Düsseldorf Sympathiewelle nach Hetze gegen Restaurant: "Griechenland, Ja Bitte"

Düsseldorf · In dem anonymen Schreiben, das das Restaurant "Platon" in Hassels erhalten hat, werden der Inhaber und Griechenland heftig beschimpft. Doch nach einem Beitrag bei Facebook erfährt die Familie eine große Welle der Empathie.

 Restaurant-Inhaber Theodoros Doras und seine Familie sind entsetzt über das Schreiben.

Restaurant-Inhaber Theodoros Doras und seine Familie sind entsetzt über das Schreiben.

Foto: Hans-Jürgen Bauer

Der Brief, den Christina-Maria Dora am Dienstag aus dem Postkasten des griechischen Restaurants "Platon" fischte, erschien gewöhnlich. Er war korrekt adressiert, ausreichend frankiert - nur der Absender fehlte. Als die 26-Jährige das Kuvert öffnete, wusste sie, warum der Schreiber seine Identität verbarg. Mit seinem Brief hat er gleich mehrere Straftatbestände erfüllt. Er hat die Inhaber-Familie stark verunsichert - aber ungewollt auch eine Welle der Empathie losgetreten.

Bereits seit 1983 gibt es das "Platon" in Hassels, eine kleine Institution. Inhaber Theodoros Doras hat schon viele bekannte Gäste bewirtet, und Christina-Maria Dora ist in dritter Generation in dem Familienbetrieb tätig. So etwas wie jetzt hat die Familie noch nie erlebt. Der Brief, der eine Zäsur bedeutet, beleidigt das griechische Volk, die griechische Regierung und die Inhaberfamilie. Dort ist von "Südländerfaulenzern" die Rede, vom "unfähigen Drecksgriechenland". Die Regierung sei eine "Horde von ungehobelten und manierlosen Pennern".

Der anonyme Autor kündigt an, keine "griechischen Waren" mehr zu kaufen und das Restaurant "Platon" nicht mehr zu betreten. Er wolle "den Griechen" nicht weiter "ihr faules und bequemes Leben" ermöglichen. Als sparsamer und fleißiger Deutscher wolle er nicht dafür aufkommen, dass andere "in der Sonne liegen". Seine Schlussfolgerung: "Verkauft doch Eure Waren besser nicht mehr an die ,Scheißdeutschen', sondern macht Euch auf zurück in Euer korruptes, stinkendfaules und total unfähiges Drecksgriechenland".

Christina-Maria Dora und ihre Cousine Pandora (30) sitzen einen Tag später an einem Tisch in ihrem Restaurant und schauen fassungslos. Sie sind in Deutschland geboren, aufgewachsen, zur Schule gegangen. Sie arbeiten hier, haben Angestellte, zahlen Steuern, sprechen perfektes Deutsch. Sie sind Deutsche. "Es ist irre, dass wir das betonen müssen", sagt Pandora.

Sie finden es traurig, dass der Autor des Briefes, der ja anscheinend regelmäßig Gast im "Platon" war, nicht den Mut aufbrachte, ein Gespräch mit der Familie zu suchen. "Feige ist der", sagt Christina-Maria Dora. "Schade, dass es so etwas gibt." Sie vermutet den Ursprung für solches Gedankengut auch in "Hetzkampagnen" von Boulevard-Medien. Erst kürzlich hätte die "Bild"-Zeitung ihre Leser dazu aufgerufen, sich symbolisch für ein "Nein" für das Griechenland-Paket im Bundestag zu fotografieren. "Das beeinflusst die Bürger."

Richtig oder falsch?: Klischees über Griechen
11 Bilder

Richtig oder falsch?: Klischees über Griechen

11 Bilder

Die Familie hat zwar keine Anzeige bei der Polizei erstattet, aber dem Schreiber doch das größtmögliche Maß an Contra gegeben. Seitdem Dora einen Beitrag mit dem Brief bei "Facebook" veröffentlicht hat, stehen die Leitungen nicht mehr still. Tausende erklärten sich am Telefon und im Internet mit der verhetzten Familie solidarisch. Als Antwort auf den Brief, der mit den Worten: "Griechenland Nein Danke" endet, schrieben viele: "Griechenland, Ja Bitte". Damit hatten die beiden Cousinen nicht gerechnet. "Da waren wir nicht drauf vorbereitet. Das ist schön, so etwas zu erfahren", erzählt Pandora. Auch überregionale Medien griffen das Thema auf und berichteten über den Hetzbrief an das Restaurant in Hassels. Am gestrigen Nachmittag war sogar der griechische Generalkonsul in das Restaurant gekommen, um sein Mitgefühl auszudrücken.

Die wichtigsten Versprechen im Sparplan der Griechen
Infos

Die wichtigsten Versprechen im Sparplan der Griechen

Infos
Foto: ap

Wie die Familie nun weiter damit umgeht, weiß sie noch nicht genau. Man verspürt einen Schock. Vor zwei Jahren hatte jemand bereits im Restaurant angerufen und die Familie beleidigt. Doch dieser Brief, der feinsäuberlich mit dem Computer getippt wurde, mit einer Briefmarke bei der Post aufgegeben wurde, dieser Brief hat eine andere, bösartigere Qualität. Doch das "Platon" macht weiter. Hilft ja nichts.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort