Misshandlungen in Asylbewerberheimen Innenminister Jäger räumt Nachlässigkeiten ein

Düsseldorf · NRW-Innenminister Ralf Jäger musste heute dem Innenausschuss des Landtages Rede und Antwort stehen. Dabei gab er zu, dass seine Behörde die Kontrolle von Asylbewerberunterkünften vernachlässigt habe. Es sei vor allem darum gegangen, neue Unterkünfte zu schaffen.

 Ralf Jäger vor dem Asylbewerberheim in Burbach.

Ralf Jäger vor dem Asylbewerberheim in Burbach.

Foto: dpa, lof

Der Skandal um die Misshandlung von Asylbewerbern in nordrhein-westfälischen Flüchtlingsunterkünften durch Wachpersonal weitet sich immer mehr aus. Laut Landeskriminalamt (LKA) wurden bisher 48 Strafermittlungsverfahren gegen Sicherheitsbedienstete in sieben Landesunterkünften eingeleitet.

Bei den Vorwürfen im Tatzeitraum von Januar 2013 bis September 2014 handele es sich überwiegend um Körperverletzungen und Nötigung, sagte der für die Polizei im NRW-Innenministerium zuständige Abteilungsleiter, Wolfgang Düren, am Mittwoch in einer Sondersitzung des Innenausschusses im Düsseldorfer Landtag. Zudem gehe es auch um unerlaubten Waffenbesitz. In einem Fall solle ein Wachmann versucht haben, Flüchtlingsfrauen der Prostitution zuzuführen.

Die Polizei wurde im August über den "Seperationsraum" informiert

In sieben der 21 Landeseinrichtungen werde derzeit nach LKA-Angaben wegen offenkundiger Misshandlungen ermittelt. Zwischenzeitlich wurden laut Düren 18 der 48 Ermittlungsverfahren "mangels hinreichender Anklagegrundlage" oder "geringer Schuld" eingestellt. Angesichts der Burbacher Folterskandals prüfe die Staatsanwaltschaft jedoch, ob bereits eingestellte Verfahren wieder aufgenommen werden müssen.

Zuvor hatte Düren eingeräumt, dass die Sicherheitsbehörden bereits vor Wochen über "Defizite" und "Qualitätsmängel" bei dem in Burbach eingesetzten Wachpersonal informiert gewesen seien. Deshalb sei das Sicherheitsunternehmen am 1. August ausgetauscht worden. Später habe sich aber herausgestellt, dass die neue Firma einfach das alte Wachpersonal übernommen habe. Die Kreispolizeibehörde Siegen-Wittgenstein hatte am 22. August zudem das Innenministerium erstmals darauf hingewiesen, dass es in der Einrichtung einen "Separationsraum" für alkoholisierte oder randalierende Asylbewerber gebe, dessen offizielle Existenz jedoch verschleiert werde.

Jäger lagen keine Hinweise auf Straftaten vor

Einen Monat später kam es zur Misshandlung von mutmaßlich eingesperrten Flüchtlinge. Es wird auch wegen des Verdachts der Freiheitsberaubung ermittelt. Zudem wurden die Ermittlungen auf den Burbacher Heimleiter und den Geschäftsführer der Betreuungsfirma European Homecare ausgeweitet, da sie von den Misshandlungen gewusst und diese teilweise sogar angeordnet haben sollen.

Innenminister Ralf Jäger (SPD) erklärte vor dem Innenausschuss, bei den Sicherheitsbehörden habe es vor der Aufdeckung keine Hinweise gegeben, dass der dortige "Separationsraum" für strafbare Übergriffe genutzt werde. Wenn Asylbewerber unter Zwang in einen separaten Raum gesperrt würden, sei dies ein "klarer Rechtsbruch", betonte Jäger. Mit Erlass vom 13. Oktober habe sein Ministerium angeordnet, dass die Einrichtung von "Problemzimmern" und "Separationsräumen" in Flüchtlingsunterkünften zu unterlassen sei.

Opposition spricht von "Aufsichts- und Organisationsversagen"

Jäger räumte ein, konsequente Kontrollen bei der Unterbringung von Asylbewerbern in der Vergangenheit vernachlässigt zu haben. Dies sei geschehen, weil sein Haus angesichts des Flüchtlingsandrangs einzig auf die Schaffung immer neuer Einrichtungen fixiert gewesen sei. Seit 2011 sind die Kapazitäten für die Aufnahme von Flüchtlingen in NRW laut Jäger verdreifacht worden. Allein für 2014 rechne das Land mit der Zuweisung von 40.000 Flüchtlingen, vor drei Jahren seien es lediglich 10.000 gewesen. Bundesweit wird allein im Oktober mit 25.000 Erstantragstellern gerechnet.

Die Landtagsopposition von CDU, FDP und Piraten warf Jäger "Aufsichts- und Organisationsversagen" vor. Der CDU-Innenexperte Gregor Golland forderte den Minister zum Rücktritt auf. Er müsse für die Misshandlung von Asylbewerbern "die politische Verantwortung übernehmen und endlich die entsprechenden Konsequenzen ziehen".

(KNA)
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