Entführungsfall in Hassels Festgenommener und verschwundener Zwölfjähriger kannten sich aus dem Internet

Düsseldorf · Ein zwölfjähriger Junge aus der Schweiz war verschwunden. Nach fast einer Woche findet die Polizei das Kind in Düsseldorf und nimmt einen 35 Jahre alten Mann fest. Die Hintergründe der Entführung erläutert die Schweizer Staatsanwaltschaft auf einer Pressekonferenz.

SEK stürmt Wohnung in Düsseldorf-Hassels
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Vermisster Junge: SEK stürmt Wohnung in Düsseldorf

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Foto: Daniel Bothe

Demnach kannten sich der mutmaßliche Entführer und das Kind. Es hat wohl Kontakt über das Internet gegeben. Das sagt Urs Barthenschlager, Chef der Kriminalpolizei Solothurn: "Die Aussagen von Mitschülern ließen den begründeten Beschluss zu, dass Paul sein Verschwinden über mehrere Wochen geplant hatte. Es gab Hinweise, dass jemand ihm dabei geholfen hatte." Dieser Mann habe in mindestens einem Internetspiel mit Paul Kontakt gehabt. Es handelt sich den Ausführungen zufolge um das Spiel "Minecraft". Der Junge habe dieses Spiel äußerst intensiv gespielt. Wie genau dieses Spiel funktioniert, lesen Sie hier.

Weiter führte Barthenschlager aus, dass der Tatbestand der Entführung gegeben sei - auch wenn der Junge höchstwahrscheinlich freiwillig mitgegangen sei. Bei unter 16-Jährigen reiche es, wenn das Kind in die Umgebung des Entführers transportiert werde. Die Behörden schließen einen sexuellen Übergriff auf den Jungen nicht aus.

Laut Ermittlern hatte der Junge sein Verschwinden geplant, bevor er weggelaufen war. Er habe eine "Strichliste" geführt und die Tage seines Verschwindens gezählt. Dann verdichteten sich die Hinweise, dass ihm dabei jemand geholfen haben könnte.

Motive noch völlig unklar

Über die Motive des 35-Jährige herrsche noch völlige Unklarheit. Auch der Weg nach Düsseldorf ist für die Ermittler noch völlig unklar. Am 18. Juni hatte das Kind mit seinem Fahrrad das Elternhaus verlassen. Noch am selben Tag meldeten die Eltern ihr Kind als vermisst. Das Rad war später verlassen in Gunzgen-Härkingen gefunden worden. Gunzgen liegt Luftlinie 436 Kilometer südlich von Düsseldorf, mit dem Auto sind es 560 Kilometer.

Die Staatsanwaltschaft hatte eine Entführung zunächst nicht ausgeschlossen. Die Polizei im Kanton Solothurn setzte eine Sonderkommission ein. Man habe umfassend mit nationalen und internationalen Partnern - auch BKA und FBI - zusammengearbeitet und sei schließlich auf die Spur des 35-Jährigen und seine Wohnung in Düsseldorf gekommen.

Der Düsseldorfer solle nun einem Haftrichter vorgeführt werden, sagte Bartenschlager. Eine Auslieferung des 35-Jährigen in die Schweiz wird es wohl nicht geben.

Die Ermittler in Solothurn betonten, die Familie werde auch weiterhin betreut. Schon in der Nacht hätten die Eltern ihren Sohn in Düsseldorf wieder in die Arme schließen können. Bartenschlager betonte: "Die Wiedervereinigung war von großer gegenseitiger Freude gekennzeichnet."

Ein Spezialeinsatzkommando hatte die Wohnung des Mannes in der Nacht zu Sonntag gestürmt und den vermissten Jungen in äußerlich wohlbehaltenem Zustand gefunden.

Das SEK war auf Ersuchen der Schweizer Behörden tätig geworden. Diese waren nach intensiven Ermittlungen auf die Wohnung im Stadtteil Düsseldorf-Hassels gestoßen, wo sie den seit dem 18. Juni vermisst gemeldeten Jungen vermuteten.

(felt)
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