Axt-Attacke am Düsseldorfer Hauptbahnhof Ermittler finden Attest über paranoide Schizophrenie

Düsseldorf · Die Ermittler stufen den Axt-Angreifer vom Düsseldorfer Hauptbahnhof als "offensichtlich verwirrten Einzeltäter" ein. In seiner Wohnung in Wuppertal sei ein Attest über eine paranoide Schizophrenie gefunden worden. Es gebe keine Hinweise auf religiöse oder politische Motive.

Polizeipräsident Norbert Wesseler schildert auf einer Pressekonferenz die Ereignisse der vergangenen Nacht.

Polizeipräsident Norbert Wesseler schildert auf einer Pressekonferenz die Ereignisse der vergangenen Nacht.

Foto: Helene Pawlitzki

Das gaben Polizei und Staatsanwaltschaft bei einer gemeinsamen Pressekonferenz bekannt. Die weiteren Details:

Der mutmaßliche Täter Es handelt sich um einen 36-jährigen Asylbewerber aus dem Kosovo. Er und sein Bruder leben in Wuppertal. Dieser Bruder hatte sich Donnerstagabend bereits bei der Polizei gemeldet. Er sei besorgt gewesen, weil sein Bruder sich verfolgt gefühlt habe und nicht zu finden sei, sagte Kriminaldirektor Dietmar Kneib. Der 36-Jährige habe sich vor etwa einer Woche eine Axt gekauft. Als die Polizei ihn festnahm, soll er gesagt haben, er habe es drauf angelegt, dass Polizisten ihn erschießen.

In der Wohnung des Täters fanden die Ermittler ein Attest für eine paranoide Schizophrenie und Medikamente. "Es sieht weiter so aus, als handele sich um die Tat eines psychisch Kranken", so Kneib. Es gebe keine Hinweise auf ein politisches oder religiöses Motiv.

Der Mann ist bereits polizeibekannt, aber nicht wegen einer Straftat, sondern weil er sich verfolgt fühlte und mit offenbar selbst beigebrachten Verletzungen vor einiger Zeit bei den Behörden vorstellig wurde. Dort sah man offenbar keine Veranlassung, etwas zu unternehmen.

Die Opfer Sie stammen vor allem aus Dortmund, Düsseldorf, Köln, Solingen und Mettmann, auch zwei Italienerinnen wurden verletzt, die nahe des Hauptbahnhofs in einem Hotel wohnten. Eins der Opfer war ein 13-jähriges Mädchen aus Düsseldorf. Sie wurde schwer verletzt. Die anderen Opfer sind zwischen 30 und 50 Jahre alt. Nach Angaben der Polizei wurde eine Frau verletzt, weil sie auf der Flucht die Treppe herunterfiel. Ob sie damit zu den bisher bekannten neun Opfern des Amokläufers zählt, blieb unklar.

Die Tat Kriminaldirektor Kneib: "Nach Zeugenaussagen kam die Tat aus heiterem Himmel." Der 36-Jährige soll mit der S28 in Düsseldorf angekommen sein. Beim Aussteigen begann er laut Zeugenaussagen, mit seiner Axt von hinten auf die Fahrgäste einzuschlagen. Fahrgäste stießen den Mann daraufhin aus der Bahn hinaus. Der Zugführer schloss geistesgegenwärtig die Türen. Der Täter versuchte, durch Tritte und Schläge wieder in die Bahn zu gelangen. Schließlich gab er auf und lief zunächst ziellos am Gleis auf und ab und durch den Bahnhof. Dabei verletzte er weitere Personen. Die Bundespolizei verfolgte den Mann. Er flüchtete über die Gleise und sprang schließlich von einer Brücke in die Unterführung. Dabei brach er sich beide Beine.

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"Die ersten Hinweise auf die Straftat kamen um 20:54 Uhr", so Bundespolizist Thomas Hermsen bei der Pressekonferenz. Bis zum Sprung von der Brücke und der Festnahme seien es vielleicht zwei Minuten gewesen. Das würde bedeuten, dass die gesamte Tat weniger als fünf Minuten dauerte. Wenig Zeit, aber laut Polizei schaffte es der Täter trotzdem, Verheerendes anzurichten: "Wir hatten eine Blutspur, die sich vom Zug die Treppen herunter bis in den Bahnhof zog", beschreibt Polizeipräsident Norbert Wesseler die Lage.

Die Ermittler Als erstes wurde eine Streife der Bundespolizei im Düsseldorfer Hauptbahnhof durch Passanten über die Gewalttat informiert. Nach Angaben von Thomas Hermsen von der Bundespolizei hatten sie schnell Sichtkontakt zum Täter und verfolgten ihn. Bevor sie ihn festnehmen konnten, sprang er jedoch von der Brücke auf die Straße, wodurch er bewegungsunfähig wurde. Die Düsseldorfer Polizei nahm ihn daraufhin fest.

Die Staatsanwaltschaft will nun veranlassen, dass der Mann in eine geschlossene Anstalt kommt wegen seiner psychischen Erkrankung. Staatsanwalt Martin Stücker: "Wir gehen davon aus, dass der Täter es darauf anlegte, Menschen zu verletzen - vielleicht sogar zu töten."

Am Tatort auf Gleis 13 des Düsseldorfer Hauptbahnhofs erinnerte am Freitagmorgen nichts mehr an die Ereignisse des Vorabends. Pendler und Reisende strömten wie an jedem Morgen durch das Bahnhofsgebäude. Nachdem am Abend mehr als 120 Züge ausgefallen waren oder umgeleitet wurden, lief der Verkehr im morgendlichen Berufsverkehr wieder weitgehend planmäßig.

NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) schrieb den Opfern des Amoklaufs am Freitag einen Brief. Darin heißt es unter anderem: "Mit großer Bestürzung habe ich erfahren, dass Sie bei dem Angriff eines psychisch kranken Täters im Düsseldorfer Hauptbahnhof am Donnerstagabend verletzt worden sind. Das bedrückt mich sehr. Mit mir hoffen und beten viele Bürge­rinnen und Bürger unseres Landes, dass Sie möglichst rasch und vollständig von Ihren Verletzungen genesen mögen. Nichts ist jetzt wichtiger. Unsere Gedanken sind bei Ihnen". Außerdem telefonierte Kraft mit den Familien der Verletzten.

NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) hatte bereits am Vormittag den Einsatzkräften für ihr besonnenes Handeln, um die Lage am Hauptbahnhof unter Kontrolle zu bekommen und den Täter festzunehmen gedankt. "Ich wünsche den Verletzten Kraft, damit sie wieder gesund werden", sagte Jäger.

Das Unternehmen Regiobahn, das die Linie S28 betreibt, in deren Zug der mutmaßliche Amokläufer offenbar am Hauptbahnhof ankam, lobte in einer Mitteilung das "besonnene Handeln" des Lokführers. Er habe durch Schließen der Türen verhindert, dass der Täter zurück in den Zug gehen konnte. "Dadurch hat er Schlimmeres verhindert und wir danken ihm sehr dafür", sagten die Geschäftsführer der Regiobahn Ulrich Bergmann und Rolf Ommen laut Mitteilung. Außerdem dankten sie den Menschen, die die Verletzten vor Ort versorgt hatten. "Wir bedauern aufrichtig, dass es zu so einem Übergriff gekommen ist und möchten den Opfern bereits auf diesem Wege unser Mitgefühl aussprechen und dass sie sich möglichst schnell von ihren Verletzungen erholen", sagten Bergmann und Ommen weiter. Gemeinsam mit der Bahn werde man eine Opferbetreuung anbieten.

(hpaw)
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