Düsseldorf Am Leben des Nachbarn Anteil nehmen

Düsseldorf · In einem barrierefreien Neubau der Städtischen Wohnungsgesellschaft SWD in Hassels leben 18 Mitglieder einer Wohngruppe im Alter von 37 bis 76. Gemeinsam finanzieren sie eine Wohnung als Gruppenraum.

 Einige der Nachbarn (v.l.): Roswitha Zauch, Uwe und Ursula Teunißen, Karin Schumacher, Dieter Heß, Olaf Witt, Karin Petersen und Cornelia Klöckner.

Einige der Nachbarn (v.l.): Roswitha Zauch, Uwe und Ursula Teunißen, Karin Schumacher, Dieter Heß, Olaf Witt, Karin Petersen und Cornelia Klöckner.

Foto: Endermann

In diesem Mehrparteienhaus würde es nicht passieren, dass einer der Bewohner eine Woche oder noch länger tot in seiner Wohnung liegt. Man achtet aufeinander. Und das ist nicht nur so dahergesagt, sondern einer der Gründe, warum die 18 Bewohner im September 2014 in die 14 Wohnungen in einen Neubau der Städtischen Wohnungsgesellschaft (SWD) am Wald gezogen sind. Das mittlere der drei neu entstandenen Gebäude, in denen zusammen 27 Wohnungen sind, hatte das Unternehmen für die "Wohngruppe 50plus" reserviert. Die hatte sich bereits 2009 im Benrather Zentrum plus der Diakonie gegründet. Von den Gründungsmitgliedern ist noch Karin Schumacher dabei, die inzwischen mit ihrem Mann in dem Haus lebt.

Wobei die SWD die Altersvorgabe "50 plus" so genau nicht nimmt. Die jüngste Mieterin ist Ende 30, die älteste 76. Ein bunt gemischter Haufen, darunter vier Paare. Und trotzdem harmoniert es - oder vielleicht auch genau deswegen. Gemeinsam ist ihnen, dass sie alle finanziell nicht auf Rosen gebettet sind. Ohne einen Wohnberechtigungsschein - dabei ist es egal, ob A oder B - hätten sie in dem Haus nie eine Wohnung bekommen.

Eine der Glücklichen ist Cornelia Klöckner. Sie lebt in einer schönen und hellen Zwei-Zimmerwohnung im obersten Stockwerk. Vom Balkon aus schaut sie momentan auf das benachbarte Unternehmen Komatsu. Denn die Wohnhäuser entlang der Hoxbachstraße hat die SWD bereits abreißen lassen. Dort - und auf dem Stückchen Forststraße - will das städtische Unternehmen vier weitere Wohnhäuser mit insgesamt 35 Wohnungen bauen lassen.

SWD-Vorstand Jürgen Heddergott geht von einem Baubeginn im Juni dieses Jahres aus, bereits ein Jahr später soll der Einzug sein. Auch für den zweiten Bauabschnitt der Klimaschutzsiedlung plant er mit einigen besonderen Mietern. In fünf Wohnungen sollen junge Behinderte einziehen, die sich von zu Hause lösen wollen. Weil die sich die Finanzierung einer Wohnung als Gruppenraum nicht leisten können, denkt Heddergott darüber nach, sie an den Gruppenraum der Wohngruppe anzukoppeln. Da sei er aber noch im Gespräch, sagt er.

Die als Gruppenraum genutzte Wohnung mit Einbauküche im Erdgeschoss ist Dreh- und Angelpunkt für der 18 Bewohner. Dort wird gefeiert, gespielt, gebastelt oder einfach nur miteinander gequatscht - auch über Sorgen und Nöte. Denn fast alle sind in irgendeiner Form auf Unterstützung angewiesen. Wie die 52-jährige Sabine Petersen, die nach einer schweren Erkrankung einen Rollator benötigt Sozusagen von jetzt auf gleich habe sie Wohnung und gewohntes Umfeld in Hamm verlassen müssen und sei zunächst in einer Einrichtung für Demenz-Erkrankte in Rath untergekommen. Umso glücklicher ist sie jetzt in ihrer barrierefreien Wohnung in dem Haus in Hassels mit dem Wissen, dass um sie herum Menschen sind, denen sie nicht gleichgültig ist. Das gute Miteinander hebt auch Gruppensprecher Olaf Witt hervor: "Wer hier einziehen möchte, muss den Willen zum nachbarschaftlichen Wohnen haben."

Aber auch dieses Miteinander haben die 18 Menschen mit ihren so unterschiedlichen Vorgeschichten erst lernen müssen. Begleitet wurden sie von der Diakonie in diesem Prozess. Der ist inzwischen so gut wie abgeschlossen. Zwei Termine hat Margit Risthaus noch mit der Gruppe vereinbart. Die Mitarbeiterin am Zentrum plus der Diakonie in Benrath schwärmt regelrecht von der SWD, die auch die Kosten für den Begleitprozess übernommen hat. Die SWD habe sich in vielen Dingen sehr großzügig gezeigt, außerdem seien viele Anregungen der Mieter eingearbeitet worden, sagt sie.

Was fehlt, ist ein funktionierender Fernseher im Gruppenraum. Um den zu finanzieren, hat sich die Gruppe überlegt, am Samstag, 30. April, einen Hauströdel zu veranstalten. Ab 11 Uhr wird verkauft, was die Bewohner nicht mehr benötigen und was Bekannte dafür gestiftet haben. Denn eines steht für die Gruppe fest: "Zur EM brauchen wir einen Fernseher, damit wir hier gemeinsam Fußball gucken können."

(RP)
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