8000 Menschen in Düsseldorf evakuiert Eine der aufwendigsten Entschärfungen aller Zeiten

In Düsseldorf musste am Donnerstag eine Bombe auf dem Zweiten Weltkrieg entschärft werden. Dem Einsatz war eine aufwendige Planung vorausgegangen. Erst am frühen Morgen entschieden die Experten, den Evakuierungsraum zu vergrößern. 8000 Menschen mussten aus ihren Wohnungen. Ein Bericht vom Tag.

Bombenentschärfung in Düsseldorf: Bilder der Straßen-Sperrung
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So lief die Entschärfung der Bombe in Düsseldorf-Rath

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Foto: Anne Orthen

Sarah Nareike hat eine schlaflose Nacht hinter sich. Noch vor Mitternacht hatte die Feuerwehr die Entschärfung der Fliegerbombe angekündigt, die an der Theodorstraße gefunden worden war. Danach war die Lichtenbroicher Wohnung der jungen Mutter nicht betroffen. Doch dann zog die Feuerwehr ihre Meldung zurück. "Wir müssen die Gefahrengebiete neu berechnen", hieß es. Aber erst am frühen Morgen erfuhr Sarah Nareike dann, dass Hailey (6) nicht in die Schule und Laney (4) nicht in den Kindergarten kann, und dass ihre Wohnung geräumt werden muss. "Die Feuerwehr fuhr durch unsere Straße und sagte das durch."

Christopher Schuster bittet um Verständnis für die Verzögerung. Die sei zum einen der späten Stunde geschuldet gewesen, in der sich eben nicht alles so schnell organisieren lasse wie an einem ganz normalen Arbeitstag. Doch vor allem hatte der Krisenstab, der um 20 Uhr am Mittwochabend zusammengekommen war, die Sicherheit im Blick. "Wir hatten es mit einem Säurezünder zu tun, der durch sein Alter in einem brisanten Zustand war. Das war der dritte in 22 Jahren. Und seit 1995 sind immerhin 89 Bomben in Düsseldorf entschärft worden", sagt Schuster. Die Kampfmittelräumer entschieden deshalb, die Gefahrenzone von einem halben auf einen Kilometer auszuweiten."

Bombenentschärfung in Düsseldorf: Bilder aus der Betreuungsstelle
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Menschen warten in Betreuungsstelle auf Bombenentschärfung

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Foto: dpa, rwe pil

Der 500-Meter-Umkreis war zu der Zeit bereits geräumt. Unter anderem die Gäste des Van der Valk-Airport-Hotels waren in einer Schule untergebracht worden. Doch diese Betreuungsstelle wurde wieder geschlossen, weil sie für den neuen Räumungsbereich zu klein war. Die Feuerwehr brachte die Betroffenen für den Rest der Nacht in der Lobby des Maritim-Hotels unter, wo sie vom DRK versorgt wurden.

600 Helfer sorgten vom frühen Morgen an für die Räumung des neu definierten Gefahrenbereichs, 8000 Personen waren betroffen, darunter 160, die auf Hilfe angewiesen waren. Die Feuerwehr forderte von der Landesbereitschaft zehn Patiententransportzüge an, wenig später rollten die roten Autos aus Remscheid, Solingen, Mönchengladbach und Viersen an, um beim Transport dieser Hilfsbedürftigen zu helfen.

 Die Karte zeigt, in welchem Radius rund um den Fundort der Bombe die Menschen ihre Wohnungen verlassen müssen.

Die Karte zeigt, in welchem Radius rund um den Fundort der Bombe die Menschen ihre Wohnungen verlassen müssen.

Foto: Foto: Feuerwehr

Wilhelmine Rittermeier gehörte dazu. Doch als das Ordnungsamt am frühen Morgen an ihrer Tür läutete, hörten die Mitarbeiter die Rufe der 86-Jährigen nicht. "Zum Glück hatte ich meinen Hausnotruf, den hab' ich gedrückt, und dann haben mich die Malteser abgeholt." Im Bademantel sitzt sie nun mit Marie-Luise Blachut zusammen in der Bahnhofshalle. Die 80-Jährige wusste schon in der Nacht, dass sie von der Räumung betroffen ist. "Meine Tochter hat es um halb vier bei RP Online gelesen und mich gleich geweckt."

Mit Baby Liam auf dem Schoß sitzen Nareike und Thomas Külgen mit ihren Töchtern und die alten Damen nun mit 860 anderen an langen Tischen und warten. Es gibt Kaffee und Tee und für den Nachmittag ist warmes Essen versprochen. Dabei wollten sie doch alle dann längst zuhause sein.

Einen Kilometer entfernt wartet Jost Leisten. Seit 20 Jahren entschärft der 59-Jährige Weltkriegsbomben. Und seit 20 Jahren ärgert ihn, wenn es so lange dauert, bis er endlich an die Arbeit kann. Aber um 13 Uhr werden immer noch Leute auf den eigentlich gesperrten Straßen gesichtet. Und auch eine halbe Stunde später noch. Erst um 14.05 Uhr setzt Leisten die Raketenklemme auf den Säurezünder. Das ist eine Art Feuerwerkskörper, der sich rasend schnell dreht und den Zünder aus der Bombe hebt. Wenn das schief geht, sagt Leisten, "haben wir hier einen zwei Meter tiefen Krater und Splitter, die 1000 Meter weit fliegen können". Aber es geht nicht schief. Um 14.34 Uhr hält Leisten den Zünder in der Hand. Die Bombe ist nur noch ein fünf Zentner schwerer Haufen Schrott. Aber voll mit Sprengstoff. Erst wenn sie auf dem Lkw liegt, gilt sie als sicher.

Um 14.55 Uhr liegt sie dort. Eine der aufwendigsten Bombenentschärfungen in Düsseldorf ist erfolgreich beendet.

(heif)
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