Düsseldorf Den Nazischergen entkommen

Düsseldorf · Seine Geistesgegenwart und seine Schlagfertigkeit retteten dem damals 47 Jahre alten Bäckermeister Josef Lauxtermann an jenem April-Montag das Leben.

Er war gemeinsam mit Schreiner Ernst Klein als dritte Wache vor der Zelle des festgenommenen SS-Brigadeführers August Korreng eingeteilt. Pünktlich um 18 Uhr erschienen die beiden, begleitet von drei weiteren Unterstützern der Aktion am Polizeipräsidium, nichtsahnend von den dramatischen Ereignissen des Nachmittags, nicht wissend, dass im Polizeigefängnis nicht mehr August Korreng saß, sondern ihre schwer verletzten Freunde lagen. "Wir wurden stutzig, weil der Posten dort nicht nach unserem Stichwort ,Rheinland' fragte" , erinnerte sich Klein später. Trotzdem sagte Lauxtermann arglos, dass er zu Jürgens wolle. Und der Posten zog seine Waffe und befahl dem Bäcker, ihm zu folgen. Besorgt zogen sich Klein und die anderen Begleiter zurück. Der Schreiner hatte aber Bekannte am Mackensenplatz, denen er nun einen Besuch machte, um zumindest in der Nähe zu bleiben. Dort erfuhr er, dass Jürgens verhaftet und weggebracht worden war. Während Klein nun kaum noch Hoffnung für Lauxtermann hegte, wurde der ins Wachlokal geführt.

Der Polizist, der ihn dort dem Wachhabenden übergab, legte kurz, aber vielsagend seinen Zeigefinger auf die Lippen. Das sah auch der Bäcker und war nun alarmiert. Er wolle zu Franz Jürgens, wiederholte er: "Ich bin bestellt." Man brachte ihn in ein anderes Zimmer, ließ ihn warten. Aus dem Vorzimmer schnappte er Stimmen auf. "Der Mann ist gefährlich", sagte eine.

Und dann erschien auch schon der Amtmann P., der knapp fragte, was er denn von Jürgens wolle. Lauxtermann schaltete schnell. Er sei Bäckermeister, sagte er, "ich muss mit ihm über die Vermahlung der neuen Mehle sprechen". Der Amtmann kannte sich mit Mehl nicht aus. Auch ein zweiter Beamter hatte keine Ahnung, der dritte war bereits nach Hause gegangen. Auf dem Hof vor dem Präsidium sprach Lauxtermanns Bewacher einen weiteren Beamten an, der von Mehl nichts hören wollte. "Es ist eine so politische Zeit, da drängt das doch nicht", sagte er. Lauxtermann witterte seine Chance, wandte sich seinem Bewacher zu und fragte kühl: "Bringen Sie mich zurück, oder kann ich so gehen?"

In Wiedenhofens Wohnung traf er Klein wieder und erfuhr vom Verrat. Beide versteckten sich bis zum Eintreffen der Amerikaner in Trümmerhäusern vor den Häschern der Gestapo. August Wiedenhofen dankte ihm später: "Ohne Ihre Umsicht hätten wir wohl noch fünf Tote mehr zu beklagen."

(sg)
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