Düsseldorf Als der Haarschnitt 90 Pfennig kostete

Düsseldorf · Hans-Werner Fuchs eröffnete im Herbst vor 60 Jahren seinen ersten Friseur-Salon - in einer Garage in Unterrath. Der Inhaber war in seiner Branche ein Pionier: Er schaltete Werbung im Kino und setzte auf schickes Interieur.

 Hans-Werner und Ruth Fuchs (v.l.) mit ihrem Sohn Norbert, der an der Schadowstraße einen Salon führt. Den Anfang nahm die Geschichte des Betriebs in Unterrath.

Hans-Werner und Ruth Fuchs (v.l.) mit ihrem Sohn Norbert, der an der Schadowstraße einen Salon führt. Den Anfang nahm die Geschichte des Betriebs in Unterrath.

Foto: Bernd Schaller

An den aufregenden Herbst 1954 erinnert sich Hans-Werner Fuchs noch sehr genau. Wenige Tage nach der Meisterprüfung zum Friseur eröffnete er seinen ersten Salon - in einer umgebauten Garage im elterlichen Garten in Unterrath. Mit seiner tüchtigen Ehefrau Ruth, schon damals eine Spezialistin fürs Tönen und Färben, wagte er die Selbstständigkeit. "Geld hatten wir keines", erzählt sie. "Es gab zwei Plätze für die Kunden und eine Haube."

Beim Start waren beide nervös. Sie hatten ausgerechnet, dass sie 60 Mark am Tag einnehmen mussten. Ein Haarschnitt für Herren kostete 90 Pfennig, für Damen waren es 3,50 Mark. "Doch dann geschah das Wunder", berichtet Ruth Fuchs, "schon am ersten Tag hatten wir 204 Mark in der Kasse."

Erfolgreich ging es auch weiter. Schnell sprachen sich das handwerkliche Können und die Kreativität der fleißigen Friseure herum. "Ich brauchte nur ein Nachthemd und einen Kittel", sagt Ruth Fuchs, "unentwegt habe ich gearbeitet." Nach und nach trugen sechs Düsseldorfer Salons den schwungvollen, vom Inhaber entworfenen Schriftzug Fuchs.

60 Jahre nach Gründung wird der einzige verbliebene Salon in der Innenstadt an der Schadowstraße 78 von Sohn Norbert geführt, sechs Friseurmeister sind dort beschäftigt. Verspüren die Eltern (84 und 83 Jahre alt) Sehnsucht nach dem vertrauten Duft von einst, schauen sie vorbei.

Hans-Werner Fuchs war ein Pionier mit vielen Talenten. Für seine Salons machte er früh im Kino Reklame. Für die vornehme Theke, die er für die Brehmstraße entworfen hatte, bekam er sogar einen Preis. Ruth Fuchs berichtet von ihren Verschönerungs-Einsätzen für ein Frauenmagazin oder von den verrückten Dreharbeiten zum Bluna-Spot von Werbe-Guru Charles Wilp.

Ihr Geschick lockte die Schauspielerinnen Elisabeth Bergner und Immy Schell aus dem Gründgens-Ensemble in die Garage. Später stießen in jedem Salon Berühmtheiten dazu: Konrad Henkel, die Eiskunstlauf-Olympiasieger Ria Baran und Paul Falk, Bundestrainer Jupp Derwall, die Mimen O. E. Hasse, Attila und Paul Hörbiger. Als Ute Lemper 1986 in "Cabaret" die Düsseldorfer verzückte, waren ihre roten Haare das Werk von Ruth Fuchs. Begeistert von Vidal Sassoons geometrischen Schnitten, studierte sie in London dessen Technik.

"Unter den flippigen jungen Leuten war ich mit meiner Krokotasche ein Exot", amüsiert sie sich noch heute. "Ich bin aber nie nur mit der Mode gegangen. Diese extrem hochtoupierten Haare der 1960er Jahre mochte ich gar nicht. Eine Frisur muss natürlich und typgerecht sein."

Viele Trendfrisuren probierte sie an ihrer Tochter aus. Martina Nakaten ist gerade dabei, zahllose Fotos aus der langen Entwicklungsgeschichte der Salons zu dokumentieren. Denn bald soll das Jubiläum auch noch richtig gefeiert werden.

(RP)
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