Mann tötet zwei Frauen in Anwaltskanzleien Amoklauf endet in Gocher Pizzeria

Goch/Düsseldorf · Nach stundenlanger Fahndung wurde der Rachefeldzug eines Düsseldorfers in einem Lokal am Niederrhein von der Polizei beendet.

Das Protokoll des dreistündigen Rachefeldzugs
Infos

Das Protokoll des dreistündigen Rachefeldzugs

Infos
Foto: dpa, jps fdt

Die Scheibe der Eingangstür zu dem Lokal "Pizza Boyz" auf der Mühlenstraße im niederrheinischen Goch ist mit einem großen Blutfleck verschmiert. Im Inneren des Lokals, das noch mit Luftschlangen karnevalistisch dekoriert ist, bietet sich ein Bild der Verwüstung: Tische und Stühle liegen umgeworfen am Boden. Überall auf dem Fußboden sind Scherben von Gläsern und Tellern verstreut.

Was geschehen ist, berichten Augen- und Ohrenzeugen. Gegen 14.10 Uhr haben sie Schüsse gehört, andere werden durch Schreie aufmerksam. Die 76-jährige Gisela Hemmers, die mit ihrem Ehemann an dem Lokal vorbeiläuft, berichtet, dass sie gesehen habe, wie ein Asiate die etwa 20 Jahre alten Zwillingstöchter einer Bedienung des Lokals angreift. Die jungen Frauen, so mutmaßt die Rentnerin, hätten ihrer Mutter helfen wollen.

Amokläufer aus Düsseldorf in Gocher Pizzeria gefasst
7 Bilder

Amokläufer aus Düsseldorf in Gocher Pizzeria gefasst

7 Bilder

Doch der Asiate sei mit zwei Pistolen und einer Machete bewaffnet gewesen. Zwei Schüsse seien dann gefallen. Die jungen Frauen werden getroffen. Inzwischen haben Nachbarn die Polizei alarmiert. Doch bevor Beamte am Tatort eintreffen, halten laut Augenzeugen zwei Gocher Yanquing T. fest. Sie übergeben den Mann der Polizei. Direkt vor dem Lokal entdecken die Beamten den Fluchtwagen des Asiaten — einen türkisfarbenen Renault Modus mit Düsseldorfer Kennzeichen.

Es ist das blutige Ende eines dreistündigen Amoklaufs durch das Rheinland, der um 11.30 Uhr in Düsseldorf in einer Anwaltskanzlei begonnen hat.

Es ist 12 Uhr an der bekannten Automeile Höherweg in Düsseldorf-Flingern. Hunderte von Mitarbeitern und Kunden des ADAC, der Kfz-Zulassungsstelle und benachbarter Gebäude werden aufgefordert, ihre Arbeitsstellen und die Häuser zu verlassen. Nur wenige von ihnen begreifen, was passiert ist. Sie wissen nicht, dass vor einer halben Stunde ein 48 Jahre alter Gastronom in eine Anwaltskanzlei gestürmt ist und dort eine Frau getötet und zwei weitere Personen zum Teil schwer verletzt hat. Zwei Hundertschaften fahren in ihren Mannschaftsbussen vor, in dunklen VW-Bullys kommen Sondereinsatzkräfte (SEK) an, die sich sofort für den Einsatz bereitmachen. Pistolen werden in die Holster gesteckt, Maschinenpistolen umgehängt. Die Männer haben ihre Sturmhauben aufgezogen, die nur die Augen freilassen — ihre übliche Einsatzmontur. Polizisten in Uniform sperren das Gelände mit Flatterband ab.

Doch es ist bereits zu spät. Als die SEK-Beamten die Anwaltskanzlei betreten, finden sie eine Frau tot am Boden liegend vor. Es handelt sich vermutlich um eine Rechtsanwältin. Doch durch einen Brand, den der Täter gelegt hat, ist ihre Leiche entstellt. Die Polizei muss die Obduktionsergebnisse abwarten, um Gewissheit zu haben.

Vom Täter fehlt jede Spur. Sofort beginnt eine Großfahndung. Die Umgebung wird weiträumig abgesperrt. Doch nach rund zwei Stunden ist bekannt: Der Gesuchte hält sich nicht mehr in Düsseldorf auf. Polizeiwagen fahren mit kreischenden Reifen, Signal und Blaulicht davon — Richtung Stadtgrenze: Inzwischen ist klar, dass der Täter kurz nach seinem Angriff in Düsseldorf nach Erkrath gefahren ist und dort nochmals zugeschlagen hat — in dem selben Muster wie in der Landeshauptstadt.

Um 13.30 Uhr steht fest, dass der 48-jährige Yanquing T. auch in Erkrath in einer Anwaltskanzlei eine Rechtsanwaltsgehilfin getötet und einen Anwalt lebensgefährlich verletzt hat. Die Polizei sperrt die großen Zufahrtsstraßen zu einem Einkaufs- und Versorgungszentrum am Neuenhausplatz ab. Das im Stil der 1970er-Jahre mit Waschbetonstein gebaute Karree hat viele Einzelhandelsgeschäfte und Discounter, aber auch Praxen und Kanzleien, dazu Wohnungen. Es gibt dort verschachtelte Gänge, Wege und Ecken, die es der Polizei schwer machen, alle Zu- und Ausgänge zu kontrollieren. Die Suche nach dem Täter verläuft auch dort ohne Erfolg. Falschmeldungen erschweren die Arbeit der Polizei zusätzlich. In weiten Teilen der Stadt stehen Polizisten mit Maschinenpistolen an den Straßenecken.

Dann kommt die Nachricht aus Goch. Man hat einen Mann in einer Pizzeria festgenommen, der zwei Frauen durch Schüsse verletzt hat. Es wird rasch klar: Der in Goch Festgenommene ist der Amokläufer, nach dem die Polizei seit dem Mittag fieberhaft sucht.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort