge Erfahrung mit Kindern und Pferden. Ihre sechs Pferde stehen auf dem Neudellerhof in Ratingen, wo die Reitlehrerin das ganze Jahr über mit ihrem Unternehmen "Ponyzeit" Kindergruppen empfängt. Zu Weihnachten sollen ein bis zwei Kinder ab vier Jahren nun umsonst kommen dürfen, die sonst nicht die Möglichkeit haben. Eine Bewerbung sei schon bei ihr eingegangen, seit sie am Wochenende bei Facebook gepostet habe. Wer ein Pony putzen, ihm Zöpfe flechten und eine Runde reiten darf, will sie bis Mitte Dezember entscheiden. Einzige Voraussetzung: Das Kind sollte einen Fahrradhelm mitbringen. Denn Sicherheit geht natürlich vor.

 Birgit Brückens Mini-Ponys haben die perfekte Größe für Kinder ab vier. Bei der Aktion dabeisein wird auch Trainerassistentin Jana Genzler (rechts).

Birgit Brückens Mini-Ponys haben die perfekte Größe für Kinder ab vier. Bei der Aktion dabeisein wird auch Trainerassistentin Jana Genzler (rechts).

Foto: Birgit Brücken

Die Düsseldorferin Jacky Raschen hat bereits im vergangenen Jahr einem kleinen Mädchen einen schönen Nachmittag mit ihrem Pferd geschenkt. Die Neunjährige sprach nach einem traumatischen Erlebnis nicht mehr. "Erst war das ziemlich schwierig - wir wussten nicht so richtig, wie wir damit umgehen sollten", berichtet die 22-Jährige. "Ist Körperkontakt zum Beispiel okay?" Aber das Kind sei schnell begeistert vom Pferd gewesen. "Ich werde es auf jeden Fall wieder machen", sagt Jacky. "Es war ein wunderschöner Tag."

Tipps: Kuchen backen, Pferd vorher bewegen

Ihre Tipps für alle Anbieter von #ZeitmitPferden: "Sich vorher auf jeden Fall Gedanken machen, was man mit dem Kind machen will." Zurechtlegen solle man sich nicht nur das Tagesprogramm, sondern auch, ob man auf jedes Wetter vorbereitet ist und ob es auch eine Kleinigkeit zu essen gibt. "Ich habe außerdem mein Pferd an den Tagen vorher extra viel bewegt", sagt sie. "Dadurch war es am Tag des Besuchs ruhig und ausgeglichen."

Bei Laura Bohn und "Kentucky" jedenfalls steht das Programm schon: im Grunde ein ganz normaler Stalltag, wie sie ihn auch selbst hat. Der oder die Auserwählte soll lernen, dass Pferdehaltung etwas mit Arbeit zu tun hat - deswegen wird "Kentucky" erst mal von der Wiese geholt, gefüttert und geputzt, bevor es einen kleinen Spazierritt gibt. Sie hat schon zehn Zuschriften bekommen. "Man kann sich gar nicht entscheiden", sagt sie ein wenig verzweifelt. "Das ist echt schlimm. Vielleicht muss ich auch mehrere Kinder einladen. Mal sehen."

(hpaw)
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