Prozess in Gießen Angeklagte schweigt zu Morden in Düsseldorf und Gießen

Düsseldorf · Eine 35 Jahre alte Frau aus Aachen soll aus Habgier zwei Frauen in Düsseldorf sowie einen Mann in Gießen getötet haben. In der hessischen Stadt steht sie jetzt vor Gericht. Aussagen will sie zu den Vorwürfen nicht.

 Bernd Scheske (l.) und Henning Cwik (r.) sind die Verteidiger der mutmaßlichen Mörderin.

Bernd Scheske (l.) und Henning Cwik (r.) sind die Verteidiger der mutmaßlichen Mörderin.

Foto: oliver Schepp

Einfach die Luft abgedrückt, mit Händen, Tüchern oder Kissen. Die Angeklagte hat mit ihren Opfern laut Anklage kurzen Prozess gemacht. Mit ihr selbst wird sich die Schwurgerichtskammer des Gießener Landgerichts länger beschäftigen: 124 Zeugen und elf Sachverständige sollen an 29 Verhandlungstagen gehört werden. Das wird auch nötig sein, denn die 36-jährige Aachenerin will schweigen. Das teilten ihre Rechtsanwälte Bernd Scheske und Henning Cwik am Dienstag auf Nachfrage der Vorsitzenden Richterin Regine Enders-Kunze mit. Auch zu ihrer Person werde die Angeklagte sich nicht äußern. Nicht einmal zu einem Ja konnte die Frau sich durchringen, als Staatsanwalt Thomas Hauburger fragte, ob diese Ankündigung ihrer Verteidiger richtig sei. Stattdessen nickte sie nur stumm. Der Kammer steht also ein langwieriger Indizienprozess bevor.

Die Aachenerin, die bereits wegen mehrerer Diebstähle aufgefallen war, geriet ins Visier der Ermittler, bestritt jedoch alle Vorwürfe. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass die Angeklagte aus Geldnot handelte. Dreifacher Mord aus Habgier wird ihr vorgeworfen. Von zwei verstorbenen Frauen aus Düsseldorf fanden Beamte in ihrer Wohnung zwei EC-Karten. Mit diesen Karten waren nach dem Tod der Frauen 210 Euro von einem Geldautomaten abgehoben worden. Die Düsseldorfer Kriminalpolizei hatte zunächst angenommen, die 86-Jährige und ihre 58 Jahre alte Tochter hätten sich gemeinsam das Leben genommen. Einen Vorgang, den Hauburger gegenüber der Presse nicht kommentieren wollte.

Laut Anklage gehen die Gießener Ermittler davon aus, dass die Aachenerin am 7. Mai vergangenen Jahres der 86-Jährigen Einkäufe in deren Wohnung trug, die Seniorin dort mit einem Halstuch erdrosselte und deren später hinzugekommene 58-jährige Tochter ebenfalls überwältigte. Die musste, von der Frau durch gewaltsames Eintrichtern von Medikamenten geschwächt, noch die PIN-Nummern der EC-Karten preisgeben. Dann soll die Angeklagte die Tochter mit Kissen erstickt haben.

Über eine DNA-Spur am Finger des getöteten Zauberers Erich Noll alias Riconellys waren die Ermittler der 36-Jährigen schließlich auf die Spur gekommen. Außerdem war das Handy der Frau zur Tatzeit in eine Funkzelle nahe dem Tatort eingebucht. Am 2. April 2016 habe die Aachenerin, die von 2007 bis 2015 ebenfalls in der Gießener Nordstadt lebte, ihren früheren Nachbarn aufgesucht, um ihn zu töten und auszurauben. Scheinbar ließ der 79-Jährige die Frau arglos in seine Wohnung - an der Tür wurden keine Aufbruchspuren festgestellt. In der Wohnung soll die Frau den Senior niedergeschlagen und erwürgt haben. Dann habe sie unter anderem einen Laptop entwendet. Um Spuren zu verwischen, habe die 36-Jährige später den Leichnam, das Bett des Opfers sowie die Böden der Wohnung mit Brandbeschleuniger übergossen und angesteckt. Schwere Brandstiftung wirft die Anklagebehörde der Frau deshalb ebenfalls vor.

Am frühen Morgen des nächsten Tages fiel Bewohnern auf, dass Rauch aus der Wohnung des 79-Jährigen quoll. Damals dachte zunächst niemand an ein Gewaltverbrechen. Erst eine Obduktion ergab, dass der alte Mann nicht an einer Rauchgasvergiftung gestorben, sondern zuvor getötet worden war.

Es sei "außergewöhnlich", dass eine Frau "derart schwere Gewaltverbrechen in Serie begeht", sagte Hauburger später gegenüber den zahlreich erschienenen Medienvertretern. Laut Anklage kommt eine Sicherungsverwahrung der mutmaßlichen Täterin in Betracht. Der Prozess wird fortgesetzt.

(RP)
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