Lange Wartephasen vor Ampeln Bremst die Stadt Düsseldorf Autofahrer absichtlich aus?

In einem ZDF-Beitrag heißt es, Düsseldorf wolle Autofahrer zum Umstieg auf die Bahn erziehen und lasse sie bewusst vor Ampeln warten. Das streiten die Beteiligten auf Nachfrage ab. Klar ist aber: Bus und Bahn haben neuerdings Priorität.

Verkehr in Düsseldorf: Müssen Autofahrer länger vor Ampeln warten?
Foto: Anne Orthen

Eine Äußerung von Oberbürgermeister Thomas Geisel in einem Fernsehbeitrag heizt die Debatte um die Düsseldorfer Verkehrspolitik an. In dem Bericht der ZDF-Nachrichtensendung "Heute" entsteht der Eindruck, dass die Stadt absichtlich Autofahrer vor Ampeln warten lässt, um sie zum Umstieg auf die Bahn zu erziehen - das wäre ein radikaler Schritt. Im Rathaus bestreitet man auf Nachfrage aber, dass es eine solche Anweisung gibt. Richtig sei lediglich, dass Bus und Bahn häufiger Vorrang haben.

Die CDU-Opposition im Stadtrat ist dennoch alarmiert. "Das ist eine von der Verwaltung verordnete Umweltbelastung", sagt Fraktionsvize Andreas Hartnigk. Schließlich entstehen beim Anfahren an Ampeln viele Schadstoffe. Es sei zudem der falsche Weg, Autofahrer zum Umstieg zwingen zu wollen. Stattdessen versäume es das Ampel-Bündnis aus SPD, Grünen und FDP, die Alternativen für die mehr als 200.000 Berufspendler pro Werktag zu stärken.

Stadtspitze verneint eine Verkehrserziehung der Bürger

In dem TV-Beitrag geht es um Strategien verschiedener Städte gegen Luftverschmutzung. Wenn die Belastung durch Stickoxide nicht sinkt, drohen unter anderem in Düsseldorf Fahrverbote für Diesel-Fahrzeuge. Anders als etwa Mönchengladbach setzt Düsseldorf nicht auf eine schadstoffarme "grüne Welle" für Autos auf Problemstraßen, sondern lässt sie immer wieder an Ampeln abbremsen. Dies bestätigt Geisel in dem Beitrag. Die Stadt verfolge dadurch ein mittelfristiges und nachhaltiges Ziel, sagt er. Es gehe darum, "die Menschen zu motivieren, die Bahn eher als das Auto zu benutzen."

Der Bericht lässt allerdings unklar, was damit genau gemeint ist. Geisels Büroleiter Jochen Wirtz bestreitet auf Anfrage unserer Redaktion, dass die Stadtspitze wirklich eine "Verkehrserziehung in Richtung Zukunft" verfolgt, wie es in dem Fernsehbeitrag heißt. "Es geht nicht um Erziehung", sagt Wirtz. Man wolle keine Autofahrer diskriminieren. Im Rathaus hätten bei den Planungen anders als früher Bus und Bahn die Priorität, auch bei der Ampelschaltung. Das sei angesichts der überlasteten Straßen dringend geboten. Dies habe Geisel gemeint.

Auch SPD-Verkehrspolitiker Martin Volkenrath bestreitet, dass Autofahrer absichtlich ausgebremst werden. Man beschleunige durch eine intelligente Ampelschaltung den ÖPNV, auch sonst habe die Förderung von Bus, Bahn und Radverkehr den Vorrang. "Das kann dazu führen, dass Autofahrer an manchen Stellen vielleicht eine Ampelphase mehr brauchen."

Drohendes Diesel-Fahrverbot setzt Politik unter Druck

Das Thema ist innerhalb der Ampel-Koalition heikel. Durch die drohenden Fahrverbote muss Düsseldorf schnell Pläne gegen Luftverschmutzung vorlegen. SPD und Grüne setzen dabei auf eine Verkehrswende, sie würden auch stärkere Einschränkungen für Autofahrer in Kauf nehmen, etwa durch mehr Busspuren. Die FDP will zwar auch Alternativen fördern, pocht aber auf ein "Gleichgewicht" der Verkehrsträger. Daher würde man eine autofeindliche Ampelschaltung auch nicht mitmachen, so Manfred Neuenhaus. "Jeder hat weiterhin das Recht, mit dem Auto nach Düsseldorf zu kommen."

(arl)
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