Düsseldorf Das kleine Monster von Vennhausen

Düsseldorf · Andreas Niechciol hat in seinem Garten offenbar eine amphibische Sensation entdeckt: eine weiße Kaulquappe. Eines der führenden zoologischen Forschungsmuseen der Welt will das Tier nun für die Nachwelt sichern.

 Die Kaulquappe aus Vennhausen ist weiß. Und sie schwimmt bereits seit ein paar Monaten bei Andreas Niechciol herum. Auf jeden Fall ist sie eine zoologische Besonderheit.

Die Kaulquappe aus Vennhausen ist weiß. Und sie schwimmt bereits seit ein paar Monaten bei Andreas Niechciol herum. Auf jeden Fall ist sie eine zoologische Besonderheit.

Foto: Andreas Endermann

Normalerweise liegt der Glamourfaktor einer Kaulquappe ja knapp unter dem eines Rasengittersteins. Vor allem für Andreas Niechciol, der eigentlich in jedem Jahr mit Froschlaich und dem, was im Laufe von ein paar Wochen daraus wird, zu tun hat. Hunderte Kaulquappen tummeln sich immer in den drei eigentlich nur für seine Wasserpflanzen gedachten Speiskübeln, die er im Garten seines Hauses in Vennhausen stehen hat. Er lässt die Tiere in Ruhe, die meisten werden von Amseln gefressen, ein paar hüpfen nach ein paar Wochen als Frösche herum und legen irgendwann wieder Eier in Niechciols Kübeln. Der Kreislauf des Lebens ist ziemlich unspektakulär, wenn er zur Routine wird.

Im vergangenen Jahr allerdings entdeckte Niechciol etwas besonderes im Wasser. Eine Kaulquappe, ganz klein, aber im Gegensatz zu ihren schwarzen Brüdern und Schwestern war sie weiß. Zunächst dachte Niechciol, das Tier sei wohl krank, doch als er nach einigen Tagen wieder nach ihr sah, war die Quappe immer noch putzmunter. Niechciol hatte eine weiße Kaulquappe noch nie gesehen, auch im Netz findet sich nichts zu weißen Kaulquappen. Es gibt einen Aufsatz aus dem Jahr 2001 über einen Fall von Flavinismus bei der Erdkröte (Bufo bufoe). Eine Albino-Kröte also, doch Niechciol ist sich sicher, dass es sich um Froschlaich handelte. Außerdem hat das Tier keine roten Augen. Immer noch staunt er über dieses seltsame Tier. Niechciol hat es gerettet, zunächst in eine Regentonne umgesiedelt, um es vor den Amseln zu schützen, dann brachte er es in seine Garage, wo er einige Koikarpfen hält. Dort lebt die Quappe nun vorerst, sie wird mit Larven und Fischfutter gefüttert, und doch mag sie sich seltsamerweise nicht zu einem Frosch entwickeln.

 Andreas Niechciol hat auch helle Fische. Das sind Kois.

Andreas Niechciol hat auch helle Fische. Das sind Kois.

Foto: Endermann, Andreas (end)

Niechciol, der Frührentner ist, ließ das keine Ruhe und so suchte er Rat bei Experten. Zunächst rief er bei verschiedenen Zoos an, als echter Düsseldorfer natürlich zuerst im Aquazoo, erzählte dort von seiner Entdeckung und man reagierte durchaus freundlich auf und interessiert an dem Wunderwesen aus Vennhausen. Leider aber fand sich zunächst niemand, der interessiert und Quappenfreund genug war, um dem Tier ein Obdach zu geben, es eventuell sogar zu erforschen.

Doch im Kölner Zoo fand sich ein Dr. Ziegler. Er vermittelte einen Kontakt zum zoologischen Forschungsmuseums Alexander Koenig in Bonn, eines der weltweit führenden Forschungseinrichtungen im Bereich der Artenvielfalt.

Irgendwann meldete sich Wolfgang Böhme, Herpetologe des Instituts, der an mehr als 500 wissenschaftlichen Arbeiten mitgewirkt hat. Es gibt wohl wenige Menschen auf der Welt, die sich so gut in Lehre und Kunde von den Tierklassen der Amphibien (Lurche) und Reptilien (Kriechtiere) auskennen. "Mir ist solch ein Fall neu", schrieb Böhme, "er scheint mir aber sehr bemerkenswert zu sein." Er arbeitet weltweit an Kaulquappen und deren Entwicklung, "so dass es vermutlich vernünftig wäre, das Tier an uns zu geben". Dies wäre nicht zuletzt deshalb wichtig, damit die Quappe, sollte sie eingehen, auch wissenschaftlich fixiert und erforscht werden könne.

Bald soll jemand nun aus Bonn kommen, um das Tier abzuholen. Niechciol ist sehr interessiert, zu erfahren, was seine Quappe eigentlich nun ist.

(RP)
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