Haiyang Feng "Chinesischer Job-Motor fürs Rheinland"

Düsseldorf · Chinas Generalkonsul betont das große Potenzial der Seidenstraßen-Initiative für die Region. Unmittelbar profitiere vor allem die Logistikbranche. Aber auch Tourismus und Kultur würden gefördert. Beispiel: die "Blaue-Container"-Ausstellungsreihe.

Herr Generalkonsul, in Peking findet in der kommenden Woche eine große internationale Konferenz zur Seidenstraßen-Initiative statt. Worum geht es dabei?

Feng Für China ist dieses Forum die wichtigste diplomatische Veranstaltung in diesem Jahr. Wir möchten sie nutzen, um eine Bilanz zu ziehen und zugleich den Blick in die Zukunft zu richten. Seit vor drei Jahren das Projekt einer neuen Seidenstraße zu Wasser und zu Lande vorgelegt wurde, haben mehr als 100 Staaten und internationale Organisationen positiv darauf reagiert, und mehr als 50 Länder haben schon Kooperationsabkommen mit China unterzeichnet. Unsere Direktinvestitionen in den Anrainerstaaten der Seidenstraße erreichten im vergangenen Jahr 14,5 Milliarden Dollar. Chinesische Unternehmen haben bereits in mehr als 20 Anrainerstaaten 56 Wirtschafts- und Handelszonen errichtet. Die dort getätigten Investitionen überstiegen 18,5 Milliarden Dollar. Das brachte den betroffenen Ländern steuerliche Einnahmen von nahezu 1,1 Milliarden Dollar sowie 180.000 neue Arbeitsplätze.

Welche konkreten Auswirkungen hat diese Initiative auf das Rheinland?

Feng Sie hat zum Beispiel Duisburg zu einem der wichtigsten Knotenpunkte im transkontinentalen Liniengüterzugverkehr in Westeuropa gemacht. Schon heute verkehren 25 Züge wöchentlich zwischen dem Duisburger Hafen und verschiedenen Städten Chinas. Der Vorteil: Die Züge brauchen mit 16 bis 19 Tagen vom Lieferanten zum Kunden im Vergleich zum Schiffstransport nur die Hälfte der Zeit. Unser Ziel ist, die Transportzeit auf acht Tage zu reduzieren. Außerdem besteht für die Zusammenarbeit im Bahnbereich noch großes Potenzial.

Was meinen Sie damit?

Feng In den kommenden Jahren ist ein erheblicher Zuwachs im Gütertransport von China nach Europa direkt über Duisburg geplant. Darüber hinaus wird China als bedeutendster Markt für E-Commerce künftig auch die Transportlogistik antreiben. Das alles entwickelt sich natürlich als Job-Motor für die Region: Direkt und indirekt sind heute in Duisburg rund 45.000 Arbeitsplätze vom Hafen abhängig - 26.000 mehr als im Jahr 2000. Zudem sind in den öffentlichen Häfen mehr als 300 Unternehmen ansässig, und 2016 sind dort durch Neuansiedlungen 1000 neue Stellen entstanden.

Wirkt sich die Seidenstraße auch jenseits der Logistikbranche auf Firmenansiedlungen aus?

Feng Die Antwort ist ein klares Ja! Ein Beispiel ist der chinesische Marktführer im Bereich der Windenergie, NGC. Das Unternehmen hat Duisburg nicht zuletzt aufgrund des neuen Liniengüterzugverkehrs als Standort für seine Europazentrale gewählt. Es beschäftigt derzeit mehr als 70 Mitarbeiter und plant, in naher Zukunft weiter zu wachsen. Vorgesehen ist dabei, die Duisburger Niederlassung als Design-, Ausbildungs- und Dienstleistungszentrum in Europa zu entwickeln. Zudem wird auch die Zusammenarbeit in den Bereichen wie Bildung, Tourismus, Kultur gefördert. Im letzten Jahr wurde etwa eine große Veranstaltungsserie mit dem Namen "Blaue Container der neuen Seidenstraße" in Düsseldorf eröffnet. Parallel zu der Eisenbahnstrecke werden in diesem Rahmen internationale Veranstaltungen des Kultur- und Wirtschaftsaustausches in den Anrainerstaaten durchgeführt.

Das hört sich ja sehr gut an. Kritiker vermuten hinter dem Konzept der neuen Seidenstraße aber vor allem auch den Versuch Chinas, seinen politischen Einfluss auszubauen. . .

Feng Kritische Stimmen wird es immer geben, und das ist auch gut so. Und selbstverständlich verfolgt China auch seine eigenen Interessen. Welches Land tut das nicht? Aber es geht primär auch um die Vertiefung der Zusammenarbeit sowie um die Verflechtung der Kulturen und die Erhöhung des Wohlstandes entlang der Seidenstraße - warum sollte dies dann nicht auch im Interesse Chinas sein? Wir sollten die Idee einer neuen Seidenstraße als Win-win-Situation für alle beteiligten Länder sehen. Wir erleben eine Zeit der Krisen: Terror, Kriege und die Flüchtlingsströme, zudem eine schrumpfende Weltwirtschaft. Kaum ein Land auf der Welt hat noch den Willen und den Mut, für die Zukunft zu denken oder zu handeln. Die chinesische Idee einer neuen Seidenstraße kann daher auch als eine hoffnungsvolle Antwort für dieses neue Zeitalter gesehen werden, und genau aus diesem Grund wird diese Initiative von immer mehr Ländern der Welt begrüßt.

MATTHIAS BEERMANN STELLTE DIE FRAGEN.

(RP)
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