Erfinderregion Rheinland Aus Düsseldorf in die Welt

Düsseldorf · Junge Unternehmen entwickeln Blitztests zur Diagnose von Lungenentzündung oder umweltfreundliche Akkus - aber auch eine "Marke des Jahrhunderts" verändert sich ständig.

 Markus Kunkels Unternehmen hat neuartige Akkus erfunden, die ohne giftige Inhaltsstoffe wie Blei auskommen.

Markus Kunkels Unternehmen hat neuartige Akkus erfunden, die ohne giftige Inhaltsstoffe wie Blei auskommen.

Foto: Kunkel & Partner

So fangen wahre Erfinder-Geschichten an: In einer Garage im britischen Liverpool dachten vor knapp zehn Jahren zwei Wissenschaftler darüber nach, wie man einen Blitztest zur Diagnose von Lungenentzündung entwickeln könnte. Seit 2009 ist ihr Unternehmen Miacom Diagnostics im Düsseldorfer Life Science Center am Merowinger Platz angesiedelt und ihre Erfindung patentiert. Der nächste Meilenschritt ist bereits geplant: Die Eroberung des amerikanischen Marktes.

"Früher konnten die Erreger von Lungenentzündung nur in einem langwierigen Verfahren nachgewiesen werden", erläutert Geschäftsführer Mirko Stange, "doch Akutkranke, deren Leben in Gefahr ist, haben diese Zeit nicht." Nach jahrelanger Forschung, Entwicklung und erfolgreichen klinischen Studien unter Leitung des Genetikers Walter Freiherr von Stein konnte Miacom ihn vorstellen: Einen Schnelltest, bei dem durch speziell entwickelte Sonden, die die Erbinformation von Bakterien mit Farbstoffen markieren, ein Nachweis direkt in den Atemwegssekreten von Patienten möglich ist.

"Damit kann eine Lungenentzündung innerhalb von 40 Minuten nachgewiesen werden, mit einem mitgelieferten Bausatz ist das in jedem Labor möglich", so Mirko Stange. Der amerikanische Markt sei besonders interessant für das Unternehmen, weil es dort ein starkes Interesse an Schnelldiagnose-Verfahren gibt. "Nutzt man sie nicht, muss man mit Klagen rechnen."

Entwicklungsarbeit aber steckt nicht nur in neuen Produkten: Seit über 70 Jahren steht der Name Rigips für Gipswände ganz allgemein - ähnlich wie Tempo für Papiertaschentücher. 2015 wurde Rigips deshalb zum vierten Mal als "Marke des Jahrhunderts" gekürt. Aber das bedeutet nicht, dass dieses Produkt, das heute unter dem Dach des Unternehmens Saint-Gobain mit Hauptsitz in Düsseldorf hergestellt wird, unverändert auf den Markt kommt. Heute werden Gipsplatten produziert, die Schall und Gerüche schlucken und selbst starker Feuchtigkeit (wie in Schwimmbädern) trotzen.

"Im Wohnungsbau werden heute die Innenwände oft noch aus Stein auf Stein gebaut", erläutert Unternehmenssprecher Martin Büsch. Dabei wollten die Bewohner ihre Wohnung mitgestalten und je nach Lebenssituation verändern. Bei intensiver Marktforschung habe man außerdem erfahren, was eine Innenwand an Eigenschaften mitbringen muss: Sie muss vor allem stabil sein. Der Rest war Materialforschung. Büsch: "Wir haben ein neues Herstellungsverfahren entwickelt und die Rezeptur der Rigipswände verändert."

Nun seien die neuen Innenwände "massiv wie Stein, daran können Sie schwere Sachen befestigen, ohne einen Dübel." Dabei seien die Wände immer noch leicht und bestehen im Kern aus demselben Stoff: Gips, der aus firmeneigenen Steinbrüchen stammt.

Ortswechsel in ein Ingenieurbüro für Bautechnik nach Pempelfort. Beim Unternehmen Kunkel & Partner geht es aktuell um eine der ganz großen Zukunftsfragen: Wie lässt sich elektrische Energie kostengünstig und umweltfreundlich speichern? Überall beschäftigen sich Hochschulen und Techniker mit diesem Problem, das Düsseldorfer Unternehmen glaubt jetzt, die Lösung gefunden zu haben mit einem neuartigen, wieder aufladbaren Zink-Luft-Akku. Das Patent ist bereits angemeldet, Forschungsmittel sind beantragt, eine neue Firma, die 3e Batterie-Systeme GmbH, gegründet. Konkrete Zukunftspläne formuliert Geschäftsführer Markus Kunkel: "Wir sind auf der Suche nach Partnern, um das Produkt möglichst schnell produzieren zu können."

Die neuartigen Akkus verzichten auf giftige Inhaltsstoffe wie Blei, "stattdessen verwenden wir Zinkplatten, die in einem Gehäuse mit einer Luft durchlässigen Membran stecken", erläutert Markus Kunkel. Diese "grüne Technik" habe den Vorteil, sich durch eine hohe Speicherkapazität auszuzeichnen bei vergleichsweise geringen Kosten, erklärt er.

Denkbar sei ihr Einsatz vor allem dort, wo Gebäude über eigene Photovoltaikanlagen verfügen und Strom speichern müssen, ob Privathäuser oder Bürogebäude. In ferner Zukunft könnten möglicherweise auch Elektroautos mit den neuartigen Akkus unterwegs sein, ihr Vorteil: eine hohe Reichweite. Kunkel: "Dafür ist noch viel Forschungs- und Entwicklungsarbeit notwendig." Aber was wäre ein Erfinder ohne Visionen?

(RP)
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