Düsseldorf Daimlerwerk braucht neue Aufträge

Düsseldorf · Daimler hat beschlossen, die Produktion des Sprinter für den US-Markt nach Nordamerika zu verlagern. 1800 Jobs stehen vor dem Aus. Der Betriebsrat und die IG Metall wollen weiter verhandeln und hoffen noch auf weitere Aufträge zur Rettung der Jobs.

 Das Werkstor von Mercedes. Manche Mitarbeiter hoffen, Daimler könnte ein weiteres Modell als zweites Standbein in Düsseldorf bauen.

Das Werkstor von Mercedes. Manche Mitarbeiter hoffen, Daimler könnte ein weiteres Modell als zweites Standbein in Düsseldorf bauen.

Foto: Andreas Bretz

Der Dienstag dieser Woche war der gefühlt schwärzeste Tag in der Geschichte des Düsseldorfer Mercedes-Werks. Der Vorstand des Autobauers in Stuttgart hat entschieden, dass die Produktion des Transporters Sprinter für den US-Markt von Düsseldorf nach Nordamerika verlegt wird. Zusammen mit dem Wegfall der Auftragsfertigung des Baugleichen Crafter für VW verliert das Werk damit rund ein Drittel seiner Aufträge.

Eine von drei Schichten könnten überflüssig werden, 1800 der 6500 Arbeitsplätze wären dann rechnerisch gefährdet, davon 1200 aus der Daimler-Stammbelegschaft und wohl 400 weitere von Leiharbeitsfirmen. Und während die Stimmung bei den Mitarbeitern diese Woche von verstimmt bis verzweifelt reichte, geben sich IG Metall und Betriebsrat verhalten optimistisch. Ihr Ziel ist es, die 1800 Arbeitsplätze doch noch zu retten.

"Es ist ja nicht undenkbar, dass Daimler seine Entscheidung noch mal rückgängig macht", sagt Betriebsratsvorsitzender Thomas Weilbier. Aber ist es auch realistisch? Weilbier will seinen Kollegen Hoffnung machen. Und mit der IG Metall will er weiter mit Daimler verhandeln. Auch Daimler ist zu Gesprächen bereit. Doch lässt der Duktus der Daimler-Manager nicht gerade erkennen, dass es bei diesen Gesprächen um eine Rettung der Arbeitsplätze geht, sondern vielmehr um eine geordnete Abwicklung. "Fortsetzung der Gespräche mit den Arbeitnehmervertretern zur konkreten Ausgestaltung der Übergangsphase im Werk Düsseldorf" heißt der Abschnitt in der Pressemitteilung wörtlich. Doch Übergangsphase ist nicht das, was die Betriebsräte wollen.

Hoffnung schöpfen können die Mitarbeiter des Daimlerwerkes trotzdem. Denn es gibt Chancen, die Auslastung des Werkes auch ohne die US-Sprinter zu erhalten. So wird hinter vorgehaltener Hand darüber gesprochen, Daimler könnte die Produktion eines anderen Fahrzeugs zusätzlich zum Sprinter nach Düsseldorf holen. Konkret dürfte dabei wohl an neue Transporter-Formate gedacht werden, die Daimler in Planung hat. So halten sich hartnäckig Gerüchte, Mercedes könnte einen Pickup mit Ladefläche auf den Markt bringen. Dieser könnte in Düsseldorf gebaut werden. Doch noch ist unklar, wann und in welcher Form das Fahrzeug fertig wird.

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Ein zweiter Hoffnungsschimmer für die Daimler-Arbeiter ist ausgerechnet der US-Markt. Denn dieser wächst schneller als andere. So wäre es möglich, dass trotz der künftigen Fertigung in den USA Düsseldorfer Fahrzeuge in den Export nach Amerika gehen. Denn das Hauptargument von Daimler greift bei bestimmten Fahrzeugen ins Leere.

Daimler begründet die Verlagerung unter anderem damit, dass auf Transporter in den USA hohe Schutzzölle erhoben würden. Um die zu umgehen, werden die Fahrzeuge für den Transport zerlegt und später wieder zusammengebaut, was fast 3000 Euro je Auto kostet. Doch für Sprinter-Modelle mit Fenstern und Sitzen gilt dieser Schutzzoll nicht. Sie gelten als Busse und können ohne Strafe oder Demontage in die USA eingeführt werden. Außerdem ist es möglich, dass der US-Markt so schnell wächst, dass die Kapazitäten des neuen geplanten Werks nicht ausreichen, und Daimler deshalb trotzdem bestimmte Mengen an Fahrzeugen von Düsseldorf aus liefert.

Die nächste Hoffnung ruht auf einer möglichen Ausweitung der Produktionstiefe im Düsseldorfer Werk. Teile, die heute fertig geliefert werden, könnten vor Ort in Düsseldorf selbst gebaut werden. Allerdings ist das die schwächste Säule der Hoffnung. Denn bei Daimlers Sprinter gibt es im Vergleich zu den Fahrzeugen der Konkurrenz bereits eine ungewöhnlich große Fertigungstiefe. So werden sogar die Auspuffanlagen in Düsseldorf verarbeitet. Am wenigsten realistisch ist übrigens die Idee, in Düsseldorf einfach Pkw zu bauen. Das Werk ist seit den 1960er Jahren auf den Bau von Nutzfahrzeugen ausgerichtet.

(RP)
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