Prozess in Düsseldorf Anwälte rügen "Mangel" in Anklage gegen Ex-Uni-Chef

Kurz nach Beginn des Prozesses gegen den ehemaligen Chef der Uni-Klinik vertagte sich die Düsseldorfer Strafkammer wieder. Am Freitag will sie bekannt geben, ob das Verfahren eingestellt werden muss.

 Der Angeklagte Wolfgang Raab unterhält sich im Saal des Landgerichts mit seinem Anwalt Sven Thomas (l.).

Der Angeklagte Wolfgang Raab unterhält sich im Saal des Landgerichts mit seinem Anwalt Sven Thomas (l.).

Foto: dpa, rwe fpt

Sämtliche Vorwürfe gegen Wolfgang Raab, den Ex-Chef der Uni-Kliniken, sind vollkommen haltlos und die Untreue-Anklage gegen ihn ist auch noch mangelhaft: Mit dieser Einschätzung der Verteidigung hat Mittwoch beim Landgericht der Prozess gegen den 63-jährigen Mediziner begonnen — und ist kurz nach Verlesung der Anklage gleich wieder unterbrochen worden.

Laut Staatsanwaltschaft soll Raab als Klinik-Chef zwischen 2006 und 2011 nebenbei eine zahnärztliche Privatambulanz betrieben, dafür allerdings Klinikpersonal eingesetzt und die Leistungen bei rund 1400 Patienten dann so abgerechnet haben, als hätte er sie selbst behandelt. Als Schaden errechnet die Anklage daraus einen Betrag von rund 360.000 Euro für die Klinik.

Verteidiger: Vorwürfe gegen Raab sind haltlos

Doch ob das Verfahren wegen eines angeblich "offenkundigen Mangels" in der Anklage eingestellt werden muss, will das Landgericht nun erstmal prüfen. Eingerahmt von zwei Anwälten und ohne eine sichtbare Regung ließ Raab die Prozesseröffnung und die Verlesung der Anklage über sich ergehen.

Nach Ansicht seiner Verteidiger sind alle Vorwürfe gegen den Zahnarzt, der langjährig als Ärztlicher Direktor das Uniklinikum geleitet hat, sowieso unhaltbar. Denn der Betrieb jener Privatambulanz habe jederzeit der Vertragslage entsprochen, sei auch "transparent" gewesen, also könne es gar nicht zu der angeblich vorsätzlichen und pflichtwidrigen Schädigung des Klinikums gekommen sein, so die Anwälte.

Raab soll junge Ärzte für sich arbeiten lassen haben, statt selbst tätig zu werden

Die Staatsanwaltschaft geht allerdings von einem unbefugten Betreiben dieser Privatambulanz aus. Sie wirft Raab schwere Untreue vor, weil er seinen Arbeitgeber "gewerbsmäßig" und durch einen "Vermögensverlust großen Ausmaßes" über Jahre hinweg beträchtlich geschädigt habe.

So soll Raab nämlich dauerhaft einen jungen Arzt in jener Privatambulanz eingesetzt haben, der formell als "wissenschaftlicher Mitarbeiter" der Klinik geführt wurde und aus Klinik-Mitteln für "Forschung und Lehre" auch bezahlt worden sei. Abgerechnet habe Raab trotzdem 5976 Behandlungen bei 1417 Patienten so, als habe er selbst Hand angelegt. Dabei soll er nach Auffassung der Staatsanwälte im Tatzeitraum jedoch nur 0,139 Prozent der abgerechneten Leistungen wirklich selbst durchgeführt haben. Mit diesem Konstrukt der Privatambulanz habe sich Raab angeblich ein Zusatzeinkommen von rund 100.000 Euro jährlich verschafft, so die Anklage weiter.

Verteidiger halten die Anklageschrift für mangelhaft

Die Verteidiger bezweifeln aber, ob die (in fünf Minuten verlesene) Anklageschrift formell als Grundlage für diesen Prozess taugt. Da weitere Betrugsvorwürfe gegen Raab von der Staatsanwaltschaft bereits vorläufig eingestellt worden seien, müsste das Gericht bei einem Freispruch wegen der angeblichen Untreue auch diese anderen Vorwürfe prüfen — und dafür müssten alle Betrugsvorwürfe schon jetzt konkret in der Anklageschrift aufgelistet und beschrieben sein. Die Raab-Anwälte finden aber, genau das sei nicht der Fall, also müsse das ganze Verfahren jetzt wegen eines schweren Verfahrenshindernisses sogar rundweg eingestellt werden. Ob sich das Landgericht dieser Sichtweise allerdings anschließt, will die Strafkammer beim nächsten Prozesstermin am Freitag verkünden.

(wuk)
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