Neun Verletzte - Ungeborenes getötet Bericht vom Tattag: Explosion am Wehrhahn

Düsseldorf (dto/ap). Von dem unbekannten Attentäter, der am Donnerstagnachmittag vor einem Düsseldorfer S-Bahnhof eine Splitterbombe gezündet hat, fehlt immer noch jede Spur. Dies berichtete Polizeisprecherin Ines Kania am Freitagmorgen auf Anfrage. Wenige Stunden nach dem Sprengstoffanschlag auf den S-Bahnhof "Wehrhahn" in Flingern ist bei der Polizei aus der gleichen Gegend eine Bombendrohung eingegangen. Den Angaben zufolge kam der anonyme Anruf gegen 20.30 Uhr aus einer Telefonzelle in unmittelbarer Nähe des Explosionsorts. Polizei und Staatsanwaltschaft wollen am Freitag um 11 Uhr vor der Presse über den bisherigen Stand ihrer Ermittlungen berichten.

Abtransport einer VerletztenOb zwischen der Drohung und dem Anschlag vom Nachmittag ein Zusammenhang besteht oder ob es sich um einen Trittbrettfahrer handelt, war zunächst unklar. "Wir nehmen die Drohung ernst und sind in höchster Alarmbereitschaft", sagte Polizeisprecher André Hartwich in einem Radio-Interview. Nach dem Anruf wurde die Gegend um den Explosionsort an der Ackerstraße erneut weiträumig abgeriegelt. Auch am Freitag Morgen durch sochen noch immer zahlreiche Polizeibeamte das Gelände und die Hauseingänge in der Umgebung des Explosionsortes. Auch der Bahnverkehr wurde erneut eingestellt. Verkehrsstörungen und Sperrungen

Bei der Explosion einer Splitterbombe sind am Mittwoch gegen 15.05 Uhr am S-Bahnhof Wehrhahn in Düsseldorf-Flingern neun Menschen verletzt worden. Ein Mann und eine hochschwangere Frau schweben auch am späten Abend noch in akuter Lebensgefahr. Das Leben des Ungeborenen konnte nicht gerettet werden, da es von umherfliegenden Splittern im Mutterleib tödlich getroffen wurde. "Es musste operativ entbunden werden", sagte der behandelnde Arzt an der UNI-Klinik. Der 20-Jährigen selbst wurde durch die Explosion ein Bein oberhalb des Knies teilweise abgetrennt. Die Ärzte versuchen zurzeit (Freitag morgen) das Bein zu retten.

Der Sprengsatz war nach ersten Ermittlungen der Polizei auf dem Fußgängerübergang zum S-Bahnhof "Wehrhahn" an einem Geländer befestigt. "Nach den ersten Eindrücken war es ein Sprengsatz mit hoher Splitterwirkung", so Feuerwehr-Sprecher dieter Seiter. Nach Angaben der Polizei hatte die Bombe eine enorme Splitterwirkung. "Wir haben Metall- und Plastiksplitter noch im Umkreis von 100 Metern um den Explosionsort gefunden", sagte Polizeisprecher André Hartwich.

Die Metallsplitter trafen die Fahrgäste vor allem in den Rücken. "Die Schäden durch die Druckwelle sind dagegen gering", sagte Feuerwehrsprecher Dieter Seiter. Die Opfer waren überwiegend Ausländer aus einer Klasse "Deutsch für Ausländer".

Mittlerweile ermitteln neben Bomben-Experten auch die Abteilung Staatsschutz der Düsseldorfer Polizei sowie das Landes- und das Bundeskriminalamt. Der Einsatz vor Ort wird wahrscheinlich noch bis spät in die Nacht dauern. Von den Tätern fehlt bislang jede Spur. Ein Bekennerschreiben oder Hinweise auf einen politischen Hintergrund gibt es nicht.

Blutlache"Es war wie der Knall einer Bombenexplosion", berichtete Kioskbesitzer Robert Schweds. Unmittelbar danach sah Schweds, dessen Kiosk nur ein paar Meter von der Unglückstelle entfernt ist, die Verletzten aus dem S-Bahn-Eingang taumeln. "Die bluteten am Kopf und am ganzen Körper", berichtete er.

Sanitäter schnell zur Stelle

Kurz danach seien die ersten Polizei- und Rettungsfahrzeuge an dem hoch frequentierten S-Bahnhof eingetroffen. Einem glücklichen Umstand ist es zu verdanken, dass sich eine Rettungsstation in unmittelbarer Nähe des Unglücksorts befindet. Ärzte und Sanitäter waren daher sehr schnell zur Stelle.

Die S-Bahn-Station von außenDie nordrhein-westfälische Landesregierung hat den Sprengstoffanschlag in Düsseldorf mit neun Verletzten als "abscheuliche Tat" verurteilt. "Ich bin tief bestürzt über diesen brutalen Anschlag. Wer ihn verübt hat, wollte bewusst Menschen verletzen und töten. Den Opfern, speziell der jungen Frau, die ihr Baby verloren hat, gilt unser tiefes Mitgefühl", sagte der stellvertretende Ministerpräsident Michael Vesper (Grüne) am Donnerstagabend. Vesper hatte sich am Tatort über die Folgen des Anschlags informiert. "Das war ein ganz bewusster Anschlag und nicht eine Unfall oder Zufall.Der Täter hat es bewußt darauf abgesehen Menschen in großer Zahl zu töten", sagte Vesper in der ARD.

Verkehr stark beeinträchtigt

Die Straßen Gerresheimerstraße und die Ackerstraße wurden großräumig gesperrt. Der Zugverkehr zwischen Duisburg und Düsseldorf war für eineinhalb Stunden unterbrochen. Damit wurde auch der Fernverkehr zwischen dem Rheinland und Ruhrgebiet lahm gelegt. Es kam zu erheblichen Verspätungen. Um 16.40 Uhr seien alle Gleise wieder frei gewesen, sagte ein Bahnsprecher. Straßenbahnen und Busse wurden umgeleitet, berichtete ein Sprecher der Rheinbahn AG.

Die Deutsche Bahn AG sieht sich nicht als Ziel des Anschlags: Von Bombendrohungen oder Erpressungsversuchen sei nichts bekannt, auch sei kein Schaden an Bahnanlagen entstanden, sagt ein Bahnsprecher auf Anfrage.

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