Düsseldorferin Gisela Piltz gehört dazu Das Schicksal der FDP-Wahlverlierer

Düsseldorf · Nach dem Aus der FDP im Deutschen Bundestag stehen 93 Abgeordnete vor einer ungewissen Zukunft. Vize-Fraktionschefin Gisela Piltz aus Düsseldorf ist eine von ihnen.

Sie war mit 93 Abgeordneten bislang die drittstärkste Fraktion im Bundestag, sie stellte den Vizekanzler und fünf Minister. Doch mit dem katastrophalen Wahlergebnis steuert die FDP auf eine ungewisse Zukunft zu. Bitter ist der Wahlausgang für die zahlreichen Mitarbeiter in den Büros der Abgeordneten und der Fraktion, stehen sie doch plötzlich ohne Job da — bis zu 600 könnten betroffen sein. Der frühere Parlamentarische Geschäftsführer Otto Fricke rief am Montag beim Kurznachrichtendienst Twitter zur Zurückhaltung auf: "Liebe Medien, lasst doch bitte die Mitarbeiter in Ruhe", schrieb er. "Es ist für sie schon schwer genug, aber Kameraverfolgungen und ähnliches sind unfair."

Doch auch die Abgeordneten selbst stehen vor einer ungewissen Zukunft. Beispiel: Gisela Piltz. Die 48-jährige Anwältin kam 2002 in den Bundestag, als nach dem Tod von Jürgen Möllemann Posten neu zu besetzen waren. In Düsseldorf hatte sie als streitbare Liberale damals schon einen Namen, in Berlin erarbeitete sie sich schnell den Ruf einer wortgewandten Expertin für Sicherheitspolitik.

In vorderster Reihe stand sie nie, aber im Hintergrund zog sie für Guido Westerwelle, Daniel Bahr und Philipp Rösler die Fäden. Dabei verlor die Tochter eines FDP-Politikers nie den Kontakt zur politischen (und persönlichen) Heimat am Rhein. Aber Berlin war die Bühne, auf der sie sich wohlfühlte. Doch die Zeit als stellvertretende Fraktions-Vorsitzende ist nun schlagartig vorbei.

Tränen der Trauer

Am Wahlabend gab Piltz zuerst die Kühle: "Gut, dass ich einen anständigen Beruf erlernt habe." Aber das war nur Fassade: Minuten später musste sie wegen eines Weinkrampfes aus dem Versammlungsraum geführt werden. Die Tränen der Trauer, vor allem aber aus Frust und Zorn wegen eines Gefühls von Ohnmacht und ungerechtem Umgang mit ihr.

Die Liberale dürfte ihre Arbeit sowohl in Berlin als auch in Düsseldorf (wo sie als Chefin des FDP-Kreisverbandes Ansehen genießt) als intensiv und erfolgreich empfinden — und dann eine solche Quittung. Das zehrt an den Nerven, zumal sie weiß, dass der desolate Auftritt der Männer-Riege an der Spitze die Pleite ausgelöst hat. Sie wird sich allerdings vorwerfen, nicht viel früher ihre wahre Meinung über Teile der Parteispitze gesagt zu haben.

Dass sie künftig tatsächlich als Rechtsanwältin arbeitet, ist schwer vorstellbar. Dazu ist sie ein viel zu politischer Mensch. Im Düsseldorfer Rathaus rechnet man offenbar damit, dass sie zurückkehren und dort ihre Arbeit fortsetzen will. Dazu jedoch müsste sie zur Kommunalwahl im Mai auf einen der vorderen Plätze der Kandidatenliste — und einen anderen verdrängen. Das jedoch will von der liberalen Führungscrew der Landeshauptstadt keiner.

Bürgermeisterin Marie-Agnes Strack-Zimmermann, neben Piltz eines der bekanntesten Gesichter der FDP, meinte am Montag (ohne die parteiinterne Konkurrentin zu erwähnen), man sei nicht das Auffangbecken für Berliner Heimkehrer. Und Fraktionschef Manfred Neuenhaus bekräftigte seine Absicht, die Fraktion in ihrer heutigen Zusammensetzung für eine Neuwahl vorzuschlagen. Mit anderen Worten: kein Platz für Neulinge.

Aber für Piltz tut sich eine andere Option auf: Der FDP-Hoffnungsträger Christian Lindner könnte sich auf ihre Erfahrungen besinnen. Beide kennen sich, gelten aber nicht gerade als Freunde. Doch Lindner braucht Kompetenz aus Düsseldorf, und er bekommt von Parteifreunden den dringenden Rat, an der Spitze endlich auf Frauen zu setzen.

(RP)
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