Kolumne Rund ums Rathaus Akteure im Rat suchen ihre neue Rolle

Düsseldorf · Wer Manager und Wahlkämpfer war, ist jetzt Oberbürgermeister mit knapper Ampel-Mehrheit. Wer zuvor in der Opposition saß, ist plötzlich an der Regierung - und umgekehrt. Nur die FDP bleibt ihrer Linie treu und wechselt einfach die Adressaten.

 In der Ratssitzung Ende Oktober waren CDU-Fraktionschef Rüdiger Gutt und seine ehemalige Bündnispartnerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann noch friedlich - in der Etatsitzung Anfang Dezember flogen die Fetzen.

In der Ratssitzung Ende Oktober waren CDU-Fraktionschef Rüdiger Gutt und seine ehemalige Bündnispartnerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann noch friedlich - in der Etatsitzung Anfang Dezember flogen die Fetzen.

Foto: A. Endermann

Wer der Frontfrau der FDP, Marie-Agnes Strack-Zimmermann, bei der Etatsitzung des Stadtrats lauschte, fühlte sich in gewohnter Umgebung: Sie warne davor, "sich hier und heute großspurig aus der Verantwortung zu stehlen". "Verschonen Sie uns mit Sparvorschlägen aus der Mottenkiste." Und über allem der Vorwurf: "Sie wollen die Stadt nur schlechtreden!" Das alles garniert mit gewohnt scharfzüngigen, meist amüsanten Zwischenrufen. Doch etwas war anders: Die Liberale heftete den Blick bei ihrer Kritik nicht wie in den vergangenen 15 Jahren vom Rednerpult aus geradeaus in die Reihen von SPD und Grünen, sondern nach rechts zur CDU.

Die Sätze sind nahezu gleich geblieben, Strack-Zimmermann hat einfach die Adressaten ausgetauscht. Und ist damit als eine der wenigen Beteiligten in ihrer neuen Rolle angekommen. Wobei sich nicht die Rolle verändert hat - denn die FDP ist nach wie vor an der Regierung. Jedoch nach einem Partnertausch jetzt mit SPD und Grünen in einer Ampel-Koalition mit knapper, zwei Stimmen zählender Mehrheit. Ihr langjähriger Bündnisgefährte, die CDU, drückt indessen die Oppositionsbank.

Dass das der neue Platz der nach wie vor größten Ratsfraktion ist, ist den meisten ihrer 31 Mitglieder wohl noch nicht richtig klar. Fraktionschef Rüdiger Gutt hat zwar eine pointierte Etatrede gehalten, wie es sich für einen Oppositionsführer gehört. Geradezu perfekt begriffen hat sein Vize Andreas Hartnigk die neue Rolle: Opposition muss nerven. Während der Haushaltsdebatte ging er unzählige Male zum Rednerpult, um bei jedem einzelnen Antrag der Ampel genau darzulegen, weshalb die CDU diesem Vorstoß nicht zustimmen kann. Auch deshalb konnte die traditionelle Feier im Ratskeller erst mit Verspätung nach 23 Uhr losgehen. SPD und Grüne seufzten mehrfach sichtlich genervt. Aufgabe erfüllt. Doch in weiten Teilen verhielt sich die CDU, als sei sie nach wie vor an der Macht. Ein bisschen bräsig und arrogant. Da muss noch mehr Dynamik rein.

Die zeigte dafür die Gegenseite reichlich. Vor allem die Grünen schafften es nicht, sich in dem Sessel der Mehrheit, die bestimmt, wo's lang geht, zurückzulehnen und mal mit Gelassenheit die Kritik der Gegenseite zu parieren. Wie in besten Oppositionszeiten spielte die elfköpfige Fraktion am Rednerpult Männlein- und Weibleinlaufen, um ihre Vorstöße zu erklären und zu rechtfertigen. Das ist redlich, aber überflüssig. Denn wer in der Mehrheit ist, muss nicht überzeugen. Das ist nicht Teil des Spiels. Ähnlich reflexhaft haben Mitglieder der SPD reagiert, zu fortgeschrittener Stunde wurden sie aber von Fraktionschef Markus Raub diplomatisch zur Mäßigung ermahnt.

Mit oder ohne Amtskette - sichtlich wohl fühlt sich Oberbürgermeister Thomas Geisel (SPD) in seiner noch immer relativ neuen Rolle. Ob der Ex-Manager wirklich in der Verwaltungswelt angekommen ist, steht auf einem anderen Blatt. So ganz klar scheint ihm die Doppelrolle - hier Teil der politischen Ampel, dort Chef der Stadtverwaltung - nicht zu sein. Beim Antrag zur Ablehnung stadtfremder Schüler stimmte er jedenfalls für den Vorschlag der Verwaltung und gegen seine Ampel-Partner.

(dr)
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