Düsseldorf Charakter-Casting für die Bürgerbühne

Düsseldorf · 30 Jugendliche buhlen am Schauspielhaus um ein Dutzend Rollen für Inszenierung von Shakespeares "Sommernachtstraum".

 Die Kandidatinnen haben auf der Bühne keine Probleme damit, ihren Gefühlen freien Lauf zu lassen.

Die Kandidatinnen haben auf der Bühne keine Probleme damit, ihren Gefühlen freien Lauf zu lassen.

Foto: Hans-Jürgen Bauer

Mit Neugier und Erwartung im Blick betreten 30 Jugendliche den Proberaum des Schauspielhauses, überwiegend Mädchen. Sie setzen sich im Kreis auf den Boden, legen Jacken und Rucksäcke beiseite. "Schön, dass ihr dem Ruf des Theaters gefolgt seid", begrüßt Joanna Praml die Gruppe. Die junge Regisseurin (35) aus Berlin und Christof Seeger-Zurmühlen, Leiter der neu eingerichteten Bürgerbühne am Schauspielhaus, haben zum Casting geladen. Erstes Projekt ist Shakespeares "Sommernachtstraum" zu Beginn der Spielzeit, ein Verwirrspiel mit vielen dankbaren Rollen. Dafür wollten die Theaterleute gestern nach kurzen Impressionen zehn bis zwölf Mitwirkende finden. Joanna Praml bringt ihre Erwartungen zum Ausdruck: "Es geht nicht darum, den besten Schauspieler für morgen zu entdecken oder ein besonderes Talent rauszufischen. Wir suchen eine interessante Mischung von Charakteren. Eine Gruppe, die zusammenpasst." Zuvor hat sie gesagt, sie fühle sich bei dem Wort Casting unwohl. "Auswahl-Workshop ist mir lieber. Aber auf Casting fliegen die Jugendlichen mehr."

Jetzt werden die Teilnehmer in zwei Gruppen aufgeteilt. Die Regisseurin bittet die Verbliebenen, einzeln vorzutreten und ihren Namen zu nennen: "Und dann erzählt uns, was ihr gerne macht oder gut könnt." Bei etlichen Probanden klappt das recht flüssig und originell. Eva: "Ich mache kreative Sachen und habe oft verrückte Ideen." Daria: "Am besten bin ich im Lachen. Und ich tanze gern, Ballett und lateinamerikanische Tänze." Orlando erklärt, er interessiere sich für Kartenmagie und Hypnose. Finn liebt alles, was mit Gestalten zu tun hat, Greta das Singen, Francis spielt Fußball und tanzt. "Hallöchen, ich bin Laoise", tönt es munter, "ich schwimme gern. Unter Wasser." Tamina hüpft in die Arena, Saita schlägt ein Rad.

Danach wirft die Regisseurin einen Satz in die Runde: "Donnerstags gibt es immer Brot." Den müssen alle aufsagen. Jedem wird eine andere Stimmung vorgegeben: traurig, cool, verliebt, streng, beleidigt, schüchtern, zickig, wütend. Bei dieser Übung sind schon gewisse Unterschiede im Ausdruck zu spüren. Aber wer weiß, was Joanna Praml im Sinn hat? Selbst ein hölzernes Auftreten, das betont sie, sei hier keine Sperre.

Die ersten Teilnehmer werden mit einer Aufgabe entlassen. In der Pause sollen sich kleine Gruppen bilden, die sich unterhalten, um möglichst viel voneinander zu erfahren. Das scheint allen Spaß zu machen, schnell entwickeln sich lebhafte Gespräche. Gelegenheit für eine kleine Fragestunde: Warum bewerben sich die Jungen und Mädchen und opfern für die Proben sogar ihre Ferien? "Weil ich Schauspielerin werden möchte", sagt Frances selbstbewusst. Sie lebte zuvor in Singapur und wirkte im Schultheater schon einmal als Schnauz im "Sommernachtstraum" mit. Eva: "Ich finde das Stück total interessant, weil es eben auch eine Komödie ist." Paula taucht gern in die Welt des Theaters ein: "Das holt mich so schön aus dem Alltag raus."

(RP)
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