Interview mit Dieter Thomas Heck "Das Kind ist toll — da gibt's nichts"

Düsseldorf · Dieter Thomas Heck war Mr. Hitparade. Das ist vielleicht schon ein bisschen her. Aber den Song Contest verfolgt er natürlich auch in seiner neuen Wahlheimat Alicante an der Costa Blanca. Lena findet der Altmeister großartig. Nur dass niemand mehr in seiner Muttersprache singen will, bringt den gebürtigen Flensburger so richtig auf die Palme.

 Der Meister und seine liebste Handbewegung: Der Dieter, der Thomas, der Heck.

Der Meister und seine liebste Handbewegung: Der Dieter, der Thomas, der Heck.

Foto: ddp

Wo erwische ich Sie gerade?

Dieter Thomas Heck 80 Kilometer südlich von Alicante. Das Wetter ist ein Traum. Ich halte Sie mal raus, jetzt können Sie das Meer sehen.

Sehr schön. Was halten Sie vom Eurovision Song Contest?

Dieter Thomas Heck Der größte Fehler ist, dass die Länder nicht in ihrer jeweiligen Sprache singen. Ob sie nun gut klingt, ist völlig egal. Früher wurde in Polnisch, in Russisch und in Deutsch gesungen. Deshalb heißt es ja Eurovision Song Contest.

Dass fast alle Englisch singen, hat sich so über die Jahre entwickelt...

Dieter Thomas Heck Die Sprache ist ein ganz wichtiger Punkt. Warum kann ein deutscher Komponist einen Titel auch in Englisch einreichen? Das ist doch idiotisch. Das müsste in der Sprache sein, in der ein Land normalerweise auch spricht. Und warum ist ein Ralph Siegel, der einer der Erfolgreichsten überhaupt war, warum ist der aus dem Wettbewerb genommen worden? Das begreift auch kein Mensch. Der hat jedes Jahr immer einen erfolgreichen Song gehabt — leider hat er nur einmal den ersten Platz geholt.

Siegel ist unbestritten der erfolgreichste Grand-Prix-Komponist...

Dieter Thomas Heck Ja, und warum nimmt man ihn dann raus? Begreifen Sie das?

Der ESC hat eben sein Gesicht verändert. Ich traue mich es kaum zu sagen, aber Sie haben 1961, also vor 50 Jahren, am deutschen Vorentscheid teilgenommen.

Dieter Thomas Heck Ist das 50 Jahre her? Da war ich gerade fünf Jahre alt (lacht). Spaß beiseite. Das war damals in Bad Homburg, wenn ich mich recht erinnere. Ich habe für Deutschland gesungen, das Lied "Was tut man nicht alles aus Liebe". Das war ein tolles Gefühl.

Sie sind damals im Vorentscheid ausgeschieden.

Dieter Thomas Heck Ja, das stimmt. Der Vorentscheid, das ist auch so eine Sache. Nehmen Sie mal eine Sängerin wie Lena. Die singt sechs Titel im Vorentscheid und alle in Englisch. Warum singt sie nicht zwei auf Deutsch? Dann hätten wir wenigstens die Chance gehabt, dass wir einen deutschsprachigen Titel ins Finale bekommen. Ich begreife es nicht. Vielleicht bin ich zu alt dafür. Aber eigentlich habe ich eine ganz normale Logik. Auch wenn ich mich mit Menschen hier in Spanien unterhalte, dann sagen die auch, warum singen die alle in Englisch?

Alles hat sich angeglichen — die Sprache, die Melodien, die Choreografien.

Dieter Thomas Heck Das Bühnenbild sieht klasse aus, das habe ich heute morgen im Fernsehen gesehen. Das kostet sicher ein Wahnsinnsgeld, und nur weil die Kleine einmal gewonnen hat, richten wir das aus. Wenn Sie wieder gewinnt, zahlen wir nächstes Jahr wieder den ganzen Kram, das ist unglaublich.

Was sagen Sie als Medienmensch zu Raabs Kampagne für Lena?

Dieter Thomas Heck Toll. Dass der als jemand von einem privaten Sender kommt und dem NDR sagt, Kinder, was ihr da macht, das ist alles Scheiße, das mache ich jetzt richtig. Da sind einige Leute ja komplett abgemeldet gewesen bei der ARD.

War es richtig, ein zweites Mal mit Lena beim Eurovision Song Contest anzutreten?

Dieter Thomas Heck Im Grunde ja. Das Kind ist ja toll. Da gibt's überhaupt nichts. Ich persönlich hätte aber wohl gesagt, Mädchen, du hast einen fantastischen Erfolg gehabt, den wirst du nicht im nächsten Jahr wiederholen.

Aus ihrer spanischen Perspektive: Hat Lena etwas für das Bild Deutschlands im Ausland getan?

Dieter Thomas Heck Nee. Bisher nicht. Das kann sein, wenn sie wieder gewinnt, dass man da mehr drüber redet. Im Moment spricht davon kein Mensch.

Hätte Lena eine Chance in der "Hitparade" gehabt?

Dieter Thomas Heck Das glaube ich ganz sicher. Nur wäre da Deutsch gesungen worden. Das ist auch so eine Geschichte. Man hat ja eine der erfolgreichsten Sendungen im deutschen Fernsehen, die es je gegeben hat — die "Hitparade" — mit Englisch kaputt gemacht. Damals habe ich zu meinem Nachfolger Viktor Worms gesagt, er könne ganz groß werden mit der "Hitparade". Aber lass die Sendung so, wie sie ist, habe ich gesagt. Da hat er geantwortet "Ja, Ja, Herr Heck". "Ja, Ja" heißt bei mir in Hamburg "Leck mich am Arsch". Was macht er? Er baute um, und du konntest in der "Hitparade" mit einem englischen Titel von einem deutschen Komponisten auftreten. Die Sendung ging schneller runter als sie hochgekommen ist.

Werden Sie das ESC-Finale sehen?

Dieter Thomas Heck Ja, natürlich. Das werde ich mir ansehen, und zwar auf einem spanischen, nicht auf einem deutschen Sender. Ich habe das eigentlich immer verfolgt. Das Spannendste ist die Punktevergabe. Vorher ist es eher "ach so ach ja".

Haben Sie den Wunsch, noch einmal eine große Show zu moderieren?

Dieter Thomas Heck Nicht den Wunsch. Aber wenn jemand kommen würde mit einer guten Idee, dann könnte ich mir das vorstellen. Sie merken ja, dass ich nicht gerade alt bin.

(RP)
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