Bandenkriminalität Düsseldorfer Polizei beobachtet 2200 Verdächtige

Düsseldorf · Mehr als ein Jahr lang beobachtete die Polizei die Szene im sogenannten Maghreb-Viertel. Die jetzt bekanntgewordenen Ergebnisse sind beunruhigend: Nordafrikanische Straftäter aus dem Bundesgebiet scheinen dort ihre Basis zu haben.

Düsseldorf: Razzia im Bahnhofsviertel
9 Bilder

2015: Razzia im Düsseldorfer Bahnhofsviertel

9 Bilder
Foto: Gerhard Berger

Am Mittwochnachmittag an der Ellerstraße: Etliche Streifenwagen stoppen an der Ecke Linienstraße, Polizisten kreisen eine Gruppe Nordafrikaner ein. Die 15 Männer sollen mit beträchtlichen Mengen Rauschgift zum Straßenverkauf unterwegs gewesen sein. Einsätze wie dieser sind zwischen Minttropplatz und Kettwiger Straße durchaus an der Tagesordnung. In "Klein-Marokko" kennt die Polizei etliche Straftäter. Fast ein Jahr lang sind sie auch durch eine Sonderkommission beobachtet worden.

So hat sich die Kriminalität 2014 in Düsseldorf entwickelt
Infos

So hat sich die Kriminalität 2014 in Düsseldorf entwickelt

Infos
Foto: Bundespolizei

Rund 2200 Männer, überwiegend in Marokko geboren und jünger als 30 Jahre, hat die Polizei in ganz Düsseldorf im Visier. Es sei davon auszugehen, heißt es in einem internen Papier, dass sich innerhalb der Gruppierung immer wieder Personen zusammenschlössen, um gemeinsam Straftaten zu begehen.

Die Rede ist vor allem von sogenannter Straßenkriminalität, von Raub und Taschendiebstahl, vor allem mit dem "Antanz-Trick". Solche Taten hatten sich vor zwei Jahren gravierend gehäuft. Bei der Auswertung der Delikte waren die Beamten immer wieder auf die gleichen Adressen und Personenkreise gestoßen.

Auf diese wurden im Sommer 2014 mehrere Ermittler angesetzt. Für das "Analyseprojekt Casablanca" sollten sie die kriminellen Strukturen in diesem Milieu aufdecken. Im Rahmen der Ermittlungen waren vor einem Jahr bei einer Razzia allein 15 Personen ohne Aufenthaltserlaubnis festgenommen und mehrere illegale Wett-Terminals stillgelegt worden. Auch damals hatte die Polizei Drogen gefunden. Doch der kriminelle Schwerpunkt der Gruppierung, die sich im sogenannten Maghreb-Viertel konzentriert, liegt nach polizeilichen Erkenntnissen im Diebstahlsbereich.

Und nicht nur die hiesigen Täter treffen sich demnach in Oberbilk, um von dort aus in Gruppenstärke in die Altstadt zu ziehen. "Wir treffen immer wieder auch Personen an, die aus anderen NRW-Städten, aus Sachsen oder Niedersachsen anreisen", sagt ein Ermittler. Mit dem "Antanz-Trick" gingen die Männer dann auf Beutezug, indem sie unter Vorspiegelung ausgelassener Partylaune angetrunkenen Altstadtgästen auf die Pelle rückten. Dass die Täter ihre Opfer aus den scheinbar freundlichen Umarmungen nicht mehr loslassen und dabei durchaus rabiat werden, sei keine Seltenheit. Meist sind die Täter nach erfolgreichem Zugriff schneller verschwunden, als die Opfer den Diebstahl bemerken können. Auch dafür kennt die Polizei den Grund: "Es gibt einzelne Clubbetreiber, die ihnen schnelles Abtauchen ermöglichen." Die nordafrikanischen Tätergruppen seien jedes Wochenende in der Altstadt aktiv. Und auch in den S-Bahnen hat die Bundespolizei in den vergangenen Monaten registriert, dass solche Gruppen dort verstärkt auftreten.

Offiziell ist das Casablanca-Projekt zum Jahresende abgeschlossen worden. Aber es wird wohl fortgesetzt. Im Abschlussbericht empfehlen die Ermittler den verstärkten Einsatz von Zivilbeamten und andere Maßnahmen in Klein-Marokko. Sie warnen auch davor, dass die Drahtzieher der Gruppe - die in Düsseldorfer Flüchtlingsheimen gemeldet sind - versuchen, in solchen Unterkünften junge Landsleute anzuwerben.

Das schließt die Flüchtlingsbeauftragte der Stadt, Miriam Koch, zwar nicht aus. Aber sie ist zuversichtlich, dass solche Versuche schnell entdeckt würden. "Dafür sorgen die städtischen und die Mitarbeiter der Wohlfahrtsverbände ebenso wie die ehrenamtlichen Helfer, die in den Einrichtungen arbeiten." Damit Flüchtlinge nicht auf die Verlockungen von schnellem Geld hereinfielen, gibt es laut Koch nur ein Rezept: "Wir müssen die besseren Angebote machen, den Menschen die Möglichkeit geben, sich zu integrieren, zu bilden und sich wohlzufühlen - dann haben Kriminelle keine Chance."

(sg)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort