Michael Mandel Commerzbank plant kleine City-Filialen

Düsseldorf · Der Privatkundenvorstand des Instituts spricht über den vorgesehenen Stellenabbau und das Image seiner Branche.

 Commerzbank-Vorstand Michael Mandel will am Filialnetz mit 1000 Standorten festhalten.

Commerzbank-Vorstand Michael Mandel will am Filialnetz mit 1000 Standorten festhalten.

Foto: Andreas Bretz

Herr Mandel, welche Bedeutung hat der Standort Düsseldorf innerhalb der Commerzbank?

Mandel Wir haben in diesem Jahr unseren 100. Geburtstag in Düsseldorf am Rhein gefeiert. Beide Vorläuferinstitute, die Dresdner Bank und die alte Commerzbank, waren hier traditionell sehr stark vertreten. Heute betreuen wir 200.000 Kunden in der Region Düsseldorf. Aufgrund der Besonderheit Düsseldorfs ist unser Wealth Management, also die Betreuung vermögender Kunden, hier am Rhein sehr ausgeprägt.

Sie bauen 9600 Stellen ab, wie viele davon in Düsseldorf?

Mandel Wir haben uns entschlossen, keine regionalen Zahlen öffentlich zu kommunizieren. Für den Konzern stimmt die Zahl von brutto 9600 Stellen. Wir investieren pro Jahr einen dreistelligen Millionenbetrag in die Digitalisierung. Das hat natürlich auch Auswirkungen auf die Stellenzahl. In dem Segment, das ich verantworte, also das Privatkundengeschäft, die Freiberufler und die Unternehmen mit bis zu 15 Millionen Euro Umsatz, gibt es kaum einen Abbau an den Kundenschnittstellen. Wir wollen Kunden gewinnen, das geht nicht, wenn wir an Beratung und Service sparen.

Wie viele Mitarbeiter werden betriebsbedingt gekündigt?

Mandel Ich hoffe ehrlich gesagt, dass wir auf betriebsbedingte Kündigungen verzichten können. Wir haben mit den Arbeitnehmervertretern einen umfangreichen Sozialplan verhandelt. Ein Bestandteil sind die Altersinstrumente. Die Mitarbeiter der Töchter im Privatkundengeschäft sind von dem Stellenabbau dagegen nicht betroffen. Dazu gehören auch die Beschäftigten unserer Tochter Commerz Real in Düsseldorf.

Sie beteuern, keine Filialen abbauen zu wollen. Wie soll das gehen?

Mandel Wir werden an unserem Filialnetz mit rund 1000 Standorten in Deutschland festhalten. Hinzu kommen 105 Wealth Management-Standorte und 330 Niederlassungen für die Betreuung der Unternehmenskunden.

Aber die Bankkunden gehen kaum noch in Filialen, machen alles am Automaten, per App oder online.

Mandel Da kennen Sie die Kunden schlecht. Pro Tag besuchen rund 450.000 Menschen unserer Filialen. Unsere Strategie sieht aber Veränderungen im Leistungsangebot der Filialen vor. Ein Konzept ist die City-Filiale. In ihr arbeiten künftig zwei oder drei Mitarbeiter.

An diesen Zwergfilialen sind Volksbanken und Sparkassen schon vor Jahren gescheitert, weil dann, wenn einer krank wurde oder zur Toilette musste, aus Sicherheitsgründen die ganze Filiale schließen musste...

Mandel Lieber eine kleine Filiale als keine Filiale. Hier bekommen unserer Kunden mehr als 90 Prozent ihrer täglichen Wünsche erfüllt. Die eher komplexen Beratungsleistungen, wie die Anlageberatung, bieten wir konzentriert in den großen Flagshipfilialen an. Und was die Vertretungsregelung betrifft: Das Thema haben wir berücksichtigt. Wir haben zweieinhalb Jahre intensiv an diesem Konzept gearbeitet. Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht.

Aber alle reden doch von der Digitalisierung...

Mandel Banking ist nicht nur digital. Banking ist digital und persönlich. Entscheidend ist das Nutzungsverhalten der Kunden. Darauf müssen wir eingehen. Und die meisten Kunden wollen beides: Die App und die persönliche Beratung. In den kommenden Jahren werden aufgrund von Schließungen bis zu 30 Millionen Deutsche ihre Filiale verlieren. Denen sagen wir: Kommt zu uns! Wir wollen wachsen. Das geht nur, wenn wir von unseren Wettbewerbern Kunden gewinnen. In unserem stagnierenden Markt geht Wachstum nur durch Verdrängung.

Und was ist mit den Filialen auf dem Land?

Mandel Wir haben eine breite Flächenpräsenz. Das heißt aber nicht, dass jeder Ort eine Commerzbank-Filiale haben wird. Und unser Konzept funktioniert. Die Commerzbank hat heute mehr als neun Millionen Kunden in der Filialbank. Das sind im Durchschnitt deutlich mehr als 9000 Kunden pro Filiale. Und das sind dreimal so viel wie im Branchendurchschnitt.

Sie haben mit der comdirect ein ähnliches Konkurrenzprodukt im eigenen Haus. Beide werben mit Online-Angebot und kostenlosem Konto. Kannibalisieren Sie sich nicht selbst?

Mandel Wir heben die Synergien im Hintergrund. Aber warum beide Unternehmen zusammenlegen? Das sind zwei starke Marken. Beide wachsen. Warum sollten wir den Kurs ändern? Wir müssen ja nicht die schlechten Erfahrungen anderer wiederholen. Außerdem: Ich kenne sehr erfolgreiche Konzerne mit einer Mehrmarkenstrategie. Entscheidend ist immer das Ergebnis.

General Motors ist aber etwa mit seiner scheinbaren Markenvielfalt grandios gescheitert. Warum nicht daraus lernen?

Mandel Die Marktforschung lehrt uns: Über den Erfolg entscheidet nicht der Geschmack des Vorstandes, sondern ob wir mit unserem Angebot den Nerv des Kunden treffen. Und die Kunden entscheiden sich bewusst für eine der beiden Marken. Kunden der comdirect machen sehr viel selbst, sie interessieren sich vor allem für das Wertpapiergeschäft. Die Commerzbank bietet Kunden dagegen ein Rundum-Paket. Außerdem ist die comdirect auch eine Art Schnellboot, mit dem wir innovative Dinge einfach mal testen können.

Also so wie Smart im Daimler-Konzern?

Mandel (lacht) Das kommentiere ich nicht. Nur so viel: Die comdirect ist eine tolle Bank!

Machen Fintechs wie Auxmoney Ihnen den Rang streitig?

Mandel Es gibt viele interessante Fintechs. Einige kaufen wir, manche gründen unsere Mitarbeiter selbst. Aber wir sollten bei allem Start-up-Hype die Kirche im Dorf lassen. Das von ihnen genannte Unternehmen hat ein Kreditvolumen, das unsere Filialen binnen weniger Tage machen.

Der Wettbewerb steigt. Fehlt nicht eigentlich nur die Bank, die einen Kontowechsel ermöglicht, der den Kunden keine aufwändige Post wegen Lastschriften und Überweisungen beschert?

Mandel Sie sind schlecht informiert, das haben wir bereits. Soll ich es Ihnen zeigen? Holen Sie ihr Smartphone und in wenigen Minuten begrüße ich Sie persönlich als neuen Commerzbank-Kunden.

Klingt gut, ändert aber nichts daran, dass das Image Ihrer Branche im Eimer ist. Die stolzen Banken von einst bekommen heute kaum noch Lehrlinge. Was tun Sie dagegen?

Mandel Die Bankenwelt ist nicht statisch. Wir brauchen heute zum Teil andere Leute als vor 20 Jahren. Dem tragen wir Rechnung. Zum Beispiel haben wir ein internationales digitales Trainee-Programm aufgelegt. Die Nachfrage ist groß.

THORSTEN BREITKOPF FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

(RP)
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