Misshandlungen in Asylbewerberheimen Fast 50 Anzeigen gegen Sicherheitsleute

Düsseldorf · Aktuell gibt es in Nordrhein-Westfalen 48 Anzeigen gegen Mitarbeiter von Sicherheitdiensten in Flüchtlingsheimen. Das teilte Innenminister Ralf Jäger bei einer Sondersitzung im Landtag mit.

Essen: Ermittler durchsuchen Firmenzentrale von European Homecare
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Foto: ANC News

Neben den bereits aufgrund von Misshandlungen an Asylanten bekannten Flüchtlingsheimen in Burbach sind sechs weitere Heime bekannt, in denen Asylbewerber körperlich misshandelt wurden sind. Laut des Innenministeriums prüft die Polizei aktuell 28 Fälle. Mangels Tatverdacht wurden zehn Verfahren eingestellt, zwei weitere aufgrund geringer Schuld.

Die Opposition lässt nach den Übergriffen auf Flüchtlinge in Landesunterkünften nicht locker: Trotz der Aussprache im Landtag soll NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) an diesem Mittwoch den Abgeordneten erneut Rede und Antwort stehen. Diesmal in einer kurzfristig anberaumten Sondersitzung des Innenausschusses. Das Thema: "Ungereimtheiten bei der Unterbringung von Asylbewerbern in nordrhein-westfälischen Flüchtlingsunterkünften".

Misshandlungs-Vorwürfe: das Flüchtlingsheim in Burbach
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Foto: dpa, fg jhe

Die FDP will von Jäger vor allem wissen, seit wann er über die Probleme bei der Unterbringung der Asylbewerber informiert war. Dreh- und Angelpunkt sei ein Projektbericht aus dem Innenministerium zur Flüchtlingsproblematik vom Dezember, sagte FDP-Integrationssprecher Joachim Stamp am Dienstag. In dem Bericht hätten Experten bereits auf einen "dramatischen Engpass" bei der Unterbringung der Asylbewerber hingewiesen. "Doch die Warnungen wurden in den Wind geschlagen, Hinweise der eigenen Projektgruppe übersehen", kritisierte Stamp.

Ein Abgeordneter der NRW-CDU hatte bereits in der vergangenen Woche eine Kleine Anfrage zum Thema Sicherheitsfirmen in Flüchtlingsheimen gestellt. Auch darüber soll am Mittwoch weiter debattiert werden.
Nach den Übergriffen privater Wachleute auf Flüchtlinge war in einzelnen Unterkünften zwar ein neuer Sicherheitsdienst engagiert worden. Die CDU-Fraktion hat aber Zweifel, ob es sich dabei um ein seriöses Unternehmen handelt, das den geforderten Qualitätsstandards der Landesregierung für die Unterbringung entspricht. Auch die Piraten sind in dem Punkt skeptisch.

Offen ist, ob Minister Jäger etwas zum Stand der Ermittlungen sagen wird. Polizisten haben untersucht, ob es noch weitere Vorfälle in Landesunterkünften gab, bei denen private Wachleute als Täter oder Verdächtige auftauchen. "Nichts wird unter den Teppich gekehrt", hatte der Innenminister nach Bekanntwerden der Misshandlungen versprochen.

In Burbach im Siegerland sollen Sicherheitsleute einen Flüchtling gezwungen haben, sich auf eine Matratze mit Erbrochenem zu legen. Das Bild ging ebenso um die Welt wie ein Handyfoto, auf dem zwei Wachleute einen am Boden liegenden Asylsuchenden quälen. Die Opposition warf Jäger daraufhin Mehrfachversagen und Säumnisse bei Kontrollen und der Vorgabe von Standards vor und forderte dessen Rücktritt.

Die Landesregierung steht vor dem Problem, angesichts der stark steigenden Flüchtlingszahlen ausreichend Unterkünfte aus dem Boden zu stampfen, in diesen aber auch Mindeststandards einer menschenwürdigen Unterbringung zu garantieren. Am kommenden Montag hat die Landesregierung deswegen zu einem Flüchtlingsgipfel nach Essen geladen.

(RP/lnw)
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