Interview mit Goetz-Ulf Jungmichel "Boot könnte nach China expandieren"

Düsseldorf · Der Boot-Organisator Goetz-Ulf Jungmichel spricht im Interview über die Trends zu Luxusschiffen und führerscheinfreien kleinen Motorbooten.

 Goetz-Ulf Jungmichel, Chef der Messe Boot, vor der Princess 98, der größten Jacht 2015 in Halle 6. Dort laufen derzeit die Aufbauarbeiten.

Goetz-Ulf Jungmichel, Chef der Messe Boot, vor der Princess 98, der größten Jacht 2015 in Halle 6. Dort laufen derzeit die Aufbauarbeiten.

Foto: Schaller,Bernd

Herr Jungmichel, was sind die Trends der Messe Boot 2015?

Goetz-Ulf Jungmichel Die ist zweigeteilt. Auf der einen Seite boomt der Markt mit den ganz großen Jachten und Segelschiffen, die vorwiegend an eine sehr wohlhabende Klientel verkauft werden. Rund 60 glamouröse Jachten und Boote oder Tender sind in Halle 6 dieses Jahr zu sehen. Das Angebot wächst deutlich im Segment ab 20 Metern Länge. Die größten Jachten der diesjährigen Messe sind die von Princess und Sunseeker mit Längen von 30 beziehungsweise 26 Metern.

Was ist dieses Jahr das absolut größte Schiff der Messe?

Jungmichel Die kommt wieder aus dem Hause Princess. Sie ist gut 30 Meter lang und bei Anlieferung durfte sie die 100 Tonnen Gewicht nicht überschreiten. Damit unser Kran sie aus dem Rhein heben konnte, mussten alle Tanks leer gefahren sein, damit die Jacht möglichst leicht wird. Denn mehr als hundert Tonnen darf der Mobilkran aus Sicherheitsgründen nicht heben.

Wie ist das Luxusschiff ausgestattet?

Jungmichel Die Jacht wurde für lange Seereisen konzipiert. Für Eigner und Gäste stehen auf dem Unterdeck fünf Doppelbettkabinen - vier mit eigener Dusche - zur Verfügung, im Heckbereich befinden sich drei Kabinen für sechs Crewmitglieder. Auf dem Hauptdeck gibt es den Innensteuerstand mit Ecksofa, die großzügige Pantry und den Essbereich für acht Personen, der offen in den Salon mit Fensterfront und gläsernen Schiebetüren übergeht. Das Oberdeck mit zweitem Steuerstand außen bietet etliche Sitz- und Liegemöglichkeiten auf bequemen Sofas und Sonnenliegen. Eine absenkbare Badeplattform ermöglicht das einfache Einholen des Beiboots oder eines Jetski. Zwei je 2434 PS starke Dieselmotoren sorgen für eine Höchstgeschwindigkeit von bis 70 Kilometer pro Stunde.

Boot: Yachten kommen in Düsseldorf an
7 Bilder

Boot: Yachten kommen in Düsseldorf an

7 Bilder

Was muss ich denn eigentlich tun, wenn ich diese spezielle Jacht kaufen will?

Jungmichel Die Princess '98, die hier ausgestellt ist, können Sie leider nicht kaufen. Sie ist schon verkauft, an einen Engländer. Wenn Sie das gleiche Modell wollen, müssen sie 7,3 Millionen Euro mitbringen.

Das ist mir ein bisschen viel, ehrlich gesagt. Haben Sie nichts für etwas weniger Geld im Angebot?

Jungmichel Das ist genau der zweite Trend der Messe. Seit einem guten Jahr sind in Deutschland Motorboote bis 15 PS führerscheinfrei. Da bekommen sie für 10 000 Euro schon ein schönes neues Schiff. Das Segment wächst enorm. Was schwächelt, ist der Bereich zwischen Luxus und Kleinboot. Der Markt leidet außerdem an vielen preiswerten Gebrauchtbooten.

Ist die Boot in der Stadt vertreten und umgekehrt?

Jungmichel Zwölf Düsseldorfer Händler bieten in der Blue Motion Lounge in Halle 6 Schmuck, Markenartikel oder Antiquitäten an. Eine große Bindung zu den Düsseldorfern erfährt die Messe zusätzlich durch die Blue Motion Night, einer hochwertigen Netzwerkveranstaltung. Aber auch in der Innenstadt sieht man gut, dass Boot-Zeit ist. In den Schadow Arkaden etwa schwebt derzeit ein Motorboot in der Luft. Und vor allem die vielen Aussteller, die wochenlang hier am Rhein sind, lieben die Düsseldorfer Altstadt. Handel und Gastronomie profitieren von der Boot.

Die Branche erholt sich zwar, spürt aber noch immer die Folgen der Wirtschaftskrise 2008. Welche Märkte könnte die Messe Boot und die Branche als Kompensation erobern?

Jungmichel Brasilien ist ein Markt, der schnell wächst. Das Problem sind dort leider hohe Schutzzölle, die deutsche Exporte verteuern.

Was ist mit China?

Jungmichel China könnte der Markt der Zukunft sein. Es gibt eine riesige Mittelschicht mit guten Einkommen. Leider fehlt den Chinesen heute noch eine Wassersportkultur. Es gibt kaum Infrastruktur, wenige vollständig entwickelte Marinas, und wenig nutzbare Strände. Viele Chinesen können nicht schwimmen.

Könnte es sein, dass es dennoch bald einen Ableger der Düsseldorfer Boot in China gibt?

Jungmichel Das ist durchaus möglich. Wir sind schon nach China gereist und haben Sondierungsgespräche geführt und Marktforschung betrieben. Eine Stadt im Süd-Osten wäre daran interessiert, dass wir ihre Bootsmesse durch unser Know-how zur Marktreife weiterentwickeln.

THORSTEN BREITKOPF FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort