Entschärfung in Rath Die wichtigsten Fakten zu Bombenfunden in NRW

Düsseldorf · In Düsseldorf-Rath muss mit großem Aufwand eine Bombe aus dem Zweiten Weltkrieg entschärft werden. Wieso werden immer wieder alte Blindgänger gefunden? Wie läuft eine Entschärfung ab? Wir beantworten die wichtigsten Fragen.

 Eine 5-Zentner-Bombe wurde im November 2014 auf einer Baustelle in Mainz gefunden. Um ein ähnliches Modell handelt es sich nun bei der geplanten Entschärfung in Düsseldorf. (Archivbild)

Eine 5-Zentner-Bombe wurde im November 2014 auf einer Baustelle in Mainz gefunden. Um ein ähnliches Modell handelt es sich nun bei der geplanten Entschärfung in Düsseldorf. (Archivbild)

Foto: dpa, fve htf rho

In NRW unterhält das Land bei den Bezirksregierungen Düsseldorf und Arnsberg jeweils einen Kampfmittelbeseitigungsdienst (KBD). Dessen Mitarbeiter sind an den beiden Standorten in jeweils zwei Teams 24 Stunden in Bereitschaft. Düsseldorf deckt Köln mit ab, Arnsberg zudem die Regierungsbezirke Detmold und Münster. Neben einer Räumung von gefundene Sprengkörpern sind sie vor allem dafür zuständig, bei Bauvorhaben die Grundstücke zu prüfen und vorhandene Kampfmittel zu räumen.

2015 haben die Experten des Kampfmittelbeseitigungsdienstes 1098 Bomben in Nordrhein-Westfalen entdeckt und unschädlich gemacht. Darunter waren 309 Bomben ab einem Gewicht von 50 Kilogramm, den Großteil haben Nebel-, Brand-, Splitter- und kleinere Sprengbomben ausgemacht. 2014 waren es 264 Zentner-Bomben.

2015 wurden acht Bomben direkt am Fundort gesprengt, weil der Zünder in einem schlechtem Zustand war und eine größere Gefahr von ihm ausging. Auch wurden 106 sogenannte "Lochbomben", also Bomben ohne Bezünderung aufgefunden. Bei insgesamt 198 Entschärfungen wurden 213 Zünder entfernt, um die Bomben transportfähig zu machen. Dabei hatten einige Bomben zwei Zünder, sowohl am Kopf, als auch am Heck. In 2015 wurden acht Bomben mit einem chemisch-mechanischen Langzeitzünder entdeckt.

Dass nicht gezündete Bomben aus dem Zweiten Weltkrieg gefunden werden, gehört an Rhein und Ruhr zum Alltag. Dort liegen noch viele Bomben im Boden. Wie viele es genau sind und wo sie liegen, ist unklar. Sicher ist nur, dass sich fast die Hälfte aller alliierten Luftangriffe auf NRW und insbesondere die Rheinschiene und das Ruhrgebiet konzentrierten. Man geht davon aus, dass eine Million Tonnen Explosivstoffe während des Zweiten Weltkriegs über Deutschland abgeworfen wurden. Nach Studien sollen fünf bis 20 Prozent davon Blindgänger gewesen sein.

Dokumentationen darüber, wie viele dieser Sprengsätze während und nach dem Krieg geräumt wurden, existieren nicht. Anhaltspunkte über die Abwurfgebiete der Bomben liefern Aufklärungsfotos der Alliierten, aufgenommen zur Kontrolle der Luftangriffe. Rund 330.000 dieser Bilder werden von den Kampfmittelräumdiensten ausgewertet, um Blindgänger aufzuspüren.

Bombenentschärfung in Düsseldorf: Bilder der Straßen-Sperrung
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So lief die Entschärfung der Bombe in Düsseldorf-Rath

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Foto: Anne Orthen

Diese Blindgänger sind besonders gefährlich, weil sie durch die alterungsbedingte Zersetzung des Zelluloids jederzeit explodieren können. Die Bomben mit Langzeitzünder sollten nicht beim Aufschlag, sondern erst Tage später auslösen. Die Zünder sind chemisch-mechanischer Bauart. Der Schlagbolzen ist durch Zelluloid-Plättchen gesichert. Nach dem Abwurf zerstört eine durch ein Luftrad angetriebene Spindel eine Glasampulle mit Aceton. Das Lösungsmittel zersetzt die Plättchen; die Dauer des Prozesses ist abhängig von deren Anzahl und Dicke.

Rund 20 Millionen Euro pro Jahr investiert das Land laut Experten des NRW-Innenministeriums in die Kampfmittelräumung. Davon werden unter anderem Luftbildauswertung, Entschärfung sowie das Vernichten der Kampfstoffe bezahlt.

In Viersen riss eine Fliegerbombe mit Säurezünder einen riesigen Krater, als sie kontrolliert gesprengt wurde. Der Blindgänger war am 28. August 2012 in der Innenstadt gefunden worden. Ein ähnlicher Fall ereignete sich weniger Wochen danach in München. Die Bombe dort war allerdings mit fünf Zentnern doppelt so schwer wie das Viersener Exemplar. Weil die Bombe ebenfalls mit einem Säurezünder ausgestattet war, entschied man sich für die Sprengung. Bei der Detonation, deren Feuerball kilometerweit zu sehen war, wurden 17 Häuser beschädigt, brennende Strohballen, die zur Dämmung der Explosion eingesetzt wurden, flogen auf umliegende Dächer. Der Sachschaden war enorm. Alleine die Bayerische Versicherungskammer hatte eine Zwischensumme von vier Millionen Euro angegeben.

Die Fünf-Zentner-Bomben gehören zu den gängigsten Modellen, die über Deutschland abgeworfen wurden. Rund zehn Prozent der Bomben hatten die gefährlichen Säurezünder, unter den Blindgängern ist ihr Anteil deutlich höher.

Auf keinen Fall anfassen, stattdessen sofort Feuerwehr oder Polizei informieren.

Nachdem sie unschädlich gemacht wurden, kommen sie in den Munitionszerlegebetrieb in Hünxe. Dort werden die Kampfmittel umweltgerecht entsorgt.

(broo / mso)
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