Düsseldorf Daimler prüft Verlagerung in die USA

Düsseldorf · Die 6500 Mitarbeiter des Sprinter-Werks sind in Sorge. Offenbar könnten Fahrzeuge für Nordamerika bald auch dort produziert werden. Möglicherweise bedeutet das einen Job-Abbau in Düsseldorf. Noch ist aber nichts entschieden.

 Jeder achte Sprinter aus Düsseldorf wird heute nach Nordamerika exportiert. Daimler ist der größte industrielle Arbeitgeber der Stadt. rp-foto: andreas endermann

Jeder achte Sprinter aus Düsseldorf wird heute nach Nordamerika exportiert. Daimler ist der größte industrielle Arbeitgeber der Stadt. rp-foto: andreas endermann

Foto: Endermann, Andreas (end)

Das Düsseldorfer Daimler-Werk ist erfolgsverwöhnt. Seit Jahren produziert es im Drei-Schicht-Betrieb an der Kapazitätsgrenze. Dank des boomenden Internetversandhandels brummt auch das Geschäft mit den Transportern vom Typ Sprinter. Wir geben Antworten auf Fragen zu der neuen Produktionsstrategie.

Was ist der Hintergrund? Heute baut Daimler in Düsseldorf alle geschlossenen Sprintermodelle. Mehr als zwölf Prozent oder 23.000 Stück werden in die USA verkauft, und der dortige Markt wächst überproportional. Doch gibt es ein Problem. Die USA erheben einen Schutzzoll von 25 Prozent auf Nutzfahrzeuge. Um den zu umgehen, werden die Sprinter nach Fertigstellung in Düsseldorf wieder zerlegt, als Einzelteile verschifft und dadurch zollfrei in die USA eingeführt. Doch das Verfahren ist teuer, die Konkurrenz baut vielfach schon heute in den USA (oder Mexiko und Kanada, die eine Zollunion bilden). Aus dem Betriebsrat heißt es, Daimler prüfe nun die Verlagerung der Produktion von Sprintern für Nordamerika nach Übersee. Das würde auch eine schnellere Lieferung ermöglichen. "Die USA sind nach Deutschland der mittlerweile zweitgrößte Absatzmarkt für unsere Sprinter. Grundsätzlich geht es uns darum, die Position des Sprinters auch in wichtigen Wachstumsmärkten weiter auszubauen", sagt Daimler-Werksleiter Martin Kelterer.

Wie viele Stellen sind in Düsseldorf in Gefahr? Genau und ob überhaupt kann das heute bei Daimler und auch bei den Gewerkschaften niemand sagen. Im Internet kursiert die Zahl von 1200 Stellen der zurzeit 6500, die gefährdet sein könnten. Doch halten Experten aus der Autobranche diese für zu hoch.

Wird eine Schicht gestrichen? Zurzeit produziert das Sprinter-Werk im Dreischicht-Betrieb praktisch rund um die Uhr. Doch die dritte Schicht ist für Daimler wegen hoher Nachtzuschläge sehr teuer. Ohnehin ist sie für Spitzenzeiten vorgesehen. Sollten in Düsseldorf bald etwa durch eine Verlagerung in die USA weniger Fahrzeuge gebaut werden, könnte man zum Zweischicht-Betrieb übergehen.

Was sagt Daimler zum Standort Düsseldorf? Im Interview mit unserer Redaktion sagte der Düsseldorfer Werksleiter Martin Kelterer: "Das Düsseldorfer Daimlerwerk ist und bleibt integraler Bestandteil Düsseldorfs. Wir stehen klar zum Werk Düsseldorf und werden in großem Umfang in den Standort Düsseldorf investieren." Laut Betriebsratsvorsitzendem Thomas Weilbier gehe es um einen dreistelligen Millionenbetrag.

Was sagt die Gewerkschaft? Laut Düsseldorfs IG-Metall-Chef Nihat Öztürk führen die Gerüchte zu einer Verunsicherung der Belegschaft. "Wir sind alarmiert, schließlich ist Daimler mit Abstand der wichtigste industrielle Arbeitgeber Düsseldorfs - noch vor Henkel und SMS."

Wie geht es nun weiter? Am Freitag informierten die Geschäftsleitung und der Stuttgarter Daimler-Produktionschef Frank Klein in einer vorgezogenen Belegschaftsversammlung die Mitarbeiter. Gegen Jahresende wird eine Entscheidung erwartet. Konkret betreffen die Planungen aber wohl erst den Sprinter der nächsten Generation nach 2018.

Hat das Ende der Kooperation mit VW mit den Plänen zu tun? Laut Werksleiter Kelterer nicht. Er hat mehrfach betont, die freiwerdenden Kapazitäten würden für Daimler-Modelle gebraucht. Zurzeit fertigt Mercedes in Düsseldorf auch den Sprinter-Konkurrenten VW Crafter. VW baut ab 2016 aber ein eigenes Modell in einem neuen Werk in Polen.

(RP)
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