Analyse Air Berlin kann Düsseldorf nicht aufgeben

Düsseldorf · Air Berlin steht davor, Dutzende Flüge samt Flugzeugen an die Lufthansa abzugeben. Weil Air Berlin die für Düsseldorf größte Airline ist, sind viele in Sorge. Doch Flüge ab DUS gibt die Fluggesellschaft nicht ab. Der Standort kommt mit einem blauen Auge davon.

Die Nachrichten um Air Berlin halten die Belegschaft und auch den am Dienstag tagenden Aufsichtsrat des Flughafens Düsseldorf in Atem. Nach vielen Informationen aus den Verhandlungskreisen und der Branche sollen die 40 Airbus-Maschinen samt Besatzungen zum Winterflugplan (30. Oktober) der Lufthansa-Billigtochter Eurowings zugeordnet werden. Bislang sind die Ferienflüge abseits der Air-Berlin-Drehkreuze Berlin und Düsseldorf noch über die kriselnde Berliner Fluggesellschaft buchbar. Über den genauen technischen Übergang zur Eurowings wird ebenfalls noch beraten.

Klar scheint aber zu sein, dass Lufthansa die Maschinen und Crews zunächst nur anmietet. Die hoch verschuldete Air Berlin hat ihrerseits die Jets ebenfalls nur geleast. Etihad will den Berichten zufolge darüber hinaus die Tochter Niki und von Tuifly geleaste Jets in ein Gemeinschaftsunternehmen mit dem Touristik-Konzern TUI überführen. Die heutige Air-Berlin-Flotte von rund 140 Fliegern würde so nahezu halbiert. Etihad will so die Verluste eindämmen. Was bedeutet das alles für Düsseldorf?

  • Wie groß ist Air Berlin in der Landeshauptstadt? Aktuell arbeiten nach Angaben der Fluggesellschaft mehr als 2300 Mitarbeiter am Standort Düsseldorf, sie verteilen sich auf die Bereiche Cockpit, also die Piloten, das Kabinenpersonal, Instandhaltung/Technik und Verwaltung. 80 Ziele weltweit und nonstop werden zurzeit ab Düsseldorf angeflogen. Damit ist Air Berlin die größte Fluggesellschaft für Langstreckenflüge ab Düsseldorf.
  • Werden auch Düsseldorfer Flüge an die Lufthansa abgegeben? Nein. Verlustbringer sind gerade die Strecken, die nicht über die beiden großen Air-Berlin-Drehkreuze Berlin und Düsseldorf abgewickelt werden. Diese gehen an die Lufthansa, beziehungsweise ihre Billigtochter Eurowings. Die rentablen Drehkreuze sollen Air Berlin wieder auf die Beine helfen.
  • Warum ist Düsseldorf so wichtig? "In Düsseldorf können Fluggesellschaften insgesamt eine höhere Gewinnmarge pro Ticket am Markt durchsetzen als an anderen Märkten, insbesondere als in Berlin", sagt ein Branchenkenner. Das liege zum Einen daran, dass es in Düsseldorf viel mehr Geschäftsreisende mit einer höheren Zahlungsbereitschaft als Urlauber gebe. "In Berlin sitzt nicht ein einziger Dax-Konzern", sagt der Experte. Dagegen haben neun und damit fast ein Drittel aller Dax-Konzerne heute ihren Sitz in NRW, dem Einzugsbereich des Düsseldorfer Flughafens. Und gerade Air Berlin bedient ab Düsseldorf mit den Direktflügen nach New York oder Chicago genau diese Geschäftskunden. Zum Anderen wohne im Umfeld der NRW-Landeshauptstadt eine überdurchschnittlich zahlungskräftige Klientel. "In der Region Düsseldorf ist es wesentlich einfacher, Passagiere für eine Karibikreise als Kunden zu gewinnen, als in anderen Gegenden", sagt der Branchenkenner.
  • Warum will Lufthansa die defizitären Strecken überhaupt haben? In der Branche geht die Angst um, dass an die Stelle einer Air Berlin etwa der Billigflieger Ryanair tritt. Dieser hat gerade im Winter große Kapazitäten an Fliegern frei und könnte im Zweifel sofort einspringen. Eine Air Berlin ist der Lufthansa lieber als die wesentlich preis-aggressivere Konkurrenz des irischen Billigfliegers Ryanair.
  • Was gilt für Passagiere, die heute buchen? Wer heute einen Flug auf einer Strecke bucht und bezahlt, die Air Berlin später streicht, ist abgesichert. Dann ist die Fluggesellschaft schadenersatzpflichtig, sagt Beate Wagner von der Verbraucherzentrale NRW. Konkret heißt das, dass die Airline nicht nur den Ticketpreis erstatten muss, sondern auch die eventuell anfallenden Mehrkosten für die teurere Buchung eines Fluges mit einer anderen Gesellschaft. Theoretisch ist in diesem Fall aber auch möglich, einen anderen Flug einer anderen Airline quasi zu stellen, was einem Schadenersatz gleichkäme.
(tb.)
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