Analyse des Bau-Booms in Düsseldorf Das "Dicke-Hose-Dorf" weckt Neid und Häme

Düsseldorf · Der Bau-Boom in der City im Sog des Kö-Bogens wird bundesweit mit großem Interesse verfolgt. Aber es melden sich auch Kritiker zu Wort und warnen vor weiterer Ausweitung von Luxus-Einkaufsflächen. Und die Libeskind-Architektur halten nicht alle für einzigartig.

 Der Kö-Bogen vom Hofgarten aus gesehen. Kritikern gefällt nicht, dass Libeskind die Fassade ähnlich gestaltet hat wie die des jüdischen Museums in Berlin.

Der Kö-Bogen vom Hofgarten aus gesehen. Kritikern gefällt nicht, dass Libeskind die Fassade ähnlich gestaltet hat wie die des jüdischen Museums in Berlin.

Foto: Andreas Endermann

Das gigantische Monopoly-Spiel in Düsseldorfs City-Herz mit sehr vielen Millionen aus echtem Geld wird in der bundesweiten Szene für Gewerbeimmobilien mit Bewunderung, Neid, Häme und Verblüffung beobachtet.

In keiner der Metropolen wird derzeit so viel Geld investiert wie in der NRW-Landeshauptstadt: Rund 60 Millionen zahlen Kaufhäuser und Geschäfte rund um den Kö-Bogen für Modernisierung, Um- und Ausbau, hat Andreas Siebert von Jones Lang LaSalle in der Rheinischen Post vorgerechnet— eine Zahl, die die Immobilienzeitung in ihrer neuesten Ausgabe aufgriff und zum Anlass für eine Betrachtung dieser ungewöhnlichen Sonderkonjunktur nahm.

Wobei den Experten offenbar entgangen ist, dass — abgesehen von diesen Investitionen der Nachbarn — neben der reinen Bausumme für das Gebäude (300 Millionen Euro) nochmals 70 Millionen für dessen Innenrichtung und Gestaltung bezahlt werden. Und die Stadt lässt sich die Untertunnelung des Areals ebenfalls viel Geld kosten: 200 Millionen kostet es, den Verkehr dieser Nord-Süd-Achse unter die Erde zu legen.

Viel Geld also, weit mehr als eine halbe Milliarde Euro — das erweckt Interesse, aber auch Missgunst und Skepsis, wie man zwischen den Zeilen der Beiträge liest. Schon die Überschrift der Immobilien Zeitung zeigt, welche Denke dahinter steckt: "Das Dicke-Hose-Dorf rüstet auf" nennt das Blatt seine Betrachtung , die aber auch nur aufzählt, wer wo und in welchem Umfang baut — in Zugzwang, weil der neue Einkaufsgigant auch eine neue Mitte setzt. "Umleitung der Passantenfrequenz" heißt das im Branchen jargon, und gemeint ist eine Verlagerung der Schwerpunkte an der Kö.

Dass deren Glanzseiten Flecken bekommen könnte, macht man ausgerechnet an Aldi fest: Der Discounter baut sich tatsächlich derzeit eine Filiale mit Adresse Königsallee. Allerdings an deren äußerstem, südlichen Ende — ein Areal, das zwar die Adresse, aber sonst nicht viel gemeinsam hat mit der entgegengesetzten Seite. Für den Discounter dennoch eine Top-Lage wegen benachbarter Büro- und Wohnstraßen. Das jedoch scheinen die Betrachter des Branchenblattes so nicht zu wissen.

Bemerkenswert jedoch ihr Hinweis, die Ausweitung von zusätzlicher Luxus-Einkaufsfläche stoße an Grenzen. Das ist zumindest bedenkenswert, denn auch in diesem Segment dürfte der Kuchen nicht größer werden. Mit anderen Worten: Was die Kunden im Kö-Bogen ausgeben, fehlt den Mitbewerbern.

Dass der Libeskind-Bau zwar spektakulär, aber nicht unumstritten ist, vermerkt die "Welt am Sonntag" in ihrer aktuellen Ausgabe. Verglichen mit anderen Kaufhaus-Gebäuden Düsseldorfs (Sevens, Stilwerk, Kaufhof an der Kö) sei das Neue "ein Rückschritt", im Grunde sei "der Kö-Bogen eine grobe Kopie des jüdischen Museums in Berlin", ebenfalls einem Werk des Architekten Daniel Libeskind. Auf jeden Fall sind die Parallelen in der Fassaden-Gestaltung nicht zu übersehen, insgesamt vermittele das Gebäude "den Eindruck eines hermetischen, sich der Umgebung verschließenden Monolithen."

So oder so wird das Interesse an diesem Projekt nicht nachlassen. Zumal ein weiterer Paukenschlag bald folgt: Wenn Apple seinen Flagshipstore eröffnet, wird das ein gewaltiges Spektakel sein.

(RP)
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