Düsseldorf Das rheinische Konjunktur-Wunder

Düsseldorf · Nie zuvor brummte die rheinische Wirtschaft so wie heute. Der Boom hält seit Jahren an und erfasst nahezu alle Branchen. Doch immer stärker gehen den Unternehmen geeignete Mitarbeiter aus.

 Die Rhein-Knie-Brücke und der Fernsehturm - zwei Wahrzeichen der Stadt Düsseldorf. (Symbolfoto)

Die Rhein-Knie-Brücke und der Fernsehturm - zwei Wahrzeichen der Stadt Düsseldorf. (Symbolfoto)

Foto: Christoph Reichwein

Wirtschaftsstudenten lernen im Grundstudium ganz zu Beginn, dass sich die Konjunktur in strengen Zyklen verhält. Es beginnt mit dem Aufschwung, gipfelt im Boom, darauf folgt die Flaute und anschließend es geht wieder aufwärts. So sieht es die ökonomische Theorie. Doch die Gesetze der Volkswirtschaft scheinen seit einigen Jahren ausgehebelt zu sein. Denn seit der verheerenden Krise 2008/2009 kennen die Konjunkturbarometer nur noch eine Richtung: aufwärts.

Und der Trend hält an. Am Donnerstag präsentierten die Industrie- und Handelskammern des Rheinlands in Düsseldorf ihre aktuelle Konjunkturumfrage. 47 Prozent der befragten Unternehmen im Rheinland bezeichnen ihre Lage als gut, weitere 44 Prozent als zufriedenstellend. Nur neun Prozent verzeichnen eine schlechtere Geschäftslage als vor einem Jahr. Das ist Rekord. Nie zuvor seit dem Start des IHK-Konjunkturklimaindexes im Jahr 2003 erreichte der Wert eine Kennziffer von knapp 140. Eine neutrale Lagebeurteilung würde einen Wert von 100 Punkten ergeben. Doch seit 2010 wurde diese Marke nicht mehr unterschritten.

Überraschend für eine solche Boom-Phase: Nach drei Jahren einer Seitwärtsbewegung sind nun erstmals und auf sehr hohem Niveau auch die Erwartungen für die Zukunft angestiegen. Rund ein Viertel der Betriebe geht davon aus, dass sich die Lage sogar noch weiter verbessert, trotz Nordkorea-Krise, Brexit und einem zunehmenden Protektionismus der USA. "Mit elf Prozent ist der Anteil der Pessimisten, also jener Unternehmer, die eine Verschlechterung erwarten, so niedrig wie zuvor nur in der Erholungsphase nach der letzten Konjunkturkrise", sagt Gregor Berghausen, Hauptgeschäftsführer der IHK Düsseldorf.

Vorreiter der guten Stimmung ist die rheinische Industrie. In diesem Sektor befürchtet nur etwa jeder zwölfte Betrieb eine Verschlechterung der konjunkturellen Lage. Spitzenreiter ist, wenig überraschend beim Blick auf die vielen Baustellen etwa in der Düsseldorfer Innenstadt, die Bauindustrie. 96 Prozent der Unternehmer beschreiben ihre Geschäftslage als gut oder befriedigend. Auch bei den Dienstleistern hat sich die Konjunktur im Jahresverlauf beschleunigt, sie profitieren am meisten von allen Sektoren von der hervorragenden Konsumstimmung und auch vom Export. Entgegen den Erwartungen konnte sogar der Finanzsektor profitieren. Und infolge der erfolgreichen Dienstleister und der Industrie boomen derzeit Logistik und Gastgewerbe.

Lediglich beim Handel gibt es ein gespaltenes Bild. Insgesamt beurteilen die rheinischen Händler die Lage ebenfalls besser. Das ist aber weit überwiegend vom Großhandel getrieben. Der meist stationäre Einzelhandel spürte zunehmend die Konkurrenz aus dem Internet.

Der Fachkräftemangel hat alle anderen Faktoren bei der Frage nach den größten Risiken im Geschäft abgelöst. 50 Prozent der Firmen berichten von teils großen Problemen, offene Stellen zu besetzen. In der boomenden Bauindustrie sind es sogar 74 Prozent der Betriebe, gefolgt von der Tourismusbranche mit 64 Prozent. Laut Berghausen ist Qualifizierung von Mitarbeitern ein Mittel gegen Fachkräftemangel. Die IHKs erwarten aber auch steigende Löhne durch die Knappheit.

(tb.)
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