Düsseldorf Der Alltagstest für Mietfahrräder

Düsseldorf · An Düsseldorfs Straßen stehen einige Hundert Fahrräder zum Mieten. Mehrere Firmen bieten diesen Service an. Wie gut der Alltag mit einem Mietrad funktioniert, zeigt ein Selbstversuch.

 RP-Autor Holger Lodahl war unterwegs, um die Miet-Fahrräder der Stadt unter die Lupe zu nehmen.

RP-Autor Holger Lodahl war unterwegs, um die Miet-Fahrräder der Stadt unter die Lupe zu nehmen.

Foto: andreas endermann

Mein Fahrrad ist perfekt. Lenkrad- und Sattelhöhe habe ich Zentimeter für Zentimeter auf meine 190 Zentimeter Körpergröße eingestellt. Klingel, Bremse und Schaltung sind millimetergenau auf meine Daumen und Zeigefinger abgestimmt. Die Gangschaltung läuft reibungslos. Und sollte mal was nicht stimmen, merke ich das sofort, wie vergangene Woche: Kaum sitze ich auf und trete, spüre ich ein leichtes Knirschen. Der Fachmann meiner Werkstatt bestätigt mir einen Schaden, den zu beheben er einige Tage brauchen wird. Was nun? Wie soll ich ohne mein Fahrrad zur Arbeit, zum Einkaufen, ins Kino? Die Antwort auf diese Frage steht an vielen Stellen Düsseldorfs an den Straßen: Nextbike, ein Fahrradverleihsystem. An 60 Stationen sollen fast 500 Räder stehen, wird mir mitgeteilt. Mit diesem Angebot werde ich die Zeit überbrücken, bis ich mein eigenes Rad zurückhabe.

Um Kunde zu werden, lade ich mir die Nextbike-App auf mein Smartphone. Eine halbe Stunde Radeln kosten einen Euro. Um diese Beträge zu zahlen, soll ich meine Kreditkartennummer angeben. Mit etwas Zögern mache ich das, mein Zugang ist freigeschaltet. Die App zeigt mir, wo in meiner Nähe die nächsten Räder stehen. Im Stadtgebiet kein Problem. Einige mit Nummern gekennzeichnete Räder stehen dort. Diese Nummer tippe ich in die App ein, sofort erhalte ich den Zahlencode, mit dem ich das dicke Bügelschloss öffne. Ruck-zuck - das klappt ja. Den Sattel kann ich schnell für meine Größe einstellen, den niedrigen Lenker nicht. Ich bin skeptisch und frage mich, wie lange es dauern wird, bis ich Rückenschmerzen bekomme. Aber ich irre mich in meiner Annahme, die schlichten Citybikes seien unbequem oder unsportlich. Sicher, sie sind nicht so toll wie mein Renner und kaum für abenteuerliche Touren durch den Stadtwald geeignet. Aber die dicken Reifen laufen gut, die Kette ist geölt, die beiden Gänge der Schaltung klicken fix. Auch die Bremsen ziehen fest. Um zur Arbeit zu kommen und für andere Wege in der Stadt sind die Räder ausreichend. Der Haken: Am Ziel muss ich das Rad wieder an einer mir vorgegeben Station anketten. Die App sagt mir wo - die Reststrecke zum Büro muss ich zu Fuß gehen. Was soll's - für ein paar Tage sind die Nextbikes eine gute Lösung.

Zwei Tage geht das gut, bis ich nach einem langen Arbeitstag bei Dunkelheit etwas Mühe habe, die Zahlenkombination einzustellen. Für das Licht gibt es nur einen Seitenläuferdynamo. Er ist am Rahmen derart befestigt, dass dessen Reibrad von der Seitenwand des Reifens angetrieben wird. Unmodern und wenig funktionstüchtig: Es fängt an zu regnen und das Reibrad rutscht über das Gummi, so dass es keinen Strom erzeugt. Ich muss im Dunkeln fahren. Ich wünsche mir mein eigenes Rad zurück, muss aber noch warten. Ein Freund besucht mich, dem ich Düsseldorf zeigen möchte - am liebsten vom Fahrrad aus. Nextbike überrascht mich, denn durch meine App kann ich bis zu fünf Räder mieten. Es funktioniert genauso wie mit dem ersten Rad - eine gute Sache. Nach drei Stunden hat mein Gast mit mir alles Wichtige zwischen Medienhafen und Ehrenhof per Nextbike besichtigt, was pro Person nur sechs Euro kostet.

Trotzdem kann ich den nächsten Morgen kaum erwarten: Ich hole mein Fahrrad aus der Werkstatt ab. Die App lösche ich aber nicht - denn für den Notfall will ich mir diese Möglichkeit offen halten.

(RP)
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