Schmuddelige Straßen im Bahnhofsviertel Eine schlechte Visitenkarte für Düsseldorf

Düsseldorf · Schmuddelige Straßen, Geschäftsleerstände, Stolperfallen auf dem Bürgersteig: Seit Jahren herrscht im Bahnhofsviertel städtebaulicher Stillstand. Hoffnung macht das Ekiso-Projekt, das den öffentlichen Raum aufwerten soll. Ein Rundgang.

 Einen Rundgang durch das Bahnhofsviertel wagen wenige. Stattdessen schlagen Besucher schnurstracks den Weg Richtung Kö und Altstadt ein.

Einen Rundgang durch das Bahnhofsviertel wagen wenige. Stattdessen schlagen Besucher schnurstracks den Weg Richtung Kö und Altstadt ein.

Foto: Endermann

Volkmar Prill tritt aus der Bahnhofshalle auf den Konrad-Adenauer-Platz. Der Geschäftsmann kommt gerade aus Hamburg. Düsseldorf empfängt ihn mit strömendem Regen und Weihnachtssongs aus übersteuerten Boxen. "Jingle bells, jingle bells, jingle all the way." Eine Handvoll Buden und Tannen bilden das Entrée der Landeshauptstadt.

Dahinter fängt das Bahnhofsviertel mit der Drogen- und Trinkerszene inklusive vieler Geschäftsleerstände an. Die Straßen zwischen Hauptbahnhof und Berliner Allee, Immermann- und Graf-Adolf-Straße sind ganz und gar nicht malerisch. Höchstens schlecht gemalt. Weihnachtsstimmung kommt nicht auf. Prill schaut sich um und fällt ein vernichtendes Urteil: "Die Atmosphäre ist bedrückend."

Seit Jahren herrscht im Bahnhofsviertel städtebaulicher Stillstand. Ganz im Gegensatz zur Innenstadt, in der sich ständig die Kräne drehen. Prill ist häufig in der Landeshauptstadt, er hat hier seinen Zweitwohnsitz. Auf die Idee, durch das Schmuddelviertel zu schlendern, kommt er so gut wie nie. Kein Wunder: Auf den Bürgersteigen stolpert man über Röhrenfernseher, Fahrradreste, umgekippte Mülltonnen. Irgendjemand hat einen Staubsauger in einen Beton-Blumenkübel gepflanzt.

Ein paar Modegeschäfte stellen Kartons mit Kleiderbügeln vor die Ladentür. Statt Weihnachtsdeko. Nur wenige Schaufenster sind geschmückt. Ein paar einsame Tannenbäume gibt es auf der Oststraße. Das war's. Man könnte meinen: Im Bahnhofsviertel kommt das Christkind in diesem Jahr nicht vorbei. Und wenn doch, stolpert es vermutlich auf zugemüllten Bürgersteigen und schlägt sich die Knie auf.

"Der Bereich rund um den Bahnhof ist das wenig einladende Tor zur Stadt", sagt Simon Lindecke, der beruflich im Viertel unterwegs ist. "Während die Innenstadt mit dem schicken Kö-Bogen in neuem Glanz erstrahlt, ist hier alles grau in grau", sagt der Versicherungsmakler. Anwohnerin Anna Dietrich vermisst "mehr Grün, Licht, Spielplätze, nette Cafés, einfach mehr Kreatives". Die Straßenbeleuchtung flackert, einige Lampen in den Querstraßen sind ausgefallen. "Im Bahnhofsviertel muss was getan werden", findet Dietrich.

Olga Fryges, die einen Modeladen in der Steinstraße betreibt, schließt sich ihr an: "Kunden von außerhalb wundern sich über die Gegend, weil sie ein ganz anderes Bild von Düsseldorf haben." Derzeit steht ein Baugerüst vor ihrem Geschäft, die Fassade wird renoviert. "Immerhin passiert mal etwas", sagt sie. "Der Zeitpunkt ist allerdings katastrophal für mein Weihnachtsgeschäft."

Hoffnung auf aufgeräumte Straßen macht den beiden Düsseldorferinnen das Ekiso-Projekt, das den öffentlichen Raum aufwerten soll. Das Kürzel "Ekiso" steht für das "Entwicklungsgebiet Innenstadt Süd-Ost". Bereits 2008 ist es vom Rat beschlossen worden. Der Plan: das Quartier schrittweise umgestalten. Die Hauptstraßen sollen zu Verbindungsachsen ausgebaut werden, zu einem mit Lichtspots und Schildern markierten Tor zur Innenstadt.

Dazu ist ein "Kulturbogen", eine kulturelle Route, geplant. Die Immermannstraße, das Zentrum der japanischen Gemeinde in Düsseldorf, soll als internationale Achse markiert werden. Spezielle Beleuchtung, Grünflächen und Bänke soll es geben. Als Schlusspunkt des Prozesses ist die Umgestaltung des unattraktiven Bahnhofsvorplatzes vorgesehen. Die Deutsche Bahn ist Eigentümerin der Fläche. "Die Gespräche sind aber immer noch nicht abgeschlossen", sagt Hans-Jürgen David vom Stadtplanungsamt.

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Foto: Düsseldorf Marketing & Tourismus

Volkmar Prill geht vom Konrad-Adenauer-Platz zurück in die Halle. "Düsseldorf kann zwar keinen Dom an den Bahnhof bauen, aber das verlangt ja auch niemand. Sauberer und aufgeräumter muss es werden, das wäre ein Anfang", erklärt der Hamburger und steigt in die Bahn. Auf die Idee, durch das Bahnhofsviertel zu bummeln, kommt er nicht. Noch nicht.

(RP)
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