Kolumne Auf Ein Wort Das Recht schützt Leben

Düsseldorf · Keine Religion kann Freibriefe zur Entrechtung von Menschen ausstellen.

 Siegfried Wolf sagt: "Wir brauchen ethisch-moralische Standards, die wir gemeinsam respektieren."

Siegfried Wolf sagt: "Wir brauchen ethisch-moralische Standards, die wir gemeinsam respektieren."

Foto: Hans-Juergen Bauer (hjba)

Was recht ist, dem sollst du nachjagen, damit du leben kannst. 5.Mose 16,20

Seit 1735 losen Mitarbeiter der Herrnhuter Brüdergemeinde für jeden Tag Bibelworte aus. Weltweit wird diese Losung von Christen unterschiedlicher Konfessionen täglich genutzt. Auch ich orientiere mich regelmäßig an ihr.

Heute ist es diese Anweisung, die im ersten Testament überliefert wurde. Ich finde sie besonders hilfreich, weil sie plausibel begründet wird. Wer befolgt, was recht ist, wird leben können. Denn Recht schützt Leben. Das gilt bis heute für jede Bürgerin und jeden Bürger, egal ob er hier geboren wurde oder eingewandert ist. Wer achtet, was recht ist, der schützt sich selbst und andere.

Was geschieht, wenn dieser Maßstab missachtet wird, haben uns die Ereignisse der Silvesternacht in Köln und anderen Städten drastisch vor Augen geführt. Jeder von uns ist dafür verantwortlich, nach dem zu fragen, was jeweils recht ist. Wenn das wirklich jeder beherzigen würde, bräuchte niemand reflexartig härtere Sanktionen und mehr Polizei verlangen. Nirgendwo kann es toleriert werden, dass Frauen respektlos und übergriffig behandelt werden. Die Achtung vor der Würde jedes Menschen, unabhängig von Geschlecht, Alter, Herkunft und Hautfarbe ist ein Grundwert und gehört zu den Menschenrechten.

Keine Religion kann Freibriefe zur Entrechtung von Menschen ausstellen, auch dann nicht, wenn sie den eigenen Glauben nicht teilen. Leider ist Religion immer wieder dazu missbraucht worden. Das ist beschämend für jeden Menschen, der sich von seinem Glauben herausfordern lässt, Gott und seine Geschöpfe zu respektieren. Wie finde ich heraus, was jeweils recht ist? Mein Gewissen dient mir als moralischer Kompass. Klar ist aber, dass unsere Gewissen unterschiedlich geprägt sind. Also brauchen wir ethisch-moralische Standards, die wir gemeinsam respektieren. Deshalb müssen wir in Kirche und Gesellschaft unsere Standards immer wieder neu vermitteln. Wenn jeder sich den Standards verpflichtet weiß, kommt es uns allen zugute.

SIEGFRIED WOLF IST PASTOR DER EVANGELISCH-FREIKIRCHLICHEN GEMEINDE AN DER LUISENSTRASSE.

(RP)
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