Düsseldorf Ausstellung "Gravity" zeigt punktgenaue Kunst

Düsseldorf · Die Düsseldorfer Maler Birgit Jensen und Piot Brehmer präsentieren im Maxhaus Stadtansichten und "Landungen".

Die erste Frage, die einem in den Sinn kommt und durch "Gravity" begleitet, lautet wie folgt: Sind das unendliche Weiten oder doch genaue Bahnen mit konkretem Hintergrund?

Unter dem Titel "Gravity" zeigt das Maxhaus noch bis Ende Oktober Werke von Birgit Jensen und Piot Brehmer. Künstlerin Jensen malt schwarz-weiße Stadtansichten, die durch extremen Rasterdruck verfremdet sind. Brehmer zeigt "Landungen", wie er die Gemälde selbst nennt, bestehend aus farbigen Punkten vor dunklem Hintergrund. Beide Künstler vereint die Sicht auf vermeintlich existente urbane Situationen.

Birgit Jensen, die an der Hochschule der Künste in Berlin studiert hat, verändert in ihren Stadtansichten die Hausfassaden und die Panoramen durch starke Raster, so dass sich das Auge des Betrachters je nach Standort neu ausrichten muss. Malereien, die aus der Nähe abstrakt wirken, erscheinen, betrachtet aus ein wenig Entfernung, plötzlich sehr konkret.

Dann nämlich öffnet sich der Blick, die gerasterte Stadt wirkt aus der Entfernung wie das Weltall, in dem kalte Sterne glitzern. So ähnlich könnte sich die Welt für Astronauten darstellen. Jensens Bilder scheinen in ihrer Struktur auf Kartographien zu verweisen.

Dabei stellen die Bilder im Maxhaus nur einen Ausschnitt aus ihrem künstlerischen Schaffen dar. Gemein ist all ihren Werken aber ein Interesse an Strukturen, die sowohl in ihren Städte- als auch Landschaftsansichten zu erkennen sind.

Eine zweigeteilte Sichtweise lassen auch die "Landungen" von Piot Brehmer zu, der an den Kunst-Akademien in Karlsruhe und Düsseldorf studiert hat.

Zum einen können seine Lichtpunkte als Landebahnen gesehen werden, wie sie der nächtliche Blick aus dem Flugzeug zeigt. Zum anderen ist auch hier ein Blick möglich, der über die Organisation von Flächen und Farben hinaus auf einen Kosmos verweist, der die Bildbetrachtung in einen unendlichen Raum zu lenken scheint.

Auch deshalb sieht die Leiterin des katholischen Maxhauses, Iris Müller-Nagel, eine religiöse Komponente in den Bildern. Der Mensch würde in der Kunst der Unendlichkeit gegenübergestellt, so Müller-Nagel, und sich in die Weiten integriert sehen.

"Gravity"-Kurator Christian Decker sieht "Energiefelder, meditative Tafeln", die es dem Betrachter ermöglichen, aus der "räumlichen Suggestion in die konkrete Wirklichkeit des Bildes zurückzukehren".

Bei Malerin Birgit Jensen sind es die Raster, die wie gedruckt wirken. Bei Piot Brehmer fällt auf, dass die so akribisch strukturierten Lichter, die beinahe pointillistisch komponiert wirken, an den Seitenrändern der gespannten Leinwände raue Spuren der malerischen Tätigkeit aufweisen. Da läuft mal eine Farbspur den Bildträger hinab, und es scheint, als sei die Anstrengung des Akribischen fast erleichtert aufgegeben worden.

Piot Brehmer hat zahlreiche Variationen dieser "Landungen" gemalt, hunderte kleinformatiger Papierarbeiten sind dabei entstanden. Sie sind so beeindruckend wie die großen Formate, die in der "Gravity"-Ausstellung gezeigt werden.

In den vergangenen Jahren habe er sich wieder anderen Sujets zugewandt, zum Beispiel meisterlich anmutenden "Mädchen"-Porträts oder abstrakten Gemälden, erzählt der Künstler Piot Brehmer. In gewisser Weise ist die Ausstellung für Brehmer also auch eine Rückschau. Für Kurator Christian Deckert ist die Zusammenführung der Künstler Brehmer und Jensen in einer Ausstellung vor allem eine "geglückte Fügung".

Auch wenn die Arbeiten trotz aller Gemeinsamkeiten bei genauer Betrachtung manchen Unterschied erkennbar werden lassen: Jensens Blick wirkt eher kühl beobachtend. Brehmers Blick ist hingegen bei aller Genauigkeit fast staunend, ja romantisch.

(RP)
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